Rom - Band II
gekommen, daß er erwartet werde, wenn der ihm zu teil gewordene Empfang nicht die aufrichtigste, mit ein wenig Unruhe gemischte Ueberraschung bewiesen hätte.
»Herr Abbé Froment, Herr Abbé Froment,« wiederholte der Prälat, indem er die Karte ansah, die er in der Hand behalten hatte. »Bitte gefälligst einzutreten ... Ich war im Begriffe, alle abweisen zu lassen, denn ich habe eine sehr dringende Arbeit. Aber das thut nichts, nehmen Sie Platz.«
Aber Pierre blieb bezaubert, bewundernd vor diesem schönen, großen und starken Manne stehen, der mit seinen fünfundfünfzig Jahren blühte. Rosig, glattrasirt, mit kaum ergrautem Lockenhaar, besaß er eine gefällige Nase, feuchte Lippen, schmeichelnde Augen, alles, was die römische Prälatenschaft an Verführerischem und Schmückendem aufzuweisen vermag. In seiner schwarzen Sutane mit dem lila Kragen sah er selbst sehr sauber, einfach elegant, wirklich prächtig aus, und sein großes, mit einem bei dem römischen Klerus heutzutage sehr seltenen Geschmack eingerichtetes, wohlriechendes Empfangszimmer, das von zwei breiten, auf die Piazza Navona gehenden Fenstern heiter erleuchtet wurde, umgab ihn mit einem Rahmen von guter Laune und wohlwollender Aufnahme.
»Setzen Sie sich doch, Herr Abbé Froment, und sagen Sie mir gefälligst, was mir die Ehre Ihres Besuches verschafft.«
Er hatte sich mit naiver, rein gefälliger Miene wieder gesetzt und Pierre wurde plötzlich angesichts dieser natürlichen Frage, die er doch voraussehen hätte müssen, sehr befangen. Sollte er geradewegs auf die Sache losgehen, den heiklen Beweggrund seines Besuches eingestehen? Er fühlte, daß das noch der rascheste und würdigste Weg wäre.
»Mein Gott, Monsignore, ich weiß, daß das, was mich zu Ihnen führt, nicht üblich ist. Aber man hat mir diesen Schritt angeraten und es schien mir, daß es zwischen ehrlichen Leuten nie von Uebel sein kann, die Wahrheit in gutem Glauben zu suchen.«
»Was denn, was denn?« fragte der Prälat mit vollkommen unschuldiger Miene, ohne zu lächeln aufzuhören.
»Nun, ganz ehrlich; ich habe erfahren, daß die Indexkongregation Ihnen mein Buch, ›Das neue Rom‹ mit dem Auftrag übergeben hat, es zu prüfen. Ich erlaube mir nun, mich für den Fall vorzustellen daß Sie einige Erklärungen von mir zu verlangen hätten.«
Aber Monsignore Fornaro schien nichts mehr hören zu wollen. Er griff mit beiden Händen an seinen Kopf und wich, wenn auch noch immer höflich, zurück.
»Nein, nein, erzählen Sie mir das nicht, fahren Sie nicht fort. Sie würden mir einen ungeheuren Verdruß bereiten ... Wenn Sie wollen, nehmen wir an, daß man Sie getäuscht hat, denn man darf nichts wissen, man weiß auch nichts, die anderen ebenso wenig wie ich ... Bitte, reden wir von diesen Dingen nicht mehr.«
Glücklicherweise verfiel Pierre, der die entscheidende Wirkung des Namens des Assessors beim S. Offizio bemerkt hatte, auf den Gedanken, zu antworten:
»Gewiß, Monsignore, ich habe nicht die Absicht, Ihnen die geringste Verlegenheit Zu bereiten, und ich wiederhole, ich hätte mir nie erlaubt, Sie zu belästigen, wenn Monsignore Nani selbst mir nicht Ihren Namen und Ihre Adresse mitgeteilt hätte.«
Auch diesmal trat eine sofortige Wirkung ein; nur ergab sich Monsignore Fornaro mit einer leichten Anmut, die er in alles legte, was er that. Er gab übrigens nicht sofort nach, sondern sehr schalkhaft, in Uebergängen.
»Wie, Monsignore Nani ist also der Insdiskrete! Ich werde ihn schelten, ich werde böse werden! ... Und was weiß er denn davon? Er gehört nicht zur Kongregation, er kann irregeführt worden sein ... Sie werden ihm sagen, daß er sich geirrt hat, daß ich mit Ihrer Angelegenheit gar nichts zu schaffen habe; das wird ihn lehren, daß er keine notwendigen, von allen geachtete Geheimnisse zu enthüllen hat.«
Dann fügte er liebenswürdig mit seinen bezaubernden Augen, mit seinem blühendem Munde hinzu:
»Nun, da Monsignore Nani es wünscht, will ich gerne einen Augenblick mit Ihnen sprechen, mein lieber Herr Froment – unter der Bedingung, daß Sie von mir nichts über meinen Bericht, noch über das erfahren, was in der Kongregation gethan oder gesagt worden sein mag.«
Nun lächelte Pierre seinerseits, denn er bewunderte, wie leicht alles ward, sobald die Form gewahrt wurde. Er begann nun abermals seinen Fall zu erklären und schilderte das tiefe Erstaunen, in das ihn der seinem Buche gemachte Prozeß gestürzt hatte, sowie seine Unkenntnis der
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