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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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TShirt bedeckt. »Das Lokal, in das wir uns heute Abend zum Essen begeben, sollte besser keinen Wert auf die Outfits legen.«
    Lori grinst mich verlegen an. »Ich hole etwas vom Chinesen zum Mitnehmen, einen Sechserträger Bier und jede DVD , die du ausleihen willst.« Ihr Grinsen wird breiter und entblößt sämtliche ihrer Zähne. »Immer noch Freunde?«
    Ich hebe einen Stoß Kleiderbügel auf. »Ich musste sowieso mal raus aus der Bude.«
    Lori gibt mir ein langes grün-weißes Kleid. »Dann willst du also nicht über den Mystery Man reden. Okay, dann erzähl mir was über deinen Radiosender! Klingt jedenfalls cool.«
    »Ja, etwa so cool wie ’ne kalte Leiche auf dem Seziertisch. Mein unmittelbarer Vorgesetzter ist Winnie Puuhs Esel im Anzug, und der Geschäftsführer des Senders ist voll der Fanatiker. Und die DJ s sind …« Ich unterbreche mich selbst. Wie soll ich sie beschreiben, ohne das Wort Vampir zu benutzen?
    Lori faltet eine Haube zusammen und stopft sie in einen Plastikbeutel mit Reißverschluss. »Sind was? Party-Animals?«
    »Nein, das nicht.« Ich stecke die Plastiktüte am Kleid fest. »Kennst du Leute mit pathologisch zwanghaften Verhaltensweisen?«
    Lori lässt eine Schachtel mit Orden fallen, die sich daraufhin über den ganzen Boden verteilen. »Verdammte Scheiße!« Auf allen vieren kriecht sie hinter ihnen her, um sie wieder zusammenzusuchen. »Warum fragst du?«
    Ich knie mich ebenfalls hin, um ihr beim Aufsammeln zu helfen. Ich muss mir auf die Lippe beißen, so sehr tut mein Bein weh. »Ich glaube, ich kenne welche mit diesem Problem.«
    »Ich auch. Meine Mom.« Lori legt die Orden sorgsam in die Schachtel zurück, ohne mich dabei anzusehen. »Es hat angefangen, da war ich sechs oder so. Sie ging immer im Haus herum und hat kontrolliert, ob alle Türen fest verschlossen sind.«
    »Und?«
    »Und dann hat sie die Fenster kontrolliert, selbst mitten im Winter, wenn sie seit Wochen nicht geöffnet worden waren.« Lori setzt sich im Schneidersitz auf den Boden; die Staubschicht auf den Holzbohlen und die diversen Insektenleichen interessieren sie nicht. »Danach kamen alle Rauchmelder dran.«
    »Jeden Abend?«
    Lori nickt. »Über die Jahre hinweg ist die Liste immer länger geworden. Und sie musste alles in einer bestimmten Reihenfolge kontrollieren. Wenn man sie dabei unterbrochen hat, musste sie wieder von vorne anfangen.« Mit dem Handrücken wischt sich Lori über die Stirn. »Als sie Hilfe bekam, um damit umzugehen, begann ihr Routine-Ablauf bereits nachmittags um drei.«
    »Was denn für Hilfe?«
    »Medikamente, Psychotherapie. Zuerst hat man uns gesagt, wir sollten bei ihrer ›Wahrheit‹, wie sie es nannten, mitspielen. Darin waren wir zu dem Zeitpunkt schon ganz gut. Dann, ganz allmählich, haben wir ihr geholfen, eine neue ›Wahrheit‹ zu finden.« Lori lächelt. »Ich weiß, das klingt ein bisschen mystisch und existenziell. Aber es hat funktioniert, und wir haben sie wiedergewonnen. Größtenteils jedenfalls.«
    »Das ist echt gut.« Ich drücke Loris Schulter. »Wieso hast du mir das noch nie erzählt?«
    Lori fingert am Ausschnitt ihres TShirts herum. »Weiß nicht. Es ist eben kompliziert.« Als ich sie nicht vom Haken lasse, fügt sie hinzu: »Ich habe mich blöd dabei gefühlt, wegen meiner Mutter herumzujammern, wo deine doch … du weißt schon …«
    »Ja.« Jetzt bin ich es, die den Blick abwendet. Ich blinzle heftig. Möglicherweise denkt Lori jetzt, ich verdrücke ein paar Tränchen. Aber mir schießen die Tränen nur wegen des Staubs in die Augen.
    Sie räuspert sich. »Hast du denn in letzter Zeit von deinen Pflegeeltern gehört?«
    »Erst vor ein paar Tagen.« Ich lächle selig bei der Erinnerung an die beiden einzigen normalen Jahre meines Lebens. »Sie haben gerade wieder ein neues Kind gekriegt. Damit sind’s jetzt insgesamt achtzehn.«
    »Das wievielte warst du?«
    »Nummer dreizehn.«
    Lori lacht. »Aber du hattest Glück mit ihnen.«
    »Ich glaube nicht an Glück.«
    »Du glaubst an gar nichts.«
    »Das ist nicht wahr!« Ich verdrehe ein wenig den Hals. »Beispielsweise glaube ich, dass du gerade auf einer Kakerlake sitzt.«
    Lori kreischt auf und springt auf die Füße. Dabei streift sie mit den Händen wie wild über ihren Hintern. Sie blickt zu Boden und entdeckt nichts, was größer wäre als ein Marienkäfer.
    »War nur ’n Scherz.«
    Sie knufft mich in den Arm. »Zur Strafe bist du heute Abend mit zahlen dran!«
    »Du willst ein armes, kleines

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