Roman
sehen sein, wenn du uns sehen kannst? Ach ja, vielleicht, weil wir keine Seeeeele haben?« Sie verdreht die Augen und sonnt sich in dem verächtlichen Gelächter, in das die anderen Vampire ausbrechen – ausgenommen Shane. Sein Gesichtsausdruck ist steinern und ernst, seit ich die erste Folie aufgelegt habe.
Ich lasse einen konzentrierten Blick über die Gesichter der Vampire schweifen, während sich ihr Gelächter langsam legt. »Ich bin sicher, dass ihr noch die eine oder andere Frage habt. Deren Beantwortung wird nützlich sein, falls oder sobald wir die Kampagne umsetzen.« Ich beuge mich vor, stemme mich mit beiden Händen auf die Tischplatte. »Aber ihr müsst mir erst sagen, ob es sich um ein falls oder um ein sobald handelt.«
Wieder verstreicht ein langer Augenblick, in dem Schweigen herrscht.
Schließlich schiebt Spencer seinen Stuhl zurück und erhebt seinen großen Blut-Cocktail. »Ich finde, was das Sonnenkind da sagt, hat was.«
»Jou.« Jim klopft mit dem Dodge-Schlüsselanhänger auf den Tisch und wiegt den Oberkörper. »Klingt nach ’ner echten Dröhnung.«
Widerstrebend stimmt auch Noah zu. »Alles, was helf’n kann, yeah, sollten wir ausprobier’n.«
Regina streift sie alle mit einem Blick und nickt dann. »Es gefällt uns.«
Ich atme tief durch und werfe David einen triumphierenden Blick zu.
»Mir gefällt es nicht.« Shane richtet sich aus seiner üblichen lässigen Haltung auf. »Wir sind keine Rockstars. Wir sind DJ s. Wichtiger noch, wir sind Vampire.«
»Wow, na danke Mister Schnallt-das-Offensichtliche!«, fährt Regina ihn an. »Oh, bitte, bitte, würdest du meinen Lebenslauf für mich schreiben?!«
»Diese Kampagne ist gefährlich«, fährt Shane ungerührt fort. »Wir haben die Wahrheit immer schön unter Verschluss gehalten. Und jetzt sollen wir sie in die Welt hinausbrüllen?«
»Niemand wird es glauben«, unterstreiche ich noch einmal den springenden Punkt. »Manchmal ist der beste Weg, um die Wahrheit zu verbergen, sie offenzulegen.«
Shane schüttelt den Kopf. »Es gibt Leute da draußen, die sind genug neben der Spur, um es zu glauben. Sie werden hinter uns her sein. Wir wären aus genau denselben Gründen in Gefahr, aus denen wir beliebt wären. Die Menschen werden uns nah sein wollen.«
»Und das können sie auch, indem sie unsere Merchandise-Produkte kaufen!« Ich greife in meine Tasche, die zu meinen Füßen steht, und entfalte mit großer Geste ein schwarzes TShirt, das das neue Logo trägt. Auf der Rückseite steht: Feed the Need . Ein Chor von Oohs und Aahs begleitet die Vorführung des Shirts – mit einer Ausnahme.
»Dieser Scheiß da trivialisiert alles, was wir tun!«, bemerkt Shane. »Haben wir uns nicht immer gegen jede Form der Kommerzialisierung gewehrt?«
David stellt sich neben mich. »Ob’s dir gefällt oder nicht«, hält er Shane entgegen, »in der Musikindustrie ist es schon immer nur um eines gegangen: ums Geld. Und Geld verdient man mit Vermarktung von Musik und dem Aufbau eines Images.«
»Das ist doch Scheiße!« Shane funkelt David an. »Das hat doch nichts mit uns zu tun. So sind wir nicht. Wir befinden uns hier an einem der seltenen Orte, an denen es immer noch um die Musik geht!« Er zeigt auf das TShirt und infolgedessen auch auf mich. » Das korrumpiert unsere ganze Mission!«
Regina stößt ein raues Lachen aus. »Unsere Mission ist es, am Leben zu bleiben!«
»Genau, Shane, du kannst leicht idealistisch sein«, bemerkt Jim. »Du bist noch jung. Du kannst einen neuen Job finden. Zum Teufel, du siehst sogar noch aus wie ein Mensch!« Das letzte Wort ist, zumindest Jims Tonfall nach, eine klare Beleidigung.
»Aber ich bin kein Mensch mehr!« Shane sucht meinen Blick, dann schaut er wieder die anderen Vampire an. »Keiner von uns ist noch ein Mensch. Wenn wir zu viel Zeit in der Öffentlichkeit verbringen, wird irgendwer die Wahrheit herausfinden. Und das Nächste, was passiert, ist, dass wir eines schönen Nachts auf unserem Weg nach Hause in zeitliche Bedrängnis kommen. Und dann heißt es: Good Day Sunshine , soll ich euch’s vorsingen? Und dann kann man uns mit der Kehrschaufel auffegen!«
Ich winde mich bei dieser Vorstellung. Spencer sieht meine Reaktion auf Shanes Worte und neigt den Kopf zur Seite. »Was kümmert dich das? Warum solltest du nicht einfach glücklich und zufrieden sein, wenn wir, puff! , uns in Nichts auflösen?«
Alle Gesichter wenden sich mir zu. Ich lege das TShirt fort. Es dauert einen Augenblick,
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