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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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denen mehrere noch nicht einmal fertig waren. Als Prada erfuhr, daß der Priester gekommen sei, um sich beim Kardinal Sanguinetti vorzustellen, fing er wieder zu lachen an – sein liebenswürdiges Wolfslachen, das seine weißen Zähne entblößte.
    »Freilich, er ist hier, seit der Papst leidend ist ... Ah, Sie werden ihn in einem schönen Fieberzustand treffen!«
    »Warum denn?«
    »Weil heute vormittag die Nachrichten über die Gesundheit des heiligen Vaters keine guten sind. Als ich Rom verließ, lief das Gerücht um, daß er eine schreckliche Nacht verbracht hätte.«
    Er blieb bei einer Krümmung der Straße vor einer alten Kapelle, einer kleinen Kirche, stehen, die sich in einsamer, trauriger Anmut am Saume eines Olivengehölzes erhob. Dicht daneben befand sich ein zerfallendes Gemäuer, zweifellos das ehemalige Pfarrhaus. Ein großer, knorriger Priester, mit plumpem, erdfahlem Gesicht trat daraus hervor und schloß, ehe er sich entfernte, fest die Thür, indem er den Schlüssel zweimal umdrehte.
    »Sehen Sie,« fuhr der Graf spöttisch fort, »da ist einer, dessen Herz ebenso heftig klopfen muß. Er geht sicherlich um Nachrichten zu Ihrem Kardinal.« Pierre hatte den Priester überrascht angeblickt.
    »Ich kenne ihn,« sagte er. »Es ist sicherlich derselbe, den ich am Tage nach meiner Ankunft beim Kardinal Boccanera gesehen habe. Er brachte ihm einen Korb Feigen, indem er ihn um ein gutes Zeugnis für seinen jungen Bruder bat, den eine Gewaltthat, ich glaube, ein Messerstich, ins Gefängnis gebracht hatte. Der Kardinal schlug ihm übrigens dieses Zeugnis unbedingt ab.«
    »Zweifeln Sie nicht, er ist es, denn er kam einst oft in die Villa Boccanera, wo sein junger Bruder Gärtner war. Heutzutage ist er der Schützling, die Kreatur des Kardinals Sanguinetti ... Ach, dieser Santobono ist eine seltsame Figur, wie Sie deren wohl nicht in Frankreich haben. Er lebt ganz allein in dieser zusammenbrechenden Wohnung und versieht die uralte Kapelle S. Maria dei Campi, wohin man nicht dreimal im Jahre zur Messe kommt. Ja, es ist eine wahre Sinekure, die ihm bei seinen tausend Franken jährlich gestattet, als philosophischer Bauer zu leben und den ziemlich großen Garten zu pflegen, den Sie da oben, zwischen den hohen Mauern sehen.«
    In der That zog sich die Einfriedigung über den Abhang hinter dem Pfarrhaus nach allen Seiten sorgsam abgeschlossen hin, wie eine Zufluchtsstätte, in die nicht einmal Blicke dringen durften. Es war nichts davon zu sehen, als über der linken Mauer ein prächtiger Feigenbaum, ein Riesenfeigenbaum, dessen hohes Laub sich schwarz von dem klaren Himmel abhob. Prada ging wieder weiter und fuhr fort, von Santobono zu sprechen, der ihn offenbar interessirte. Er war ein patriotischer Priester, ein Garibaldianer. In Nemi, in diesem noch wild gebliebenen Winkel des Albanergebirges, geboren, gehörte er dem Volke an, befand sich noch nahe der Erde, hatte aber studirt und wußte genug Geschichte, um die vergangene Größe Roms zu kennen und von einer Wiederherstellung des römischen Reiches zu Gunsten des jungen Italien zu träumen. Er hatte sich dem leidenschaftlichen Glauben ergeben, daß nur ein großer Papst diesen Traum verwirklichen könne, indem er sich der Gewalt bemächtigte und dann alle anderen Nationen eroberte. Was war einfacher, da der Papst über Millionen von Katholiken gebot? Gehörte ihm nicht die Hälfte von Europa? Frankreich, Spanien, Oesterreich würden nachgeben, sobald sie sähen, daß er mächtig sei und der Welt diktire. Was Deutschland und England, alle protestantischen Nationen betraf, so würden sie unvermeidlich erobert werden; das Papsttum war ja der einzige Damm, den man dem Irrtum entgegensetzen konnte, und dieser würde eines Tages an ihm zerschellen. Trotzdem hatte er sich politisch für Deutschland erklärt, denn er dachte, daß Frankreich zermalmt werden müsse, um sich in die Arme des heiligen Vaters zu werfen. So stießen sich in diesem zornigen Kopfe, in dem die Gedanken brannten und sich durch die ursprüngliche Rauhheit der Rasse schnell in Gewaltthätigkeit verwandelten, Widersprüche und tolle Phantasien. Er war ein Barbar aus dem Evangelium, ein Freund der Armen und Leidenden, aus der Familie jener exaltirten Sektirer, die großer Tugenden und großer Verbrechen fähig sind.
    »Ja,« schloß Prada, »er hat sich dem Kardinal Sanguinetti ergeben, weil er in ihm den großen Papst, den Papst von morgen gesehen hat, der aus Rom die einzige Hauptstadt aller

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