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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu den Leuten
    gehörte, die ihren heißen Wahnsinn aus kleinen, kühlen Teilen bauen.
    Klatschmaul erhob keine wesentlichen Einwände gegen Finger-Foxtrott
    und Schädel-Fandango, aber er hatte nie jemanden ermordet, zumindest
    nicht absichtlich. Er begriff nun, daß er eine Seele besaß. Sie mochte
    mehrere Löcher haben und am Rand zerfranst sein, aber er hoffte trotz-
    dem, daß ihm der Gott Reg irgendwann einmal in der himmlischen
    Combo spielen ließ. Als Mörder bekam man sicher keine guten Auftritte
    und mußte sich mit der Bratsche begnügen.
    »Wie wär’s, wenn wir die Sache jetzt einfach ruhen lassen?« fragte
    Klatschmaul. »Die Band Mit Steinen Drin kehrt bestimmt nicht zu-
    rück…«
    »Sei still!«
    »Aber es hat doch keinen Sinn…«

    Die Pferde bäumten sich auf. Die Kutsche erbebte. Ein Schemen raste
    vorbei und verschwand in der Dunkelheit. Er hinterließ einen Schweif
    aus blauen Flammen, die einige Male flackerten, bevor sich ihr Licht in
    der Finsternis verlor.

    Tod wußte, daß ihm früher oder später keine andere Wahl blieb, als an-
    zuhalten. Allerdings reifte auch eine zweite Erkenntnis in ihm heran: In
    welcher düsteren Sprache auch immer die gespenstische Maschine kon-
    zipiert worden war – ein Wort wie »abbremsen« kam darin ebensowenig
    vor wie »vorsichtig fahren«.
    Es lag nicht in ihrer Natur, unter irgendwelchen Umständen die Geschwindigkeit zu verringern – es sei denn, in einer ausgesprochen katastropha-
    len Situation am Ende der dritten Strophe.
    Das war das Problem bei der Musik Mit Steinen Drin. Sie konnte recht
    stur sein und neigte dazu, ihren Willen durchzusetzen. Das Vorderrad
    drehte sich noch immer, als es langsam aufstieg.

    Absolute Dunkelheit erfüllte das Universum.
    Eine Stimme sprach: »Bist du das, Klippe?«
    »Ja.«
    »Gut. Bin ich Glod?«
    »Ich glaube schon. Du wie er klingst.«
    »Asphalt?«
    »Hier.«
    »Buddy?«
    »Glod?«
    »Und… äh… die junge Dame in Schwarz?«
    »Ja?«
    »Weißt du zufällig, wo wir sind, Gnädigste?«
    Es war kein Boden unter ihnen. Und doch hatte Susanne nicht das Ge-
    fühl zu schweben. Sie stand einfach. Daß sich unter ihr nichts erstreckte, spielte dabei nur eine unwesentliche Rolle. Sie fiel nicht, weil gar nichts existierte, von dem sie oder zu dem sie fal en konnte.
    Für Geographie hatte sie sich nie besonders interessiert. Nun gewann
    sie den Eindruck, daß sie sich an einem Ort befand, der in jedem Atlas
    fehlte.
    »Ich weiß nicht, wo unsere Körper sind«, sagte sie behutsam.
    »Oh, gut«, erwiderte Glod. »Ich bin also hier, aber leider wissen wir
    nichts vom Aufenthaltsort meines Körpers? Prächtig. Was ist mit mei-
    nem Geld?«
    Irgendwo in der Dunkelheit, weit entfernt, erklang das Geräusch von
    Schritten. Jemand kam zielstrebig näher und blieb stehen.
    Eine Stimme sagte: »Eins. Eins. Eins, zwei. Eins, zwei.«
    Die Schritte entfernten sich wieder.
    Nach einer Weile ertönte eine andere Stimme. Sie verkündete: »Eins,
    zwei, drei, vier…«
    Und das Universum entstand.
    Man konnte tatsächlich nicht von einem Big Bang oder Urknal spre-
    chen. Das wäre allein Lärm gewesen, und Lärm ist nur fähig, weiteren
    Lärm und einen Kosmos voller zufälliger Partikel zu formen.
    Materie bildete sich nur scheinbar chaotisch. In Wirklichkeit spiegelte
    sie einen Akkord wider. Einen Akkord der Macht. Alle Dinge, die jemals
    existieren sol ten, kondensierten schlagartig in der Leere – wie Fossilien, die nicht auf Vergangenes hinwiesen, sondern auf das, was kommen
    sollte.
    Durch diese sich rasch ausdehnende Wolke sauste im Zickzack erste
    wilde Musik.
    Sie hatte Form. Und Rhythmus. Und einen Takt, nach dem man tanzen
    konnte. Einen Takt, der al es andere dominierte.
    Eine Stimme hinter Susannes Stirn flüsterte: Ich sterbe nie.
    »Ein Teil von dir ist in allem Lebendigen«, entgegnete das Mädchen.
    Ja. Ich bin der Herzschlag. Der Puls.
    Susanne konnte die anderen noch immer nicht sehen. Das Licht ström-
    te an ihr vorbei.

    »Aber er hat die Gitarre weggeworfen.«
    Ich wollte, daß er für mich lebt.
    »Du wolltest ihn für dich sterben lassen! In den Trümmern des Karrens!«
    Wo liegt der Unterschied? Eigentlich wäre er bereits tot. Aber in Musik zu sterben… anschließend erinnern sich die Leute an die Lieder, die er nie singen konnte.
    Sie werden die berühmtesten von al en sein.
    Das Leben in einem Moment komprimieren. Und dann für immer leben. Nie in Vergessenheit geraten.
    »Schick uns

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