meiner Beunruhigung geht sie nicht ans Telefon, bis endlich gegen Mittag – als ich gerade mit meiner PowerPoint-Präsentation (genauer gesagt mit einer sehr gut gemachten Tortengrafik) beschäftigt bin, in der die Gründe für die Zuwächse der Mundhygiene-Artikel im Asda-Onlineshop dargestellt sind – das Duschszenengeräusch aus Psycho ertönt. Sofort schnappe ich mir das Handy, das auf dem Tisch liegt, aber es zuckt in meiner Hand wie eine lebendige Forelle.
Es ist eine SMS .
Bin in der Stadt. So’n Oldie wollte uns hartes Zeug verticken! WMPL !
C u l8r
DWBH . (Smiley)
Ha ha. Lol. Lex xxxxx
Was?
»Bin in der Stadt« ist alles, was ich verstehe. Also ist sie in der Stadt, aber wo in der Stadt? In Soho? In Shoreditch? Am letzten Ende von Hackney?
Sofort schreibe ich Toby eine Mail. Er hat einen neunzehnjährigen Bruder. Er wird wissen, was sie damit meint.
An:
[email protected] Von:
[email protected] Diese SMS ist von Lexi. Muss ich mir Sorgen machen?
Bin in der Stadt. So’n Oldie wollte uns hartes Zeug verticken! WMPL !
C u l8r
DWBH . (Smiley)
Ha ha. Lol. Lex xxxxx
Fünf Sekunden später ertönt das »Ping« einer neuen Mail in meinem Postfach.
Von:
[email protected] Betreff: Übersetzungsservice von »Die Kids von heute«
Ein alter Knacker wollte ihr Drogen verkaufen. Dabei hat sie sich fast in die Hose gemacht vor Lachen (wet my pants laughing). Sie sagt: Don’t worry be happy!
An:
[email protected] Keine Sorgen machen? Ich STERBE vor Sorge. Ich glaube nicht, dass ich mit dieser Verantwortung für einen anderen Menschen und dieser Zusammenwohnen-Geschichte klarkomme, du hast recht.
Er schreibt zurück.
Von:
[email protected] Entspann dich. Könnte doch lustig werden. Ich fänd’s toll, wenn sich eine Siebzehnjährige den ganzen Sommer über mein Geschwafel kaputtlachen würde. Obwohl mir da noch etwas eingefallen ist. Dir vielleicht auch? Ändert die Tatsache, dass deine Schwester bei dir wohnt, etwas an dem Buchclub? Ich meine, müssen wir uns einen anderen Treffpunkt suchen??!
Ich schreibe zurück.
Das, Mr Delaney, ist das Letzte, worüber ich mir gerade Gedanken mache.
4
Als ich aus dem Büro nach Hause komme, sonnt sich Lexi im Garten. Erst als sie die Ausgabe von Time Out hochhebt, in der sie liest, und mit dieser komisch tiefen Stimme mit mir redet (ich stelle fest, dass sie kaum je normal spricht), fällt mir auf, dass sie oben ohne ist.
»Guten Taaaag. Du bist früh dran. War’s gut im Büro?«
»Ja, gut, danke.« Ich weiß nicht, wo ich hingucken soll, deshalb interessiere ich mich plötzlich für den Türrahmen. »Sehr produktiv.«
»Toll.« Sie lächelt fröhlich. Ihre langen Beine sind auf der Liege ausgestreckt. Sie trägt grellroten Lippenstift und eine riesige viereckige Sonnenbrille. »Und? Wie findest du’s?«
»Was?«
»Na, mein Tattoo, Dampfhirn!« Sie streckt mir ihren rechten Arm hin.
Voller Entsetzen blicke ich auf den Anker (einen Anker?) mitten auf ihrem rechten Oberarm. Ich kann es nicht glauben. Dad wird mich umbringen. Ich habe das überwältigende Bedürfnis, meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen.
»Das hast du heute machen lassen?«
»Ja, gefällt es dir nicht? Es sieht aus wie das von Amy Winehouse. Ironisch irgendwie, oder, dieses Matrosensymbol?«
»Wer hat dir das angetan?«
»Ein Tattoo-Künstler hat mir das angetan.« Sie lacht. »Ein sehr attraktiver Tattoo-Künstler, der aussah wie Paolo Nutini, wenn du es genau wissen willst.«
Wer zum Teufel ist Paolo Nutini?
»Wo?«
»Am Camden Market. Es ist voll krass da. Ich hätte ein Vermögen ausgeben können. Und weißt du was? Ich habe einen Job!« Sie stützt sich auf die Ellbogen, und ich muss den Blick abwenden, damit es nicht so aussieht, als würde ich auf ihren Busen starren. »Ich habe diesen Typen namens Wayne getroffen.«
»Wayne?« Ich verziehe das Gesicht. »Unglücklicher Name.«
»Ich weiß, aber er hat den absolut abgefahrensten Laden überhaupt. Na ja, er gehört nicht ihm, sondern seinem Kumpel, aber er arbeitet halbtags dort. Wir sind ins Gespräch gekommen, weil er ursprünglich aus Sheffield kommt und sein Akzent auffällt. Ich sagte, ich sei den Sommer über hier, und er meinte, er bräuchte Hilfe an den Wochenenden und manchmal auch unter der Woche, deshalb …«
»Warte. Wer ist dieser Wayne?«
»Er hat einen Laden am Camden Market, hab ich doch schon gesagt. Und er wohnt in Battersea!«
»Wo?«
»Auf einem Boot, ist das nicht