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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shari Low
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sich öffentlich über meine Qualitäten im Bett beklagen? Er hatte mir nichts von meiner Würde gelassen.
    Die ganze Stadt wusste, dass er nie mit einer Sue zusammen gewesen war, und um ehrlich zu sein, bedurfte es nicht allzu großer geistiger Kreativität, um von Sue auf Lou zu kommen. Oh, diese Demütigung! Es war schmerzhaft genug, dass all meine Freunde wussten, dass er sich genommen hatte, was er wollte, und sich dann noch vor Tagesanbruch verdünnisiert hatte. Aber diese öffentliche Schande! Selbst in der Schlange am Postschalter lachten mich die Leute aus. Die Damen beim Bäcker konnten mir nicht mehr ins Gesicht schauen. Und wenn noch ein einziger Teenager im Friseurladen ans Fenster klopfte und eine obszöne Geste machte, würde es ein Gemetzel geben. Mein einziger Trost war, dass ich gehört hatte, dass er auch Rosaline Harper in der Sekunde, als er anfing, richtig Geld zu verdienen, verlassen hatte und sie nun eine blühende Karriere in einem Glasgower Massagesalon mit dem bedeutsamen Namen Wandernde Hände angefangen hatte.
    Plötzlich merkte ich, dass ich aufgehört hatte, Mrs. Marshalls Locken zu kämmen, und stattdessen meine Hüften massierte.
    »Alles in Ordnung, Schätzchen?«
    Ich riss mich in die Gegenwart zurück. »Alles bestens, Mrs. Marshall. Nur eine alte Verletzung. Sie meldet sich immer, wenn ich zu lange auf den Beinen bin.«
    Tief einatmen. Langsam ausatmen. Spannung rauslassen. Mr. Patel hatte mir beigebracht, wie man sich mit tiefer Bauchatmung beruhigte, aber ich hatte das Gefühl, dass mein Stress einen Level erreicht hatte, das sich mit Ein- und Ausatmen allein nicht mehr in den Griff kriegen ließ.
    »Okay, ihr zwei, ihr könnt euch entspannen.« Ich schickte ein aufmunterndes Lächeln in Rosies und Angies Richtung. »Sobald ihr mit dem Aufräumen fertig seid, könnt ihr gehen. Die Mädels kommen gleich, daher …«
    »Haaaallooooooo!«
    Mrs. Marshalls hellseherische Fähigkeiten mochten im Moment ausgeschaltet sein, aber die von Lizzy schienen perfekt zu funktionieren. Genau im richtigen Moment kam sie mit ein paar Tüten in der Hand zur Tür rein.
    »Hi, Mrs. Marshall! Sie sehen umwerfend aus«, rief sie grinsend. »Die Männer werden heute Abend beim Bingo Mühe haben, ihre Hände bei sich zu behalten.«
    Mrs. Marshall wurde rot. Ihr Mann war in den Siebzigern gestorben, aber sie hatte mir gestanden, dass er ihr auf übernatürlicher Ebene gestattet hatte, sich nach einem Ersatzmann umzuschauen, der ihre Spielfreude teilte. Daher ihre wöchentlichen Friseurbesuche und ihr gesteigertes Interesse an Herz-Schmerz-Songs von örtlichen Kulturgrößen.
    Lizzy hängte ihren Kram an einen Garderobenständer, küsste mich auf die Wange und ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen. Die Tatsache, dass die Füllung des roten Plastiklederüberzugs nur von einem Stück Klebeband gehalten wurde, kümmerte sie nicht.
    Es gab keinen Zweifel: Der Laden verkam immer mehr. Und wenn ich ehrlich war, war das im Moment der Hauptgrund für meine allgemeine Unzufriedenheit. Die Gary-Collins-Episode war da nur das Tüpfelchen auf dem i.
    Der Salon gehörte Donna Maria, einer exzentrischen Italienerin, die jedes Interesse daran verloren hatte, seit sie einen Typen geheiratet hatte, dem ein großes Matratzenlager in der Stadt gehörte. Sie lebten im Dauerglück und verbrachten den Tag damit, ihr beträchtliches Vermögen zu zählen. Offenbar konnte man mit Matratzen eine Menge Geld verdienen – nicht nur auf die Art und Weise, wie Rosaline Harper es tat.
    Donna Maria hatte den Salon inzwischen mehr oder weniger aufgegeben und ihn mir, Wendy und Pamela, zwei weiteren Stylistinnen, überlassen. Die Situation hatte definitiv ihre Vorteile – flexible Arbeitszeiten, lange Mittagspausen und kostenloses Haareschneiden für Familie und Freunde. Aber die Nachteile überwogen die Vorteile. Die Arbeit wurde immer langweiliger. Jeder Tag verlief genau wie der davor. Und solange ich blieb, würde sich daran auch nichts ändern. In letzter Zeit überlegte ich wieder und wieder, etwas Neues anzufangen. Ich hatte Ideen. Pläne. Ziele, die ich erreichen wollte. Und erreichen würde … sobald ich die Tagträumereien von einem eigenen Salon und einer Karriere als internationaler Starstylistin endlich aufgab und mich an die Arbeit machte. Einen öden Job in Weirbank zu kündigen wäre der erste Schritt, aber abgesehen von den Teenies, die vor dem Schaufenster schmutzige Gesten machten, fühlte ich mich ganz wohl in

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