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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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nimmt mich in die Arme und küsst mich sanft. »Ciara, ich verspreche dir, dass ich dir meine Geschichte erzähle – eines Tages jedenfalls. Aber diese Nacht hier mit dir möchte ich nicht ruinieren.«
    Meine Befürchtungen beginnen von den scharfen Kanten her langsam zu zerschmelzen. Ich versuche ein Nicken und ein Lächeln. Wir machen uns auf die Jagd nach Eiscreme.
    Ich weiß, dass er Gründe hat, Gründe, die er nicht nennt, warum er mir seine Geschichte nicht erzählen will. Manche davon haben mit mir zu tun, andere nur mit ihm. Um all diese Hindernisse zwischen uns zu umschiffen, bedarf es einer sorgfältigen Choreografie, endloser Verhandlungen mit viel Fingerspitzengefühl und emotionaler Anstrengung.
    Das ist der Grund, warum ich keine festen Beziehungen in meinem Leben wollte. Zu viel Arbeit.
    Das Diner ist ein Meer aus kräftigem Violett, innen wie außen. Die Baltimore Ravens sind in der Stadt, zum diesjährigen Sommertraining. Also schmückt sich jedes noch so miese Etablissement, absolut jeder Laden in der Stadt, mit Dekoration in den Team-Farben, um Touristen anzulocken. Es wäre sicher ganz lustig, sich an einem der Nachmittage das Training anzusehen und ein paar Autogramme einzusacken. Ich drehe mich schon zu Shane um, um es ihm vorzuschlagen. Da fällt mir ein, dass wir tagsüber gar nichts zusammen unternehmen können. Na gut, Shane ist sowieso Steelers-Fan. Er würde seine Lieblingsmannschaft allerdings mit Pittsburgh-Akzent aussprechen: den langen Vokal kurz, als würden sie Stillers heißen.
    Wir warten im Eingangsbereich, halten Händchen, wie jedes andere ganz normale Pärchen, das gegen Mitternacht auf der Suche nach einem postkoitalen Frühstück ist. Auch wir wollen Koffein und Kohlenhydrate, um neue Energie zu tanken.
    Eine Kellnerin, ziemlich jung noch, mit einem Pferdeschwanz, der dynamisch wippt, bringt uns zu einer der Nischen. Shane setzt sich mir gegenüber, während die Kellnerin die Speisekarte auf den Tisch legt. Wir bestellen Kaffee, schwarz, und einen Banana Split.
    Kaum ist die Kellnerin weg, stellt Shane die Füße auf meine Bank, einen rechts, einen links von mir. Ich lehne mich zurück und stütze die Ellbogen auf seine Stiefelspitzen. Die Neonbeleuchtung hier im Diner taucht alles in ein hartes, fluoreszierendes Licht. Es ist ein Licht, das die surreale Aura dieser Nacht nur noch unterstreicht, und das Gefühl hervorruft, außerhalb der Zeit zu leben. Morgen – ich meine heute später am Tag – werden wir uns mit einem ganzen Haufen von Problemen herumschlagen müssen. Hier und jetzt aber habe ich das Gefühl, mitten im ruhigen Auge des Orkans zu sein.
    Ich fahre mit dem Daumen über Shanes linke Schuhsohle. »Bist du auch an den Füßen kitzelig?«
    Seine Mundwinkel zucken. »Nein.«
    »Du lügst. Ich werde ein bisschen mit ihnen spielen, wenn wir wieder im Bett sind.«
    »Nur wenn ich das Gleiche mit dir machen darf.«
    Ich zucke mit den Schultern. »Ich bin überhaupt nicht kitzelig.«
    »Wahrscheinlich deshalb, weil dich nichts im Leben wirklich überrascht.«
    War das eine Spitze gegen mich, gegen meine Art, alles hinzunehmen wie es kommt? »Überraschung ist nur ein anderes Wort für Enttäuschung.«
    Die Kellnerin erscheint mit unserer Bestellung. Ich schaffe die Cocktail-Kirsche aus dem Weg und versenke den Löffel tief in der Eiscreme.
    »Die nehmen echte Schlagsahne hier, nicht das Zeug aus der Sprühflasche.« Ich lecke den Löffel ab und erstelle im Kopf einen genauen Katalog der Stellen auf Shanes Körper, auf denen ich gern den einen oder anderen Klecks Sahne platzieren würde. Vielleicht bekomme ich ja eine Portion zum Mitnehmen. »Probier mal, bitte.«
    Shane hat reichlich Minzschoko-Splitter auf dem Löffel, probiert zaghaft. Schnell steckt er den Löffel zurück. »Schmeckt wie diese Kautabletten gegen Sodbrennen.«
    »Tja, wie schade. Dann gehört der ganze Eisbecher wohl mir.« Ich ziehe den Banana Split zu mir herüber und schlage zu. »Meine Eltern haben mir nach jedem Erweckungsgottesdienst ein Eis gekauft. Ich habe mir immer die exotischste Sorte ausgesucht, die ich bekommen konnte. Denn in der nächsten Kleinstadt, das wusste ich, würde es vielleicht wieder nur Schokolade und Vanille geben.«
    »Dann war deine Kindheit also nicht nur schlecht.«
    »Nein, solange ich klein war gar nicht.«
    Shane nimmt die Füße von der Bank und beugt sich über den Tisch zu mir herüber. »Was hast du an deiner Kindheit denn noch so gemocht?«
    Ich werfe ihm

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