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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Schülerin waren solche Leute Schurken, die von mu-tigen Mädchen auf der Stelle festgenommen werden sol ten. Sie spielte mit dem Gedanken, die Wache zu verständigen, wurde jedoch abgelenkt, als
    sich etwas entfernt eine Tür öffnete.
    Zwei Männer traten Arm in Arm aufs Pflaster und torkelten im Zick-
    zack durch die Nacht. Susanne wich zurück. Niemand belästigte sie,
    wenn sie nicht gesehen werden wol te. Die beiden Männer gingen durch
    die Leiter.
    Entweder hatten sie keine Substanz, oder mit der Leiter stimmte etwas
    nicht. Andererseits war die Frau auf ihr hochgeklettert…
    … und kam nun wieder herunter. Dabei steckte sie sich was in die Ta-
    sche.
    »Das Engelchen ist nicht einmal aufgewacht«, sagte sie.
    »Wie bitte?« erwiderte Susanne.
    »Ich hatte keine fünfzig Cent«, erklärte die Frau und schwang sich die
    Leiter mühelos auf die Schulter. »Deshalb mußte ich mich an die Regeln
    halten und einen weiteren Zahn nehmen.«
    »Was?«
    »Es ist alles festgelegt. Ich käme in ernste Schwierigkeiten, wenn Geld
    und Zähne nicht übereinstimmten. Du weißt ja, wie das ist.«
    »Weiß ich das?«

    »Entschuldige, es wird Zeit für mich. Ich muß in dieser Nacht noch
    sechzig Besuche machen.«
    » Warum sollte ich was wissen?« fragte Susanne. »Und wen mußt du besuchen?«
    »Kinder, natürlich. Ich darf sie nicht enttäuschen. Stel dir nur ihre Ge-
    sichter vor, wenn sie unter dem Kissen nachsehen…«
    Leiter. Zange. Zähne. Geld. Kissen…
    »Du erwartest doch wohl nicht von mir, daß ich dich für die Zahnfee
    halte, oder?« fragte Susanne argwöhnisch.
    Sie berührte die Leiter. Fühlte sich ganz normal an.
    »Nicht die «, entgegnete die Fremde. »Eine. Es überrascht mich, daß du das nicht weißt.«
    Sie schlenderte um die Ecke, bevor Susanne eine weitere Frage stellen
    konnte.
    »Wie hat sie das gemeint?« murmelte das Mädchen.
    » Sie weiß Bescheid«, ertönte eine Stimme hinter Susanne. »Hat dich auf den ersten Blick erkannt.«
    Die Schülerin drehte sich um. Der Rabe hockte in einem kleinen offe-
    nen Fenster. »Komm besser rein«, sagte er. »Dort auf der Straße könn-
    test du allen möglichen Leuten begegnen.«
    »Das bin ich bereits.«
    Neben der Tür war ein Messingschild an der Wand befestigt. Es sagte:
    »Käsemeier, C.V.; Dr. Mag. (Unsichtbare Universität); Bakkalaureus
    thau. und oec.«
    Zum erstenmal hörte Susanne ein Metal schild sprechen.
    »Ein simpler Trick«, krächzte der Rabe geringschätzig. »Das Ding spürt
    deinen Blick. Gib…«
    »Käsemeier, C.V.; Dr. Mag. (Unsichtbare Universität); Bakkalaureus
    thau. und oec.«
    »Halt die Klappe. Gib der Tür einen Stoß.«
    »Sie ist verschlossen.«

    Der Rabe neigte den Kopf und bedachte das Mädchen mit einem
    durchdringenden Blick aus seinen dunklen Knopfaugen. »Und davon
    willst du dich aufhalten lassen? Na schön. Ich hole den Schlüssel.«
    Kurze Zeit später kehrte der Vogel mit einem großen Schlüssel zurück
    und ließ ihn aufs Kopfsteinpflaster fal en.
    »Ist der Zauberer nicht zu Hause?«
    »O doch. Er liegt im Bett und schnarcht, was das Zeug hält.«
    »Ich dachte, Zauberer sind die ganze Nacht auf.«
    »Dieser nicht. Gegen neun hat er eine Tasse Kakao getrunken, und da-
    nach ist er unter die Decke gekrochen, um ordentlich zu ratzen.«
    »Ich kann doch nicht ohne seine Erlaubnis das Haus betreten!«
    »Warum denn nicht? Du bist gekommen, um mit mir zu reden,
    stimmt’s? Ich bin der Kopf des ganzen Ladens. Der Zauberer trägt nur
    den komischen Hut und übernimmt das Winken und so.«
    Susanne drehte den Schlüssel.
    Auf der anderen Seite der Tür war es warm. Sie sah das übliche magi-
    sche Brimborium: eine Esse; eine Werkbank mit Flaschen und verstreut
    herumliegenden Bündeln; einen Bücherschrank, der von Büchern gera-
    dezu überquoll; ein ausgestopfter Alligator unter der Decke; mehrere
    Kerzen, die wie Lavaströme aus Wachs anmuteten; einen Raben auf ei-
    nem Totenschädel.
    »Das stammt alles aus einem Katalog«, sagte der Rabe. »Glaub mir.
    Zauberer wählen aus, bestel en und bekommen dann ein großes Paket.
    Denkst du etwa, daß Kerzen von ganz allein so tropfen? Ein geschickter
    Kerzentropfer muß drei Tage hart arbeiten, um ein derart eindrucksvol-
    les Ergebnis zu erzielen.«
    »Das ist doch al es Unsinn«, sagte Susanne. »Und außerdem kann man
    nirgends Totenschädel kaufen.«
    »Du mußt es ja wissen«, erwiderte der Rabe. »Immerhin bist du gebil-
    det.«
    »Was wol test du mir

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