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Rom: Band 1

Rom: Band 1

Titel: Rom: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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ein allmächtiger Kardinal, sich vor so nichtigen Skrupeln aufhielt, wenn es sich um einen Messerstich handelte, die gewöhnlichste, häufigste Sache in den noch wilden Gegenden der römischen Schlösser.
    »Lügen, lügen,« murmelte er, »das heißt nicht lügen, wenn man nur das Gute erwähnt, das einer nn sich hat. Und etwas Gutes hat ja Agostino an sich. Bei einem Zertifikat hängt es hauptsächlich von dem ab, was man hinein schreibt.«
    Er hatte sich die Sache in den Kopf gesetzt und es wollte ihm nicht in den Sinn, daß jemand sich weigern kann, den Richter durch eine scharfsinnige Darstellung der Thatsachen irre zu führen. Als er dann einsah, daß er nichts erreichen werde, machte er eine hoffnungslose Geberde und sein erdfarbenes Gedicht nahm einen tief grollenden Ausdruck an, während seine schwarzen Augen vor verhaltenem Zorn stammten.
    »Schön, schön! Ein jeder erkennt die Wahrheit auf seine Art. Ich werde zurückkehren und es Seiner Eminenz Kardinal Sanguinetti vermelden. Und ich bitte Eure ehrwürdigste Eminenz, mir nicht böse zu sein, wenn ich unnützerweise gestört habe ... Vielleicht sind die Feigen nicht ganz reif. Ich werde mir aber erlauben, noch einen Korb zu bringen gegen Ende des Herbstes, wenn sie schon ganz gut und süß sind ... Tausend Dank und Glück und Segen über Eure ehrwürdigste Eminenz ...«
    Er näherte sich, rückwärts schreitend und seine große, knochige Gestalt tief verbeugend, der Thüre. Pierre, der mit regem Interesse der Scene gefolgt war, fand in ihm die Verkörperung des niedern Klerus von Rom und Umgebung, von dem man ihm vor seiner Abreise erzählt hatte. Das war nicht der »Scagnozzo«, der arme, verhungerte Priester, der infolge irgend einer mißlichen Geschichte aus der Provinz kommt und auf der Suche nach dem täglichen Brot auf das Pflaster Roms gerät. Diese Art bildet einen Schwarm von Bettlern in der Sutane, die in den Brosamen der Kirche ihr Glück suchen, sich gierig um zufällige Messen streiten und mit niedrigem Volk in übelberüchtigten Schenken herumtreiben. Es war auch nicht der Pfarrer aus den fernen Provinzen, der, vollständig unwissend und kraß abergläubisch, ein Bauer unter den Bauern war. Seine Pfarrkinder behandelten ihn wie ihresgleichen und verwechselten ihn, da sie sehr fromm waren, niemals mit Gott; vor dem Schutzheiligen ihrer Pfarre lagen sie auf den Knieen, nie aber vor dem Manne, der von ihm lebte. In Frascati nahm der Verweser einer kleinen Kirche neunhundert Franken ein und hatte keine anderen Ausgaben als für Brot und Fleisch, wenn er Obst, Wein und Gemüse aus seinem Garten bezog. Dieser Priester war nicht ungebildet, kannte ein wenig Theologie, ein wenig Geschichte, besonders die Geschichte der vergangenen Größe Roms, die seinen Patriotismus entstammt hatte, so daß er immer wieder von der nahen Weltherrschaft träumte, die dem wiedergeborenen Rom, der Hauptstadt Italiens, vorbehalten sein mußte. Aber welche unüberschreitbare Kluft bestand noch zwischen dem oft sehr würdigen und intelligenten niedern römischen Klerus und dem hohen Klerus, den hohen Würdenträgern des Vatikans! Wer nicht mindestens Prälat war, existirte nicht.
    »Tausend Dank und möge Eurer ehrwürdigsten Eminenz alles nach Wunsch gehen!«
    Als Santobono endlich verschwunden war, kehrte der Kardinal zu Pierre zurück, der sich ebenfalls abschiednehmend verbeugte.
    »Mit einem Wort, Herr Abbé, die Angelegenheit mit Ihrem Buche scheint mir schlecht zu stehen. Ich wiederhole, daß ich nichts Genaues weiß, daß ich die Akten nicht gesehen habe. Da es mir jedoch bekannt ist, daß meine Nichte Benedetta sich für Sie interessirt, so habe ich mit dem Kardinal Sanguinetti, dem Präfekten des Index, der gerade vorhin hier war, ein Wörtchen darüber gesprochen. Aber er weiß selbst nicht mehr wie ich, denn alles befindet sich noch in den Händen des Sekretärs. Er hat mir jedoch versichert, daß die Denunziation von bedeutenden, sehr einflußreichen Personen ausging und sich auf zahlreiche Seiten erstreckt. Diejenigen Stellen, die vom Standpunkt der Disziplin sowohl wie vom Standpunkt des Dogma ein Aergernis geben, sind genau bezeichnet.«
    Der junge Priester ward von dem Gedanken, daß verborgene Feinde ihn im Dunkel verfolgten, sehr bewegt.
    »O denunzirt, denunzirt!« rief er. »Wenn Eminenz wüßten, wie dies Wort mein Herz schwellen läßt! Und wegen entschieden unfreiwilliger Verbrechen, denn ich wollte einzig und allein den Triumph der Kirche ... So

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