Roman
nicht mehr ertragen!«
Ich gehe, stakse in neuen, unglaublich schmerzhaften Schuhen mit Keilabsatz von Dorothy Perkins auf die Battersea Park Station zu. Mein Marianne-Faithfull-Kleid reibt an meinen nackten Brüsten, und ich bin erfüllt von einer beruhigenden Vorfreude auf den Abend. Ich bin verabredet, gehe zu einem Blind Date, und offensichtlich sehe ich umwerfend aus. Es ist alles in Ordnung.
Während ich durch Aldwych auf die Drury Lane zugehe, rede ich mir selbst gut zu: »Es ist nur eine Verabredung, Caroline, keine Fragestunde. Entspann dich.« Ich hole die Liste für die erste Verabredung aus meiner Tasche und gehe sie noch mal durch: Sei du selbst, lächle, trink nicht so viel. Wie schwer konnte das sein? Sehr schwer, denke ich, als ich das Restaurant erreicht habe. Mein Herz klopft wild, und mein Mund ist so trocken wie Sandpapier. Blitzartig, bevor irgendjemand es sehen kann, drehe ich mich zu einem Autofenster um, in dem ich mich betrachten kann, und hebe die Arme hoch. Meine Ängste werden bestätigt: zwei runde Schweißflecken. Großartig. Na ja, solange ich kein High Five mache, ist es vermutlich okay.
Das Restaurant sieht einladend aus. Draußen ist es immer noch hell, aber es dämmert schon, und das hübsche Gewächs, das sich an einem Bogen über der Tür emporrankt, wirkt vor dem milchigen Himmel besonders grün. Die Laternen sind an, ein Plakat mit goldenen Engeln hängt über der Tür, und drinnen verbreiten Kerzen in dem großen Raum ein gemütliches Licht. Ein toller Ort für eine erste Verabredung; Lex hat das wirklich gut ausgesucht.
Dann gehe ich rein. Es ist nicht so, dass drinnen etwas nicht in Ordnung wäre, es ist nur irgendwie … na ja, originell. Es gibt definitiv ein Thema hier, aber was genau das ist, muss offenbar jeder für sich selbst entscheiden. Ich sehe vergoldete Stühle, Tischdecken aus rotem Knautschsamt und an der Decke und an den Seitenwänden Wandbilder, auf denen Szenen mit römischen Göttern abgebildet sind.
In der Mitte steht ein langer Tisch, an dem bereits eine Gruppe lärmender Ausländer sitzt. Puppen hängen von der Decke – ein bisschen makaber, es erinnert an den Film Chucky – Die Mörderpuppe . Aber erst das, was das Restaurant umgibt, verrät schließlich das Thema, denn auf einer zweiten Ebene, die man nur über Treppen an den Seiten erreichen kann, hängen nachgemachte Opernbalkone, auf denen Leute sitzen und essen.
Ich zupfe an dem Saum meines Etuikleids. Vielleicht hätte ich lieber ein bodenlanges Kleid anziehen sollen, das meinen Busen betont? Etwas, was mich mehr wie Lesley Garrett aussehen lässt?
»Kann ich Ihnen helfen, Madam?« Ein Kellner mit einer schwarzen Fliege kommt auf mich zu.
»Ja, danke. Ich suche …« Scheiße, ich weiß nicht, wen ich suche. Doch dann fällt mir wieder ein, was Lexi gesagt hat. »Ich glaube, er ist oben.«
Der Kellner lächelt mich wissend an. Offensichtlich stand auf meiner Stirn fett » INTERNETVERABREDUNG «.
»Hier entlang«, erklärt er und deutet auf die Treppe, die zu einem der Opernbalkone führt. Ich gehe hinauf und spüre einen neuen Schweißfilm unter den Armen. Es sitzt nur eine Person da, und ich erkenne ihn sofort, obwohl sein Haar jetzt ein kleines bisschen kürzer geschnitten ist.
»Wayne?«
Er dreht sich um.
»Caroline? Oh mein Gott! Was machst du denn hier?«
»Was ich hier mache? Was machst du hier … Oh …« Plötzlich dämmert es mir.
»Ich glaub’s ja nicht …« Er deutet auf mich und lacht. »Diese Lexi Steele, deine Schwester, ist ein ganz schönes Luder.«
»Wem sagst du das.«
Er sieht mich mit diesem Lang-genug-um-mich-in-die-andere-Richtung-schauen-zu-lassen-Blick an.
Ich sage: »Also, ich muss sagen, dein Profil ist wirklich irreführend.« (Im Zweifelsfall einen Witz machen.) »Du hast geschrieben, du wärst groß, gut aussehend und hättest noch alle deine Haare.«
Wayne zieht an seinen strohblonden Haaren. »Wie kannst du es wagen? Das hier ist meine beste Perücke. An der Größe kann ich nicht viel ändern, fürchte ich. Ich ende hier …« Er zeigt auf die Stelle, wo der Tisch an seine Hüfte stößt. »Ich bestehe nur aus Oberkörper. Und was das gute Aussehen angeht, also ehrlich, ihr Frauen seid wirklich schwer zufriedenzustellen.«
Ich lache. Dann ist er eben witzig. Und sieht gut aus. Sogar noch besser, als ich es in Erinnerung hatte. Er ist über den Sommer braun geworden und hat jetzt süße Sommersprossen auf der Nase. Er trägt einen teuer
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