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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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der Wahnsinn? Willst du sehen, was ich mir noch gekauft habe?«
    »Ja, sicher.« Ich beschließe, später auf diese Wayne-Sache zurückzukommen; das geht mir alles zu schnell. Also steht sie auf und läuft auf ihren dünnen Storchenbeinen durch den Garten. Sie nimmt meine Hand.
    »Komm mit in mein Boudoir«, fordert sie mich auf, was in ihrem breiten Yorkshire-Akzent lächerlich klingt, und ich folge ihr hilflos.
    Wir gehen durch das Wohnzimmer.
    »Sorry wegen der Unordnung«, entschuldigt sie sich und tritt auf die Kissen, die sie vorher auf den Boden geworfen haben muss. »Ich habe die neuen Sachen anprobiert und wollte gerade aufräumen, als du kamst.«
    »Schon gut!«, lüge ich und lege die Kissen hastig wieder zurück auf das Sofa.
    Wir gehen ins Gästezimmer.
    »Okay, warte hier.« Sie legt ihre Hände auf meine Schultern und schiebt mich an die Wand. Und dann geht sie rein und schließt die Tür, sodass ich zurückbleibe, sie anstarre und mir plötzlich wie eine Fremde in meinem eigenen Haus vorkomme. Fünf Sekunden später ertönt Musik.
    »Ta-da!« Sie reißt die Tür auf.
    »Nett«, kommentiere ich. »Was genau ist das?«
    »Das ist ein Playsuit. Ein echtes Vintage-Stück.« Es sieht aus wie ein enges Unterhemd mit angenähter Hose.
    »Und wann würdest du so was anziehen?«
    »Immer, zum Einkaufen?«
    Nicht, wenn du mit mir einkaufen gehst!
    »Wenn ich in einem Café im Battersea Park rumhänge, vielleicht mit hochhackigen Sandalen«, überlegt sie und nimmt eine Pose ein wie die Damen in Badeanzügen auf diesen alten Postkarten aus den Zwanzigerjahren.
    »Und ich habe noch die hier …« Sie hält mir ein Paar Schuhe vor das Gesicht. »Und das hier …« Sie setzt einen violetten Filzhut auf. »Ist der cool, oder was? Da gab es jede Menge Stände und ein paar echt krasse Typen, die was verkauft haben. Da war dieser Kerl, okay, der zu mir kam und mir ›Marijuana‹ verkaufen wollte, aber er hat es mit ›j‹ ausgesprochen, worüber ich mich echt kaputtgelacht habe. Er meinte: ›Willste Mari-ju-ana?‹« Sie legt ihre Hand über ihre Lippen und spricht es mit einem überzeugenden jamaikanischen Akzent, der mich gegen meinen Willen zum Lachen bringt. Ein bisschen. »Und dann meinte er: ›Willste Heroin?‹ Da habe ich dir die SMS geschrieben.«
    Heroin? Am Camden Market? Warum hat man mir am Camden Market noch nie Heroin angeboten? Na ja, könnte sein, dass ich noch nie am Camden Market war …
    »Und weißt du was? Jerome war da!«
    »Wer zum Teufel ist Jerome?«
    »Ein Typ, den ich im Zug hierher getroffen hab. Du weißt schon, der, der mich gestern angerufen hat.«
    Dann war das der Kerl, mit dem sie so geflirtet hat.
    »Jedenfalls ist er was Besonderes, wirklich. Ein echt krasser Typ. Er sagt, er will Fotos von mir machen. Er meint, ich sähe interessant aus.«
    »Lexi«, stöhne ich. Ich habe da dieses Gefühl, so was wie »Haltet den Zug an, ich will aussteigen«. »Du kannst dich nicht mit irgendeinem Kerl treffen, den du im Zug kennengelernt hast, und dich von ihm fotografieren lassen. Das hier ist London. Eine große, unheimliche, gefährliche Stadt.«
    Ich muss schon den ganzen Tag daran denken, was Dad am Telefon gesagt hat, aber erst später – nachdem ich eine halbe Flasche Wein intus habe – finde ich den Mut, es anzusprechen.
    »Du, Lexi …« Sie liegt in ihrem Playsuit auf dem Sofa, das Laptop auf dem Schoß, und ist mit einem Auge bei Facebook. »Ich glaube, wir müssen uns unterhalten.«
    »Wow, das klingt ernst. Willst du mich loswerden?«
    »Nein!« Manchmal kommt mir Lexi so erwachsen vor. Doch dann sagt sie so etwas wie eben und klingt wie zwölf.
    Ich strecke den Arm aus und klappe ihr Laptop zu.
    »Hör zu, du weißt, dass du gerne bei mir wohnen kannst …«
    »Aber«, sagt sie.
    »Aber?«
    »Da kommt doch jetzt ein ›Aber‹, oder nicht?«
    »Nein, nicht wirklich.« Gott, ich kann so was einfach nicht. »Es ist nur so, dass Dad sich Sorgen um dich macht. Ich mache mir Sorgen. Ich glaube, du brauchst einen Plan für den Sommer, das ist alles.«
    »Was für einen Plan?«
    »Einen Plan, du weißt schon. Eine Richtung. Ein Ziel.«
    »Gott, jetzt klingst du wie Mum und Dad. Die können nicht mal zum Klo gehen ohne ein persönliches Ziel.«
    Den Vergleich nehme ich ihr übel. Ich empfinde meine Vorschläge, auf was Lexi sich konzentrieren sollte, nicht als »Motivationsauslotung« auf dem Niveau der Vorträge (es sind eher evangelikale Predigten), die Dad und Cassandra als

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