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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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dieses Kleid schon angehabt?«
    »Warum? Was geht dich das an?«
    »Komm schon, ich will es bloß wissen. Wie oft hattest du es – sagen wir, in den letzten sechs Monaten – an?«
    Ich weiß nicht, wie es zu dieser Brautkleid-Sache gekommen ist, es passierte einfach, ein kleines ausschweifendes Ritual, das außer Kontrolle geriet. Es war ein bisschen so wie bei Leuten, die das Bedürfnis haben, sich nach dem Ende einer Beziehung die Haare kurz schneiden zu lassen oder rauszugehen und sich zu betrinken.
    Dieses Kleid war im Übrigen total traumhaft, ein Modell im Vintage-Stil mit Seidenärmeln, die bis zur Hüfte reichten, und einer anderthalb Meter langen Schleppe. Ich habe mir vorgestellt, wie ich darin auf den Altar zugehe, lächelnd und strahlend an meinem Hochzeitstag, Arm in Arm mit Dad, der diesen einen Tag lang für mich da sein würde. Nur für mich. Ich wäre eine Erfolgsstory gewesen. Weil jemand mich genug wollte und liebte, um mich zu heiraten.
    Aber jetzt riecht dieses Kleid, das eigentlich meine Zukunft repräsentieren sollte, nur ein bisschen nach Zigarettenqualm und Bedauern und hängt ganz hinten in meinem Schrank, um herausgeholt zu werden, wenn wieder eine meiner Beziehungen gescheitert ist, damit ich dem hinterhertrauern kann, was hätte sein können.
    Natürlich hat Lexi recht; das erste Mal habe ich es zwei Monate nach der Trennung von Martin herausgeholt, was einen Monat nach der Hochzeit war, die niemals stattfand, was – wie ich schon sagte – jetzt fast ein Jahr her ist, und ich habe immer noch ein furchtbar schlechtes Gewissen deswegen …
    »Hallo?«, ruft Lexi. Ihre Stimme hat jetzt diesen computergenerierten Klang. »Erde an Caroline Steele. Erde an Caroline Marie Steele …«
    »Dreimal, okay? Ich hatte das Kleid dreimal an.«
    Sie hebt eine Augenbraue.
    »Okay, vielleicht auch fünfmal. Und ja, wenn du es unbedingt wissen willst, ich habe es einmal angezogen und mich betrunken und Pat Benatar gehört, weil ich traurig war wegen Martin. Aber deswegen hatte ich es nicht an, als du ankamst.«
    »Okay, erwischt«, sagt Lexi. »Wegen wem warst du dann traurig?«
    Wegen wem? Das ist schwer zu sagen. Seit Martin und dem ersten Tragen des Kleides hat es eine ganze Reihe von Opfern gegeben: Nathan – ein Neuseeländer, den ich auf einer Firmenveranstaltung kennenlernte und den ich ganz toll fand, der mich aber dann schon drei Wochen, nachdem wir zusammengekommen waren, fragte, ob ich mit ihm nach Neuseeland fahren und seine Mutter kennenlernen wollte. Ich bog sofort scharf in die andere Richtung ab. Dann war da Mark – mit ihm verband ich große Hoffnungen, ich hätte mich wirklich in seine grauen Augen und seine Vorliebe für französische Filme verlieben können, aber dann wurde mir klar, dass er einfach nur überheblich war. Am Ende konnte ich es nicht mehr ertragen, von ihm »Caroleeen« genannt zu werden. (Wenn er wirklich Franzose gewesen wäre, dann hätte es mich nicht gestört, aber das war er nicht, er kam aus Walsall.) Und natürlich war da noch Garf, der liebenswerte Garf, den ich auf der Hochzeit seiner Schwester verließ, die auf dem Hunderennplatz in Walthamstow stattfand. (Nicht, dass die Begeisterung seiner Familie für Hunderennen etwas mit dem abrupten Ende unserer Beziehung zu tun gehabt hätte.) Er war der Netteste von allen, und er hätte mich wirklich lieben können, aber ich konnte ihn nicht lieben, wahrscheinlich weil ich da schon dabei war, mich in jemand anders zu verlieben, ohne mir dessen bewusst zu sein.
    Also zeichnete sich ein Muster ab. Jedes Mal, wenn eine Beziehung endete, wurde ich sentimental und betrank mich allein in meinem Brautkleid. Aber eigentlich war ich gar nicht traurig wegen Nathan oder Mark oder Garf, ich war nur traurig darüber, dass ich mit zweiunddreißig den Richtigen noch immer nicht gefunden hatte, und ich fragte mich, ob die Trennung von Martin nicht ein großer Fehler gewesen war. Schließlich liebte ich ihn immer noch, selbst wenn er gesetzt war, nervige Eltern hatte und drei Stunden damit verbringen konnte, das perfekte Pesto zuzubereiten. Ich wusste nur einfach nicht, ob ich jemals in ihn verliebt gewesen war, das ist alles, jedenfalls nicht nach den ersten Jahren. Aber je älter ich werde und je komplizierter das Leben wird, desto öfter frage ich mich, ob nicht statt des Verliebtseins auch einfach Liebe reicht, von der jeder weiß, dass sie der solide, verlässliche Beton ist, den man noch unter den Füßen hat, wenn der

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