Rolf Torring 132 - Rolfs Meisterschuß
gegen Ihren Obermaat austauschen."
„Richtig, meine Herren! Hoffentlich gelingt das Vorhaben!"
Holbre wollte auch mit auf die Hügelkuppe steigen, aber Rolf redete es ihm aus. Er solle mit mir gehen, um das Lager zu beobachten, ich wüßte schon, wie ich meinen Freund und Pongo warnen könne, wenn sich den Hügeln eine Gefahr nähern sollte.
„An der Stelle, wo Pongo den Gorillaschrei ausgestoßen hat, treffen wir uns gegen Abend!" schloß Rolf.
Im Grunde war es mir auch nicht ganz angenehm, daß wir nicht zusammenbleiben wollten, aber ich fügte mich Rolfs besserem Plane. So ging ich mit Holbre los; bald hatten wir die kleine Schlucht erreicht, die zwischen den Hügeln zum Lager der Neger führte.
Rolf und Pongo hatten sich schon auf der Lichtung von uns getrennt. Sie waren seitlich abgebogen, um von der anderen Seite her den Hügel anzugehen.
Vorsichtig schritten Holbre und ich weiter. Bald würde das Tal mit dem Lager der Neger kommen.
In der Absicht, möglichst schnell bis in die Nähe der Palisade zu kommen, hatten wir wenig auf unsere nächste Umgebung geachtet und sahen uns plötzlich von etwa fünfzehn dunklen Gestalten umringt, die drohend ihre Speere und Keulen schwangen. Wir dachten aus guten Gründen im Augenblick nicht an Gegenwehr.
»Hier also treffe ich einen der Herren wieder," erklang da hinter mir eine Stimme, die mir recht bekannt vorkam, „und da ist ja auch mein guter Freund Kapitän Holbre, der mir als ertrunken gemeldet wurde! Das ist eine frohe Überraschung!"
Als wir uns umwandten, schauten wir in das lachende Gesicht des Mulatten, der uns mit einer Pistole bedrohte. Neben ihm stand sein Diener Samuel, mit einem Revolver bewaffnet, den er mit Genugtuung auf meinen Kopf gerichtet hielt.
„Samuel, die Herren haben an den Gewehren so schwer zu schleppen! Nimm sie ihnen ab, damit sie sich damit nicht mehr herumzuquälen brauchen! Auch die Pistolen im Gurt werden ja nur drücken! Wie kann man sich nur so belasten! Hier in unserm friedfertigen Haiti! Keine Bewegung, meine Herren! Bolago läßt sich nicht ungestraft belügen und betrügen! Seien Sie froh, daß ich heute in so fröhlicher Stimmung bin! Leider ist mir erst viel zu spät der Verdacht gekommen, Sie könnten mir eine Komödie vorgespielt haben, übrigens können Sie sich glücklich, schätzen: morgen wird hier ein Fest gefeiert. Sie sind mit dazu ausersehen, es zu verschönen und zu krönen!"
Gegenwehr hätte wirklich keinen Zweck gehabt bei der Überzahl der uns gegenüberstehenden Neger. Wir wurden ergriffen und mußten uns fesseln lassen. Im Triumphzug wurden wir ins Lager der Neger getragen. Meine Hoffnung war, daß Rolf und Pongo rechtzeitig von unserm Unglück erfahren würden.
Unsere Ankunft löste im Lager der Neger helle Freude aus. Die Frauen führten einen Jubeltanz auf. Dann rief der Mulatte die Krieger zusammen und hielt ihnen eine längere Rede, von der wir leider kein Wort verstanden. Schließlich wurden wir in eine Hütte geschleppt, in der auf dem Boden schon ein Mensch lag, Holbres Obermaat Thomas.
Merkwürdigerweise nahmen die Neger, ehe sie die Hütte verließen, Thomas den Knebel aus dem Mund. Das war ein Entgegenkommen, mit dem wir nicht gerechnet hatten. So konnten wir uns wenigstens mit ihm unterhalten, denn auch uns wurden von dem letzten Neger, ehe er sich zum Hüttenausgang wandte, die Knebelstücke entfernt.
„Wie kommst du denn hierher, Thomas?" fragte Holbre sofort seinen Obermaat, als wir allein waren. „Ich dachte schon, du wärest desertiert und hättest mich im Stich gelassen!"
„Das ist eine lange Geschichte, Herr Kapitän," antwortete der Gefragte. „Ich hatte Ihnen gegenüber doch den Wunsch geäußert, die Gegend noch einmal zu besuchen, um nach den Negern zu schauen. Sie untersagten es mir, aber der Mulatte Bolago überredete mich und bot mir an, die Fahrt mit ihm gemeinsam zu unternehmen.
Er erzählte mir von Goldminen, die wir hier finden würden, und so sagte ich zu, wollte aber vorher noch mit Ihnen darüber sprechen. Ich hatte bei Bolago Wein getrunken, muß dann eingeschlafen sein und erwachte erst wieder in einem Kellergewölbe. Ich war gefesselt und wurde als Gefangener behandelt.
Zu spät bemerkte ich, daß der Mulatte mich überlistet hatte, wußte aber noch nicht, welche Zwecke er damit verfolgte. Sein Diener Samuel brachte mir täglich zweimal Essen und Trinken,
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