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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Stimme:
    »Haben Sie nicht den Abbé Paparelli im ersten Stock bemerkt? Er ging uns nach.«
    Pierre begegnete im Hause oft dem Schleppträger, dessen schlaffes Gesicht und tückisch stöbernde Miene, die ihn einer alten Jungfer im schwarzen Rock ähneln ließen, ihm höchlich mißfielen. Aber er ließ sich durch ihn nicht beunruhigen und war über die Frage überrascht. Uebrigens war Don Vigilio, ohne seine Antwort abzuwarten, an das Ende des Korridors zurückgekehrt und horchte lange Zeit. Dann kehrte er leise wie eine Katze zurück, blies sein Licht aus und trat mit einem Satze bei seinem Nachbar ein.
    »So, da sind wir,« murmelte er, als die Thür sich geschlossen hatte. Aber wenn es Ihnen recht ist, bleiben wir nicht in diesem Salon; gehen wir in Ihr Schlafzimmer. Zwei Wände sind besser als eine.«
    Endlich, als die Lampe auf den Tisch gestellt worden war und beide im Hintergrunde dieses farblosen Zimmers saßen, dessen flachsgraue Tapete, ungleiche Möbel, kahler Fußboden und kahle Wände die Schwermut alter, verblichener Sachen besaßen, bemerkte Pierre, daß der Abbé die Beute eines noch heftigeren Fieberanfalles als gewöhnlich war. Sein kleiner, magerer Körper zitterte vor Kälte, und die glühenden Augen in seinem armen, gelben, verwüsteten Gesicht hatten noch nie so dunkel gebrannt.
    »Sind Sie leidend? Ich habe nicht die Absicht, Sie zu ermüden.«
    »Leidend! Ach ja, mein Leib brennt wie Feuer. Aber im Gegenteil, ich will reden ... Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr! Früher oder später muß man sich das Herz erleichtern.«
    Wollte er sich von seiner Krankheit abziehen? Wollte er sein langes Schweigen brechen, um nicht daran den Erstickungstod zu sterben? Er ließ sich sofort die Schritte erzählen, die Pierre in den letzten Tagen unternommen und regte sich noch mehr auf, als er erfuhr, in welcher Art und Weise der Kardinal Sarno, Monsignore Fornaro und Pater Dangelis den Besucher empfangen hatten.
    »Ja wohl, ja wohl! Mich wundert nichts mehr, aber trotzdem empört es mich Ihretwegen. Ja, es geht mich nichts an und es macht mich krank, denn es erweckt mein ganzes eigenes Elend!... Auf den Kardinal Sarno, der abseits, stets in der Ferne lebt und nie jemand geholfen hat, darf man nicht zählen. Aber dieser Fornaro, dieser Fornaro!«
    »Er kam mir sehr liebenswürdig, sogar wohlwollend vor und ich glaube wirklich, daß er infolge unserer Unterredung seinen Bericht sehr mildern wird.«
    »Er! Je zärtlicher er sich gezeigt hat, desto mehr wird er Sie belasten. Er wird Sie aufessen, er wird sich an dieser leichten Beute mästen. Ah, Sie kennen ihn nicht, den Herrlichen! Er liegt unablässig auf der Lauer, um sein Glück aus dem Unglück armer Teufel zu bauen, deren Niederlage, wie er weiß, den Mächtigen angenehm sein muß! Da ist mir der andere, der Pater Dangelis lieber. Er ist ein schrecklicher Mann, aber wenigstens offen und mutig und ein überlegener Geist. Ich füge hinzu, daß dieser Sie wie eine Handvoll Stroh verbrennen würde, wenn er der Herr wäre ... O, wenn ich Ihnen alles sagen könnte, wenn ich Sie mit mir in die furchtbaren Tiefen dieser Welt eintreten ließe, wenn ich Ihnen die ungeheuerlichen, ehrgeizigen Gelüste, die abscheulichen Verwicklungen der Intriguen, die Bestechlichkeit, die Feigheit, die Verrätereien, sogar Verbrechen zeigen würde!«
    Als Pierre sah, wie er sich durch die Flamme eines so tiefen Grolles derart erhitzte, fiel es ihm ein, jene Auskünfte aus ihm herauszulocken, die er bisher vergeblich gesucht hatte.
    »Sagen Sie mir wenigstens, wie meine Angelegenheit steht. Als ich Sie gleich nach meiner Ankunft fragte, antworteten Sie mir, daß dem Kardinal noch gar kein Aktenstück zugekommen sei. Aber die Prozeßakten sind zusammengestellt. Sie haben davon Kenntnis, nicht wahr?... Und bei dieser Gelegenheit: Monsignore Fornaro hat von drei französischen Bischöfen gesprochen, die mein Buch angezeigt und dessen Verfolgung gefordert haben sollen. Drei Bischöfe! Ist das möglich?«
    Don Vigilio zuckte heftig die Achseln.
    »Ah, Sie sind eine schöne Seele! Mich wundert es, daß es nur drei sind ... Ja, mehrere Akten Ihres Prozesses sind in meinen Händen; übrigens konnte ich mir wohl denken, was das für ein Prozeß sein konnte, Ihr Prozeß. Die drei Bischöfe sind erstens der Bischofs von Tarbes, der offenbar die Rache der Väter von Lourdes ausführt, dann die Bischöfe von Poitiers und Evreux, beide wegen ihrer ultramontanen Intransigenz bekannt,

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