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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Horizont nicht mehr Platz einnahm als ein von einer Kinderschaufel hingeworfener Haufen Kies, in die hohle Hand nehmen zu können. Er träumte bereits vom Konklave, wenn die Thronhimmel der anderen Kardinäle herabsinken und nur der seine unbeweglich, majestätisch ihn mit dem Purpur krönen würde.
    »Aber Sie haben recht, mein Lieber,« rief er, zu Santobono gewandt. »Es muß gehandelt werden, es ist für das Heil der Kirche ... Und dann, es ist nicht möglich, daß der Himmel nicht mit uns sein sollte, die einzig und allein seinen Triumph wollen. Wenn es sein muß, wird er im letzten Augenblick den Antichrist niederzuschmettern wissen.«
    Nun zum erstenmal hörte Pierre deutlich auch Santobono, der mit rauher Stimme, mit einer Art wilder Entschiedenheit sagte:
    »O, wenn der Himmel zögert, wird man ihm helfen!«
    Das war alles; er hörte dann nichts mehr als ein wirres Gemurmel. Der Balkon war leer, und Pierre begann wieder in dem sonnigen, von heiterer und köstlicher Ruhe erfüllten Salon zu warten. Plötzlich öffnete sich weit die Thür des Arbeitszimmers, und ein Diener führte ihn hinein. Zu seinem Erstaunen fand er den Kardinal allein, ohne daß er die beiden Priester hatte hinausgehen sehen: sie hatten sich durch eine andere Thür entfernt.
    In dem hellen, gelblichen Licht stand der Kardinal mit seinem gefärbten Gesicht, der starken Nase, den dicken Lippen und seinem, trotz seiner sechzig Jahre, jugendlich stämmigen und kräftigen Aussehen neben einem Fenster. Auf seinen Lippen schwebte wieder das väterliche Lächeln, mit dem er aus Politik die bescheidensten Leute empfing. Sofort, nachdem Pierre sich verbeugt und den Ring geküßt hatte, wies er ihm einen Stuhl an.
    »Setzen Sie sich, lieber Sohn, setzen Sie sich ... Sie kommen also wegen der unglückseligen Geschichte mit Ihrem Buche. Ich bin sehr, sehr froh, mit Ihnen darüber reden zu können.«
    Er selbst hatte sich auf einen Stuhl neben dem auf Rom hinausgehenden Fenster gesetzt, von dem er sich nicht entfernen zu können schien. Während der Priester sich entschuldigte, daß er ihn in seiner Ruhe störe, bemerkte er, daß er ihm gar nicht zuhörte, sondern die Augen von neuem auf da unten, auf die so heiß ersehnte Beute gerichtet hielt. Dennoch bewahrte der Kardinal vollkommen den Schein liebenswürdiger Aufmerksamkeit, und Pierre wunderte sich über die Willenskraft, die dieser Mann haben mußte, um so ruhig, so voll Interesse für die Angelegenheiten anderer zu erscheinen, während ein solcher Sturmwind in ihm brauste.
    »Eure Eminenz werden also geruhen, mir zu verzeihen ...«
    »Aber Sie haben sehr wohl daran gethan, zu kommen, da meine schwankende Gesundheit mich hier zurückhält ... Es geht mir übrigens ein wenig besser, und es ist sehr natürlich, daß Sie mir Erklärungen zu geben, Ihr Buch zu verteidigen und mein Urteil zu erleuchten wünschen. Ich wunderte mich sogar, daß ich Sie noch nicht sah, denn ich weiß, daß Ihr Glaube stark ist und daß Sie keine Schritte scheuen, um Ihre Richter zu bekehren ... Reden Sie, lieber Sohn, ich höre Ihnen mit aller Freude zu, die es mir bereiten würde, Sie absolviren zu können.«
    Pierre ließ sich von diesen wohlwollenden Worten fangen. Eine Hoffnung erwachte wieder in ihm – die, den allmächtigen Indexpräfekten für seine Sache zu gewinnen. Er hielt diesen ehemaligen Nuntius, der zuerst in Brüssel und dann in Wien die Kunst gelernt hatte, Geprellte zufrieden fortzuschicken, indem er ihnen alles versprach, ohne ihnen etwas zu bewilligen, bereits für selten geistvoll, für besonders herzensgut. Darum fand er abermals sein Apostelfeuer wieder, um seine Ideen über das Rom von morgen auseinanderzusetzen – das Rom, von dem er träumte, das von neuem die Herrin der Welt werden würde, wenn es zu dem Christentum Jesu, zu der feurigen Liebe zu den Kleinen und Schwachen zurückkehrte.
    Sanguinetti lächelte, schüttelte leise den Kopf und stieß entzückte Ausrufe aus.
    »Sehr gut, sehr gut! Vortrefflich! ... Ah, ich denke wie Sie, lieber Sohn! Mehr läßt sich nicht sagen ... Aber es ist ja augenscheinlich, Sie stimmen darin mit allen guten Geistern überein.«
    Außerdem, sagte er, rühre ihn die ganze poetische Seite der Sache sehr tief. Zweifellos aus Rivalität liebte er es, gleich Leo XIII. für einen der ausgezeichnetsten Lateiner zu gelten, und hatte Virgil eine besondere, grenzenlose Zärtlichkeit geschworen.
    »Ich weiß, ich weiß ... o, ich habe die Stelle über den

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