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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Internat kam manchmal Curry auf
    den Tisch, als Reis getarnt. Das Zeug war gelb und enthielt schwammige
    Rosinen und Erbsen.
    Binky wieherte und scharrte mit einem Huf.
    Eine Klappe in der Tür öffnete sich. Ein Gesicht erschien in der Öff-
    nung, umwogt von Küchendunstschwaden.
    »Ooooo naaaaaii in!« ertönte es. » Biiiiinkyarrgh !«
    Die Klappe klappte zu.
    Irgend etwas bahnte sich an.
    Susanne sah auf die Speisekarte an der Wand und entdeckte sofort
    mehrere orthographische Fehler. Die Speisekarten besonders volkstümli-
    cher Lokale stecken immer vol er Rechtschreibfehler, damit sich der
    Gast überlegen fühlt. Die Namen der meisten Speisen blieben ohne Be-
    deutung für Susanne, doch unter einigen konnte sie sich zumindest etwas
    vorstellen, zum Beispiel:

    Curry mit Gemühse 8c
    Curry mit Pomaten und Schweinemöpsen 10c
    Curry mit süßsaurigen Fischeiern 10c
    Curry mit unbekanntem Fleisch 10c
    Curry mit bekanntem Fleisch 15c
    Extra Curry 5c
    Schweinekräcker 4c
    Hier eßen
    Oder zum Mitnehmen

    Erneut öffnete sich die Klappe, und eine große braune Tüte aus angeb-
    lich wasserdichtem Papier wurde auf den kleinen Sims vor der Öffnung
    gestel t. Anschließend schwang die Klappe wieder zu.
    Susanne streckte vorsichtig die Hand aus. Der Tüte entströmte ein Ge-
    ruch, der wie eine thermische Lanze wirkte und die Phantasie auf eine
    nicht besonders angenehme Weise stimulierte. Andererseits lag die letzte
    Mahlzeit schon eine ganze Weile zurück.

    Ihr fiel plötzlich ein, daß sie gar kein Geld besaß. Zwar hatte niemand
    einen Preis genannt, aber sie wußte, der ganzen Welt drohte der Ruin,
    wenn die Leute nicht ihre Verantwortung wahrnahmen.
    Sie beugte sich vor und klopfte an die Tür.
    »Ich bitte um Entschuldigung. Was muß ich dafür be…«
    Stimmen erklangen hinter der Tür, gefolgt von lautem Scheppern. Es
    hörte sich an, als versuchten fünf oder sechs Personen, unter den glei-
    chen Tisch zu kriechen.
    »Oh. Sehr nett. Danke. Vielen Dank«, sagte Susanne höflich.
    Binky zog sich langsam zurück. Diesmal spürte das Mädchen auf sei-
    nem Rücken nicht, wie er die Muskeln zum Sprung spannte. Er trabte
    ganz ruhig empor, als sei ihm einmal vorgeworfen worden, etwas ver-
    schüttet zu haben.
    Susanne probierte die Curry-Spezialitäten mehrere Dutzend Meter über
    der rasch dahingleitenden Landschaft – und warf die Tüte dann so dis-
    kret wie möglich fort.
    »Es schmeckt sehr… ungewöhnlich«, sagte sie. »Und das ist alles? Hast
    du mich den ganzen Weg bis hierher getragen, damit ich mir einen Imbiß
    hole?«
    Der Boden glitt schnel er unter ihnen hinweg, und Susanne schloß dar-
    aus, daß Binky jetzt rasanter flog – dies war kein gemütlicher Trab mehr,
    sondern ein vol er Galopp. Die Muskeln zitterten…
    … und weiter vorn erstrahlte der Himmel in jähem Blau.
    Hinter Susanne brannten zwei Hufabdrücke in der Luft. Doch sie blie-
    ben unsichtbar, denn das Licht trat beiseite, errötete verlegen und fragte
    sich, was geschehen war.

    Die Landschaft hing in der Leere.
    Ein kleines Haus stand dort, von einem Garten umgeben. Dahinter er-
    streckten sich Felder und ferne Berge. Susanne riß verblüfft die Augen
    auf, als Binky langsamer wurde.

    Die Tiefe fehlte. Als der Hengst herumschwang und zur Landung an-
    setzte, erwies sich die Landschaft als reine Oberfläche, als ein dünner
    Film aus… Existenz, dem Nichts aufgedrückt.
    Susanne befürchtete, der Boden würde reißen, als das Pferd aufsetzte.
    Aber nichts dergleichen geschah. Nur der Kies knirschte.
    Binky lief ums Haus, verharrte vor dem Stal und wartete.
    Die Schülerin stieg behutsam ab. Was auch immer sich unter ihren Fü-
    ßen befand – es fühlte sich fest genug an. Sie bückte sich, tastete nach
    dem Kies und strich ein wenig davon beiseite. Darunter kam mehr Kies
    zum Vorschein.
    Sie hatte gehört, daß die Zahnfee Zähne sammelte. Wenn man logisch
    darüber nachdachte… Die anderen Leute, die Körperteile sammelten,
    taten das meist aus verdächtigen Gründen. Für gewöhnlich planten sie,
    bestimmten Personen Schaden zuzufügen oder sie zu kontrollieren. Die
    Zahnfeen hatten vermutlich die Hälfte al er Kinder auf der Welt unter
    Kontrolle. Dieses Haus paßte nicht ins Bild; es schien kaum passend für
    jemanden mit so viel Macht.
    Der Schneevater wohnte vermutlich in einem gräßlichen Schlachthof
    irgendwo in den Bergen. Wahrscheinlich schmückte er sein Heim mit
    Brat- und Blutwürsten und hatte die Wände

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