Rom - Band II
leidenschaftliche Gegner des Kardinals Bergerot. Der letztere ist, wie Sie wissen, im Vatikan, wo seine gallikanischen Ideen, sein sehr liberaler Geist wahre Zornausbrüche erregen, schlecht angeschrieben ... Suchen Sie gar nicht anderwärts; dort steckt das Ganze. Es ist eine Hinrichtung, die die allmächtigen Väter von Lourdes vom heiligen Vater fordern, abgesehen davon, daß man durch Ihr Buch den Kardinal anzugreifen wünscht – dank jenem Zustimmungsbrief, den er Ihnen so unklugerweise geschrieben hat, und den Sie als Vorwort veröffentlichten ... Seit langer Zeit sind die Verdammungen des Index unter Geistlichen oft nichts anderes als im Dunkeln ausgetauschte Keulenhiebe. Die Angeberei herrscht als unumschränkte Gebieterin und dann folgt das Gesetz der Willkür. Ich könnte Ihnen unglaubliche Thatsachen, unschuldige Bücher anführen, die unter hundert anderen gewählt wurden, um einen Gedanken oder einen Menschen zu töten; denn hinter dem Verfasser zielt man fast immer auf einen Höheren und Ferneren. Es ist das ein solches Ränkenest, eine solche Quelle von Mißbrauch, wo der niedrige, persönliche Groll befriedigt wird, daß die Institution des Index zusammenbricht und man sogar hier, in der Umgebung des Papstes, die unbedingte Notwendigkeit fühlt, sie demnächst von neuem zu regeln, wenn man nicht will, daß sie vollständig in Verruf gerät ... Gewiß, ich verstehe es, daß man sich daraus steift, die Weltherrschaft zu bewahren, mit allen Waffen zu regieren. Aber dann müssen es mögliche Waffen sein; dann dürfen sie nicht durch die Unverschämtheit ihrer Ungerechtigkeit empören und durch ihre alte Kinderei nicht ein Lächeln erwecken!«
Pierre hörte zu; ein schmerzliches Erstaunen hatte sein Herz ergriffen. Gewiß, seit er in Rom war, seit er sah, wie die Väter der Grotte hier gegrüßt und gefürchtet wurden, wie sie durch die großen Gaben, die sie dem Peterspfennig sandten, die Herren waren, fühlte er, daß sie hinter der Verfolgung standen; er erriet, daß er jene Seite seines Buches bezahlen werde müssen, wo er feststellte, daß in Lourdes ein sündhaftes Verrücken des Schicksals, ein furchtbares, Zweifel an Gott erweckendes Schauspiel, eine fortwährende Aufreizung zum Kampf stattfinde, die in der wirklich christlichen Gesellschaft von morgen verschwinden würde. Es fehlte ihm jetzt sogar nicht mehr das Verständnis für das Aergernis, das seine eingestandene Freude über den Verlust der weltlichen Herrschaft und vor allem jenes unglückliche Wort von der neuen Religion erregt haben mußte, das an und für sich genügte, die Angeber zu bewaffnen. Was ihn aber in Erstaunen und Verzweiflung versetzte, war die unerhörte Kunde, daß der Brief dem Kardinal Bergerot als Verbrechen angerechnet, daß sein Buch denunzirt und verdammt wurde, um den ehrwürdigen Hirten, den man nicht von vorne anzugreifen wagte, von rückwärts zu treffen. Der Gedanke, daß er den heiligen Mann betrübe, daß er für ihn die Ursache einer Niederlage in seiner feurigen Nächstenliebe sei, war ihm sehr schmerzlich. Und wie traurig, im Hintergrunde dieser Streitigkeiten, wo nur die Liebe zum Armen kämpfen dürfte, die häßlichsten Geldfragen, die im wütendsten Egoismus entfesselten Leidenschaften und Begierden zu finden!
Dann entstand in Pierre eine Empörung gegen diesen verhaßten, albernen Index. Er verfolgte jetzt seine Wirksamkeit, von der Denunziation bis zum öffentlichen Anschlägen der verdammten Bücher. Den Sekretär der Kongregation hatte er eben gesehen – den Pater Dangelis, in dessen Hände die Denunziation gelangte, der daraufhin mit der Leidenschaft des autoritativen und gelehrten Mönches, erfüllt von dem Traum, die Geister und das Gewissen wie in den heroischen Zeiten der Inquisition zu beherrschen, den Prozeß einleitete und die Akten zusammenstellte. Von den geistlichen Räten hatte er einen besucht, den mit der Berichterstattung über sein Buch betrauten, so ehrgeizigen und so liebenswürdigen Monsignore Fornaro; das war ein spitzfindiger Theolog, der nicht verlegen gewesen wäre, Angriffe gegen den Glauben in einer algebraischen Abhandlung zu finden, wenn es die Sorge um sein Schicksal gefordert hätte. Dann kamen die seltenen Versammlungen der Kardinäle, die von Zeit zu Zeit abstimmten und in der schwermütigen Verzweiflung, nicht alle feindlichen Bücher unterdrücken zu können, eines unterdrückten; und endlich billigte und unterzeichnete der Papst das Dekret, was eine reine
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