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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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zu stellen, so daß die Feigen heute früh gar nicht gegessen worden waren, wenn nicht der Abbé Paparelli herabgelaufen wäre, um sie zu holen und selbst hinaufzutragen – mit einer wahren Andacht, als trage er das heilige Sakrament. – Freilich ißt sie Seine Eminenz so gern!«
    »Heute früh wird mein Bruder ihnen keine große Ehre anthun, denn er hat eine leichte Verdauungsstörung,« schloß die Prinzessin. »Er hat eine schlechte Nacht verbracht.«
    Die Wiederholung des Namens Paparelli machte sie etwas besorgt. Der Schleppträger mit seinem schlaffen, runzeligen Gesicht, seiner dicken, kurzen Gestalt, die der einer schwarzgekleideten, frommen, alten Jungfer glich, mißfiel ihr, seit sie die außerordentliche Herrschaft bemerkt hatte, die er aus seiner Demut und seinem Zurücktreten heraus auf den Kardinal übte. Er war nichts als ein Bedienter, scheinbar der geringste, und doch regierte er; sie fühlte, daß er ihren eigenen Einfluß bekämpfte und oft das rückgängig machte, was sie gethan hatte, um dem Ehrgeiz ihres Bruders zum Siege zu verhelfen. Das Schlimmste war, daß sie ihn im Verdacht hatte, diesen bereits zweimal zu Handlungen getrieben zu haben, welche sie für wirkliche Fehler hielt. Vielleicht hatte sie sich geirrt; sie ließ ihm die Gerechtigkeit widerfahren, daß er seltene Tugenden und eine ganz musterhafte Frömmigkeit besaß.
    Mittlerweile fuhr Benedetta fort, zu lachen und zu scherzen, und da Viktorine sich entfernt hatte, rief sie den Bedienten.
    »Hören Sie, Giacomo, Sie müssen mir eine kleine Besorgung machen ...«
    Sie unterbrach sich, um sich zu ihrer Tante und zu Pierre zu wenden:
    »Ich bitte euch, machen wir unsere Rechte geltend ... Ich sehe sie vor mir, wie sie da unten, fast unter uns, bei Tische sitzen. Der Oheim hebt die Blätter auf, bedient sich mit einem guten Lächeln, reicht den Korb Dario, der ihn wieder Don Vigilio reicht, und alle drei essen voll Zerknirschung. Seht ihr sie, seht ihr sie?«
    Sie sah sie; das Bedürfnis, in der Nähe Darios zu sein, ihre fortwährend zu ihm fliegenden Gedanken beschworen ihn so zugleich mit den beiden anderen herauf. Ihr Herz war unten, sie sah, hörte, fühlte mit allen ausgesuchten Sinnen ihrer Liebe.
    »Giacomo, Sie werden heruntergehen und Seiner Eminenz sagen, daß wir fürs Leben gern von seinen Feigen kosten möchten. Es wäre sehr liebenswürdig von ihm, wenn er uns die schicken wollte, die er nicht mehr mag.«
    Aber Donna Serafina, die ihre strenge Stimme wieder fand, mischte sich von neuem ein.
    »Giacomo, Sie rühren sich nicht von der Stelle. Genug der Kindereien,« wandte sie sich zu ihrer Nichte. »Ich verabscheue diese Art Schelmenstreiche.«
    »O Tante!« murmelte Benedetta, »ich bin so glücklich; es ist schon so lange her, daß ich nicht so von Herzen gelacht habe!«
    Pierre hatte sich bisher begnügt, zuzuhören; es belustigte ihn selbst, sie so fröhlich zu sehen. Da nun eine leichte Kälte entstand, begann er zu sprechen und sagte, wie er selbst erstaunt gewesen sei, als er tags zuvor, zu so später Jahreszeit, noch Früchte auf dem berühmten Feigenbaum von Frascati erblickt habe. Das rührte zweifellos von der Lage, von der großen Mauer her, die den Baum schützte.
    »Ah, Sie haben den berühmten Feigenbaum gesehen?« fragte Benedetta.
    »Gewiß, ich bin sogar mit den Feigen gereist, auf die Sie so Lust haben.«
    »Wieso – mit den Feigen gereist?«
    Er bereute schon, daß ihm das Wort entfahren war, aber dann zog er vor, alles zu sagen.
    »Ich bin dort jemand begegnet, der zu Wagen hingekommen war und unbedingt darauf bestand, mich nach Rom zurück zu bringen. Unterwegs haben wir den Pfarrer Santobono aufgenommen, der sich sehr tapfer mit seinem Korbe aufgemacht hatte, um den Weg zu Fuß zurückzulegen. Wir haben sogar einen Augenblick in einer Osteria angehalten.«
    Er fuhr fort und schilderte die Fahrt, seine lebhaften Eindrücke quer durch die von der Dämmerung überflutete römische Campagna. Aber Benedetta sah ihn fest an, denn sie war voreingenommen, von allem unterrichtet und die häufigen Besuche, die Prada seinen Grundstücken und Leuten da unten machte, waren ihr nicht unbekannt.
    »Jemand, jemand!« murmelte sie. »Es war der Graf, nicht wahr?«
    »Ja, Madame, es war der Graf,« antwortete Pierre einfach. »Ich habe ihn heute nacht wieder gesehen. Er war außer Rand und Band und man muß ihn beklagen.«
    Der junge Priester sprach diese barmherzigen Worte in der überströmenden Liebe, die er

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