Rom - Band II
Glauben enthält. Das genügt, um die Welt daran zu erinnern, daß wir existiren und uns verteidigen, ohne von unseren Rechten oder von unseren Pflichten das Geringste aufzugeben.«
»Aber mein Buch, mein Buch!« rief Pierre. »Was soll diese Verfolgung meines Buches?«
»Ich erkläre es Ihnen, insoweit es mir gestattet ist, mein liebet Herr Frommt. Sie sind Priester, Ihr Buch hat Erfolg, Sie haben eine billige Ausgabe veröffentlicht, die sehr gut geht – ich rede gar nicht von seinem bedeutenden literarischen Wert, dem Hauche echter Poesie, der es durchweht und zu dem ich Ihnen mein aufrichtiges Kompliment mache. Wie wollen Sie da, daß wir unter diesen Bedingungen die Augen über ein Werk zudrücken, in dem Sie auf die Vernichtung unserer heiligen Religion und die Zerstörung Roms antragen?«
Pierre blieb, vor Erstaunen erstickend, mit offenem Munde sitzen.
»Die Zerstörung Roms! Großer Gott, ich will es ja verjüngt, ewig, von neuem als Königin der Welt sehen!«
Seine brennende Begeisterung ergriff ihn wieder; er verteidigte sich, gestand von neuem seinen Glauben; der Katholizismus sollte zur Urkirche zurückkehren, aus dem brüderlichen Christentum Jesu ein erneutes Blut schöpfen, der Papst von aller irdischen Hoheit befreit sein, durch Barmherzigkeit und Liebe über die gesamte Menschheit herrschen, die Welt vor der furchtbaren sozialen Krise, die sie bedroht, retten, um sie zum Reich Gottes, zur christlichen Gemeinde aller zu einem einzigen Volk vereinter Völker zu führen.
»Kann der heilige Vater mich verleugnen? Sind das nicht seine geheimen Ideen, die man zu erraten beginnt? Mein einziges Unrecht bestünde darin, sie zu früh und zu frei ausgedrückt zu haben. Würde ich nicht, wenn man mir gestattete, ihn zu sprechen, sofort die Einstellung der Verfolgung von ihm erlangen?«
Monsignore Fornaro sprach nicht mehr; er begnügte sich damit, den Kopf zu schütteln, ohne sich über das jugendliche Ungestüm des Priesters zu ärgern. Im Gegenteil, er lächelte mit immer größerer Liebenswürdigkeit, gleichsam höchlich belustigt über so viel Unschuld und so viel Schwärmerei.
»Vorwärts, vorwärts,« antwortete er endlich lustig. »Ich werde Sie nicht aufhalten. Es ist mir verboten, etwas zu sagen ... Aber die weltliche Herrschaft, die weltliche Herrschaft ...«
»Nun, die weltliche Herrschaft?« fragte Pierre.
Der Prälat sprach abermals nicht. Er hob sein liebenswürdiges Gesicht himmelaufwärts und bewegte auf hübsche Weise seine weißen Hände. Als er wieder anhob, geschah es nur, um hinzuzusetzen:
»Außerdem – Ihre neue Religion – denn das Wort, ›neue Religion, neue Religion‹ kommt darin zweimal vor ... O Gott!«
Er regte sich noch mehr auf und geriet derart außer sich, daß Pierre, von Ungeduld ergriffen, ausrief:
»Monsignore, ich weiß nicht, wie Ihr Bericht ausfallen wird, aber ich beteure Ihnen, daß ich niemals daran gedacht habe, das Dogma anzugreifen. Und in gutem Glauben – das geht aus meinem ganzen Buche hervor – wollte ich nur ein Werk des Erbarmens und Heils vollbringen. Es ist recht und billig, auch die Absichten in Anschlag zu bringen.« Monsignore Fornaro war wieder sehr ruhig, sehr väterlich geworden.
»O, die Absichten, die Absichten – –«
Er erhob sich, um den Besucher zu verabschieden.
»Mein lieber Herr Froment, seien Sie überzeugt, daß ich mich sehr geehrt fühle, weil Sie sich an mich gewendet haben ... Natürlich kann ich Ihnen nicht sagen, wie mein Bericht ausfallen wird; wir haben bereits zu viel darüber gesprochen; ich hätte mich sogar weigern müssen, Ihre Verteidigung anzuhören. Sie werden mich nichtsdestoweniger bereit finden, Ihnen in allem gefällig zu sein, was nicht meiner Pflicht zuwiderläuft. Aber ich fürchte sehr, daß Ihr Buch verurteilt werden wird.«
Und als Pierre abermals in die Höhe fuhr, setzte er hinzu:
»Ach ja ... die Thatsachen werden beurteilt, nicht die Absichten. Jedwede Verteidigung ist also nutzlos; das Buch ist da und es ist, wie es eben ist. Sie mögen es erklären, wie Sie wollen, ändern werden Sie es nicht ... Aus diesem Grunde beruft die Kongregation niemals die Angeklagten und nimmt von ihnen nur den einfachen Widerruf an. Das Klügste, was Sie thun könnten, wäre noch, Ihr Buch zurückzuziehen, sich zu unterwerfen. Nein? Sie wollen nicht? Ach, wie jung Sie sind, lieber Freund!«
Er lachte noch lauter über die Bewegung voll Empörung, voll unbezähmbaren Stolzes, die seinem jungen Freunde,
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