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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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hinüber. »Außerdem dachte ich, du würdest ihn nicht wollen, wenn du seinen Namen wüsstest. Der Kater braucht ein neues Zuhause. Und bei uns würde er keinen Tag alt werden.«
    Mich beeindruckt Shanes still in die Tat umgesetztes Mitgefühl. Der Blick auf meinen Vater hingegen verrät mir etwas anderes. Er hat sich neben den Kater gehockt, um ihn zu streicheln. Sein Blick aber gilt David: Er ist messend, abschätzend.
    Ich kenne diesen Blick gut. So sucht mein Vater die Schwachstelle einer Person, mit der er es zu tun hat.
    Dads Blick wandert zwischen David und dem Kater hin und her. Ich kann förmlich hören, wie die Rädchen in seinem Hirn zu arbeiten beginnen. Er weiß, wer Antoine war und was er Gideon demnach bedeutet. Aber ahnt er bereits, was Antoine für David bedeutet? Wie lang wird es dauern, bis mein Vater das Puzzle zusammengesetzt hat? Es ist vielleicht egal. Dennoch will ich es nicht zulassen.
    »Bereit aufzubrechen, Daddy?«, setze ich mein Ablenkungsmanöver in Gang.
    Sein Gesicht hellt sich auf, als er in meine Richtung schaut. Mit einem leisen Ächzen richtet er sich auf und bietet mir in einer galanten Geste den Arm an. »Dann lass uns mal gehen, Darling!«
    Er hatte schon immer eine Schwäche für dieses ganze Daddy-Ding.
    Zusammen mit Colonel Lanham geht es ins Versteck. Auf der Fahrt belassen mein Vater und ich die Gespräche daher lieber im Bereich zwangloser Plaudereien. Ich erzähle ihm vom College und was ich in meinem Job für Aufgaben habe. Er erzählt mir von seinem Leben in einem Gefängnis mit minimalen Sicherheitsvorkehrungen. Es klingt, als gleiche es Gideons Refugium – nur ohne den vierzehntäglichen Aderlass.
    Aus einer von Bäumen gesäumten Straße fährt der Wagen in die Kiesauffahrt eines typischen Vorstadthauses. Und typisch wie das Haus ist auch die Vorstadt: Diese heißt Silver Spring, was weder von Frühlingsfreuden kündet noch das Geringste mit Silber zu tun hat. Das Garagentor öffnet sich automatisch, als wir darauf zuhalten.
    Ich muss zugeben, dass ich ein wenig enttäuscht bin. Ich hatte Bewaffnete erwartet, die mit radioaktiven Rottweilern an der Leine vor dem Haus postiert sind. Ich kann nur hoffen, das Haus ist ein sichereres Versteck, als es den Anschein hat.
    Lanham öffnet mir den Wagenschlag. »Im Schlafzimmer im ersten Stock sollten Sie alles finden, was Sie benötigen.«
    Ich durchquere ein Wohnzimmer, gehe ein paar Stufen zu einer einladend-behaglichen Küche hinauf. Einmal um die Ecke, und ich stehe vor einer weiteren Treppe. Es ist Neugier und die Lust am Neuen, die mich anspornt. Also greife ich nach dem Geländer und stürme hoch. Das einzige Haus, in dem ich je gelebt habe, war das meiner Pflegeeltern. Davor waren es hauptsächlich Motel-Zimmer, und danach Schlafsäle und kleine Mietwohnungen.
    Im obersten Stock befindet sich ein großes, hübsches Zimmer, gemütlich eingerichtet. Das Bett ist breit und niedrig. Eine verblichene Patchwork-Steppdecke liegt darauf ausgebreitet. Die Luft steht im Zimmer. Daher stelle ich den Deckenventilator an; seine Flügel sind aus dichtem Korbgeflecht. Im Schrank finde ich TShirt und Jeans, die ich gegen Elizabeths Kostüm tausche.
    Als ich die Treppe hinunterrenne, zieht sich ein Mann in schwarzem TShirt und schwarzen Hosen in den Schatten eines der Schlafzimmer zurück. Ich begrüße ihn mit einer lässigen Handbewegung.
    »’n Abend, Ma’am.« Dem schneidigen Ton seiner knappen Begrüßung nach verbietet sich ein Plausch wie von selbst.
    Ich nehme mir eine Flasche Mineralwasser und ein Eiersandwich aus dem Kühlschrank. So bewaffnet begebe ich mich hinunter ins Wohnzimmer. Mein Dad schaut sich Jay Leno im Fernsehen an und löffelt Frühstücksflocken aus einer Schüssel.
    Als er mich so lässig gekleidet sieht, strahlt er übers ganze Gesicht. »Na, so siehst du gleich viel mehr nach meiner Ciara aus.« Er klopft mit der flachen Hand auf das Sofakissen neben sich.
    Ich aber lasse mich stattdessen in einem der Sessel nieder. Ich brauche etwas mehr Abstand von ihm, um ihn das zu fragen, was ich vorhabe. »Du hast vorhin versprochen, mir zu erzählen, warum Mom nicht bei dir ist.«
    Vor Überraschung zuckt er mit dem Kopf ein Stück zurück. »Hey, was haben wir dir über netten einleitenden Smalltalk beigebracht? Seit wann bist du so direkt?«
    »Sag es mir einfach.« Ich probiere ein Lächeln. »Bitte.«
    Er stopft sich den Rest Flakes in den Mund, tupft sich mit einer Papierserviette die Lippen ab und stellt

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