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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shari Low
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dann durch den Zoll. Dieser verdammte Traktor! Seit ich die Autobahn verlassen hatte, hatte ich hinter ihm festgehangen und nicht gewagt, ihn zu überholen, weil ich Angst hatte, von einem entgegenkommenden Laster zerquetscht zu werden.
    Scharen von Menschen kamen mir entgegen, als ich mir jetzt tapfer einen Weg in die Richtung bahnte, in der ich den Ankunftsbereich vermutete. Im Laufen scannte ich die Gesichter. Wo war er? Hatte ich ihn verpasst? War er schon weg? Er musste doch noch irgendwo hier sein. Ich versuchte, mir einzureden, dass das auch bei Meg Ryan immer so war – zehn Minuten vor Ende jedes Films gab es einen Rückschlag, dann schaltete sich das Schicksal in letzter Sekunde ein und löste das Problem. Tja, wäre schön, wenn es das jetzt auch täte. Und ein guter Anfang wäre zum Beispiel, wenn es was gegen meine höllisch schmerzenden Füße unternehmen würde.
    Die Schuhe hatte ich in der festen Überzeugung angezogen, dass ich die ganze Zeit an einer Stelle stehen und umwerfend aussehen würde, während ich darauf wartete, dass die zweite (okay, vierte, vielleicht auch fünfte) Liebe meines Lebens durch die Tür in meine Arme geflogen käme. Zu keiner Zeit hatte ich in Erwägung gezogen, dass ich mein Auto vor dem Flughafengebäude parken und dann durch einen überfüllten Terminal sprinten musste. Ich betete, dass die Nerven endlich absterben und Taubheit an die Stelle des Schmerzes treten würde.
    Ich verlangsamte mein Tempo etwas, um die Dialekte zu identifizieren, die um mich herum gesprochen wurden. Hauptsächlich Westschottisch, dazwischen ab und zu Amerikanisch. Das war Charlies Flug, das spürte ich ganz genau. Er war hier! Irgendwo. Ich musste nur noch … Aaaaaaaah!
    Ich stürzte wie von einem Scharfschützen getroffen zu Boden. Mit dem Gesicht zuerst. Einer meiner Schuhe flog in hohem Bogen davon.
    »Alles okay, Mädchen?« Ein älterer Herr mit wenig Gespür für das Offensichtliche beugte sich besorgt über mich.
    »Mfeine. Mfase. Mfletzt.«
    Tatsächlich. Ich war genau auf die Nase gefallen. Rote Flüssigkeit, die ich verzweifelt aufzuhalten versuchte, ehe sie Lizzys weißes Shirt erreichte, sickerte mir durch die Finger. Es war, als versuchte man, einen Ölteppich mit einem Schwämmchen aufzusaugen. Oh Mist, sie würde mich umbringen!
    »Vorsichtig, Mädchen, ganz vorsichtig!« Ich hatte keine Ahnung, wer da auf mich einredete, aber mir blieb keine Wahl. Der ältere Herr war inzwischen in Aktion getreten und drückte mit den Fingern meine Nasenlöcher zu. »Keine Sorge, Kleine, wir haben im Krieg gelernt, wie man mit so was umgeht.«
    Eine kleine Menschenmenge versammelte sich um uns herum, und plötzlich hockte sich ein Polizist neben mich. Er sah aus, als würde er die Gewichtsobergrenze für jede Position im Öffentlichen Dienst weit überschreiten.
    »Die Sanitäter sind bereits auf dem Weg«, verkündete er ohne allzu viel Mitgefühl in der Stimme. »Es ist immer dasselbe«, sagte er kopfschüttelnd zu Mr. Nightingale, der seine Kriegserlebnisse immer noch in meinem Gesicht verarbeitete. »Diese jungen Dinger trinken im Flugzeug zu viel, und wir müssen sie dann wieder auf die Beine stellen. Wenn es nach mir ginge, würde Alkohol im Flugzeug verboten.«
    »Shabe nifs geswunken«, protestierte ich empört.
    »Ist sie Polin?«, fragte eine dicke Frau mit schottischem Akzent.
    Zu Mr. Nightingales Enttäuschung kamen nun die echten Sanitäter und übernahmen. Man sah ihnen deutlich an, dass sie sauer waren, weil man sie wegen dieser Lappalie in ihrer Kaffeepause gestört hatte. Trotz meiner vehementen Proteste hievten sich mich in einen Rollstuhl, und während mir einer der beiden den Puls maß, warf der andere einen bedauernden Blick auf seinen Defibrillator.
    Als klar wurde, dass die Szene vor ihnen nicht für eine Zeugenaussage in Aktenzeichen XY … ungelöst taugte, begann sich die Menge langsam zu zerstreuen. Und dann … es war zuerst nur ein ganz kurzer Blick, der durch die dicke Frau mit dem schottischen Akzent sofort wieder blockiert wurde.
    »Aufs fem Feg, aufs fem Feg!«
    »Sie wird aggressiv«, rief einer der Sanitäter.
    »Sie spricht definitiv polnisch«, sagte die dicke Frau mit dem schottischen Akzent.
    Ich schob alle Hände von mir und rappelte mich auf. Dabei schoss eine weitere Blutfontäne aus meiner Nase.
    Charlie! Das war er! Er hatte den Arm um seine Mutter gelegt und half ihr den Terminal zu durchqueren. Bloß dass … Er lachte. Und die Art, wie er den Arm

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