Roman
er. »Ich habe deine Gefühle so satt. Wie du dich fühlst! Frauen glauben, dass sie sich alles erlauben können. Sie glauben, dass sie Menschen verletzen und schlafen können, mit wem sie wollen, und sich verlieben können, in wen sie wollen, wegen ihrer Gefühle, weil sie ja – oh – so emotional sind.« Voller Sarkasmus schüttelt er den Kopf. »Aber was ist mit dem, was richtig ist? Und was ist mit meinen Gefühlen? Du weißt schon, diese ganze Sache, dass du die Hochzeit abgesagt hast und mir jetzt schon ein ganzes Jahr lang Hoffnungen machst?«
»Hoffnungen?«
»Ja. Du hast mir Hoffnungen gemacht. Tu nicht so, als wüsstest du nicht, dass du das getan hast. Es ging immer um deine Gefühle, Caroline. Immer nur um dich.«
Ich lege mein Gesicht in meine Hände.
»Ich weiß, es tut mir leid.«
»Oh, ich habe so ein schlechtes Gewissen«, äfft er mich nach. »Oh, es ist so schade, dass es nicht funktioniert hat. Oh, wäre es nicht schön, wenn es funktioniert hätte? Vielleicht hatte ich nicht genug Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass wir heiraten, obwohl wir vierzehn Jahre zusammen waren. Vielleicht, ganz vielleicht? Und ich habe dir geglaubt – du hast mir Hoffnungen gemacht. Ich habe immer noch darauf gehofft, dass wir wieder zusammenkommen, kapierst du das nicht? Ich habe gehört, was du gesagt hast, und auch gedacht: vielleicht. Ich dachte, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis du dich wieder fängst, dass es sich lohnt, um dich zu kämpfen.«
»Es tut mir so leid, Martin …« Ich strecke meine Hand aus und lege sie auf seinen Arm, aber er zieht ihn weg.
»Ich habe sogar versucht, neu anzufangen«, fährt er fort, »aber du hast mich nicht gelassen. Bei Polly hatte ich eine Chance, aber ich habe sie wegen dir sausen lassen, habe sie weggestoßen. Du riefst an, weil Lexi verschwunden war, und wirktest, als ob du eifersüchtig auf Polly wärst. Ich meine, warum warst du eifersüchtig auf Polly, wenn du mich nicht mehr liebst?«
Ich denke: weil ich eifersüchtig war. Es ist nicht so einfach, Martin, es ist leider nicht so einfach.
»Ich habe all diese Zeichen gesehen, und ich dachte, es bedeutet etwas. Aber in Wirklichkeit ging es nur um dein schlechtes Gewissen und deine Reue und um dich, dich, dich! Obwohl du nie vorhattest, wieder mit mir zusammen zu sein, obwohl du die ganze Zeit einen verheirateten Mann gebumst hast!«
Martin benutzt nie Wörter wie »bumsen«, und es klingt ein bisschen lächerlich.
Wir sitzen schweigend da. In der ganzen Zeit, die wir uns jetzt kennen, haben wir uns nie angeschwiegen. Mein Herz klopft aufgeregt, und ich fühle mich extrem unwohl in meiner Haut. Ich war so dumm und egoistisch, habe überhaupt nicht an seine Gefühle gedacht. Die ganze Zeit dachte ich, dass ich diese Gefühle nur in meinem Innern habe – das schlechte Gewissen, die Reue und die Eifersucht auf Polly –, dabei habe ich sie laut ausgesprochen. Die ganze Zeit über habe ich ihm diese Gefühle mitgeteilt, und er hat in alles, was ich gesagt habe, etwas hineingelesen.
Martin seufzt.
»Hör zu, Caroline«, fängt er an. Sein Tonfall ist jetzt weicher, mehr so, wie er sonst klingt. »Ich mache dir keine Vorwürfe, weil du mich verlassen hast oder weil du die Hochzeit abgesagt hast. Es hat mir furchtbar wehgetan, aber so ist das Leben. Es gibt kein Richtig oder Falsch in der Liebe. Sie ist einfach. Aber eine Affäre mit einem verheirateten Mann? Ich kann das einfach nicht glauben …«
»Ich weiß. Ich weiß, was du jetzt sagen wirst.«
»Wir haben so oft über deine Mutter gesprochen«, fährt er fort, jetzt in einem väterlichen Ton. »Wie es ihr Leben ruiniert hat – und deine Kindheit. Dass du deinen Vater wegen einer Affäre verloren hast, dass du gesehen hast, wie deine Mutter jedes Vertrauen in das Leben und in die Männer verlor.«
Ich kneife die Augen zu. Er hat recht. So recht.
»Das passiert, wenn Leute sich von ihren Gefühlen leiten lassen. Mehr will ich eigentlich gar nicht sagen. Und ich bin auch nicht perfekt. Ich weiß, dass ich ein pingeliger Langweiler sein kann und manchmal wahrscheinlich herablassend wirke, aber ich glaube wirklich, dass man manchmal – ganz egal, wie sehr man sich dagegen wehrt – das Richtige tun muss, selbst wenn das nicht unbedingt das Richtige für einen selbst ist.«
Bereits nach einem Drink verlassen wir das Lokal. Wir haben alles gesagt, was es zu sagen gab, das hier war nicht als geselliges Beisammensein geplant. Die Luft ist kühl
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