Rom - Band II
Beschwerden, die er noch immer suchte, ohne sie finden zu können.
»Wirklich, wirklich!« wiederholte der Prälat, über so viel Unschuld erstaunt. »Die Kongregation ist ein Gericht und kann nicht vorgehen, wenn eine Angelegenheit nicht bei ihr anhängig gemacht wird. Ihr Buch wird verfolgt, weil man es ganz einfach angezeigt hat.«
»Ja, ich weiß. Angezeigt!«
»Aber gewiß, die Klage ist von drei französischen Bischöfen eingebracht worden – Sie werden mir gestatten deren Namen zu verschweigen – und so mußte die Kongregation an die Untersuchung des beanstandeten Werkes gehen.«
Pierre sah ihn bestürzt an. Von drei Bischöfen angezeigt! Und warum? Zu welchem Zweck?
Dann kam ihm wieder der Gedanke an seinen Beschützer.
»Nun, der Kardinal Bergerot hat mir einen Zustimmungsbrief geschrieben, den ich meinem Buche als Vorwort beigegeben habe. War das nicht eine Bürgschaft, die dem französischen Episkopat genügen hätte müssen?«
Monsignore Fornaro schüttelte schlau den Kopf, ehe er sich zu einer Antwort entschloß.
»Ach ja, gewiß, der Brief Seiner Eminenz, ein sehr schöner Brief. Trotzdem glaube ich, daß es besser gewesen wäre, wenn er den Brief nicht geschrieben hätte – für ihn und besonders für Sie.«
Und da der Priester, dessen Ueberraschung zunahm, den Mund aufmachte und ihn zu einer Erklärung drängen wollte, setzte er hinzu:
»Nein, nein, ich weiß nichts, ich sage nichts ... Seine Eminenz der Kardinal Bergerot ist ein Heiliger, den alle Welt verehrt, und wenn er sündigen könnte, müßte man sicherlich nur seinem Herzen die Schuld daran beimessen.«
Ein Schweigen entstand. Pierre hatte gefühlt, daß sich ein Abgrund öffnete. Er wagte nicht zu beharren und fuhr etwas heftig fort:
»Warum denn also mein Buch, warum nicht die Bücher anderer? Ich habe nicht die Absicht, meinerseits den Angeber zu spielen – aber wie viele Bücher kenne ich, über die Rom die Augen zudrückt und die merkwürdig gefährlicher sind, als das meine!«
Diesmal schien Monsignore Fornaro sehr glücklich zu sein, sich ganz seiner Ansicht anschließen zu können.
»Sie haben recht; wir wissen wohl, daß wir nicht alle schlechten Bücher anklagen können und sind darüber verzweifelt. Man muß an die unberechenbare Menge der Werke denken, die wir zu lesen gezwungen wären. So verdammen wir also die Schlimmsten in Bausch und Bogen.«
Er ließ sich in gefällige Erklärungen ein. Im Prinzip dürften die Buchdrucker kein Buch in Druck legen, ohne vorher das Manuskript dem Bischof zur Billigung vorgelegt zu haben. Aber heutzutage, bei der erschreckenden Produktion der Buchdruckerei begreift man, in welche furchtbare Verlegenheit die Bischöfe gerieten, wenn die Buchdrucker sich plötzlich der Regel unterwerfen würden. Man hätte für diese gewaltige Aufgabe weder die Zeit noch das Geld, noch die nötigen Leute. Die Indexkongregation verdammte daher die erschienenen oder zu erscheinenden Bücher gewisser Kategorien im großen und ganzen, ohne sie prüfen zu müssen; erstens alle sittengefährlichen, alle erotischen Bücher, alle Romane; dann die Bibeln in der Vulgärsprache, denn die heiligen Bücher dürfen nicht ohne Unterschied erlaubt werden, endlich die Zauberbücher, die wissenschaftlichen, geschichtlichen oder philosophischen, dem Dogma zuwiderlaufenden Bücher, die Werke von Ketzern oder einfacher Geistlicher, die die Religion erörtern. Es waren das weise, von mehreren Päpsten überkommene Gesetze, deren Auszug dem von der Kongregation veröffentlichten Katalog der verbotenen Bücher als Vorwort diente; ohne sie würde dieser Katalog, um vollständig zu sein, an und für sich eine Bibliothek angefüllt haben. Mit einem Wort, wenn man ihn durchblätterte, so bemerkte man, daß das Interdikt vor allem Werke von Priestern traf; Rom bekümmerte sich angesichts der Schwierigkeit und Ungeheuerlichkeit der Aufgabe nur darum, sorgfältig über die gute Ordnung der Kirche zu wachen. Das war auch der Fall mit Pierre und seinem Buche.
»Sie begreifen, daß wir nicht für einen Haufen von ungesunden Büchern Reklame machen werden, indem wir sie mit einer besonderen Verurteilung beehren,« fuhr Monfignore Fornaro fort. »Es gibt ihrer bei allen Völkern Legionen und wir hätten weder Papier noch Tinte genug, um sie anzugreifen. Wir begnügen uns damit, von Zeit zu Zeit eines zu treffen, wenn es mit einem berühmten Namen gezeichnet ist, wenn es zu viel Lärm macht oder beunruhigende Angriffe gegen den
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