Roman
den Schwangerschaftstest entgegennehme, während Lexi hinter mir unruhig wartet und so tut, als würde sie sich Shampoos ansehen.
»Sagen Sie ihr, dass da zwei drin sind«, flüstert sie. »Wie lange ist sie drüber?«
»Ungefähr vierzehn Tage, könnte auch mehr sein. Im Grunde hatte sie ihre Periode einmal gar nicht.«
Sie verzieht mitleidig das Gesicht.
»Ich weiß«, sage ich. »Es sieht nicht gut aus, oder?«
»Na ja, Stress kann so etwas in dem Alter auch verursachen. Hat sie Stress?«
»Ich weiß nicht, das ist schwer von den fünfhundert anderen Stimmungen zu unterscheiden, die sie innerhalb einer Stunde so durchläuft.«
Die Frau lacht lautlos.
»Sagen Sie ihr, dass es im Women’s Wellness Centre eine gute Beratung gibt, falls es nicht die Nachricht ist, auf die Sie hoffen«, erklärt sie mit einem mitfühlenden Lächeln.
»Danke, das ist wirklich nett«, sage ich und denke: Lieber Gott, bitte nicht! Nein, nein, nein! In den zwei Wochen dieses Sommers hat es jetzt schon mehr Dramen gegeben, als ich im ganzen letzten Jahr erlebt habe. Ich bin nicht sicher, ob ich noch sehr viel mehr aushalte.
»Möchtest du, dass ich mit dir ins Bad komme?«
Wir sind jetzt zu Hause. Lexi schüttelt den Kopf.
»Möchtest du, dass ich vor der Tür warte, oder soll ich gehen und irgendwas machen?«
»Ich glaube, du kannst gehen und was machen.«
»Weißt du, was du tun musst?«
»Einfach auf den Stift pinkeln?«
»Genau. Dann legst du ihn zur Seite und wartest eine Minute.«
Lexi zögert und beißt sich auf die Lippe.
»Was soll ich in der Minute tun?«
»Äh, ich würde vermutlich beten.«
Sie lächelt schwach, dann verschwindet sie hinter der Tür.
Natürlich gehe ich nicht und mache irgendwas. Stattdessen stehe ich kerzengerade an der Wand neben dem Badezimmer und stützte sie. Was, wenn sie schwanger ist? Ehrlich gesagt sieht es so aus. »Ungefähr« zwei Wochen drüber, hat sie mir gesagt. Ungefähr?, dachte ich. Guter Gott! Wenn meine Periode nur eine Stunde zu spät käme, wäre ich schon in der Apotheke und würde mir einen Test besorgen.
Ich gehe den Aktionsplan durch, falls sie es ist. Mir die Hauptpunkte ins Gedächtnis zu rufen hilft mir, meinen Herzschlag zu beruhigen.
Dad anrufen. Bin ich wahnsinnig? Natürlich würde ich Dad nicht anrufen! Habe ich Dad angerufen, als ich herausfand, dass ich schwanger war? Nein. Auf keinen Fall. Und habe ich Mum angerufen? Nein. Mum hätte mir eine runtergehauen, und Dad wäre in Tränen ausgebrochen. Beides nutzlos, aber so ungefähr war das bei uns zu Hause.
Eine Schwangerschaftsberatung organisieren, um über ihre »Möglichkeiten« zu sprechen. Nicht, dass ich damals bei einer Beratung gewesen wäre. Martin hatte mich beraten. Allein bei dem Gedanken an die Stunden, die er mir während jener wenigen Wochen widmete, zieht sich noch immer mein Magen zusammen. Dennoch war es mein Körper, das hatte er doch gesagt, nicht wahr? Mein Körper. Meine Entscheidung.
Die Badezimmertür öffnet sich quietschend einen Spalt, und ein »Könntest du bitte reinkommen?« ertönt. Hilfe. Es ist so weit.
Sie gibt mir den Test. Ich sehe sie an, aber ihr Gesicht ist ernst, ich kann nichts darin lesen.
Ich nehme den Test in die Hand. Ich schließe die Augen. Erst dann – nachdem ich ein Stoßgebet zum Himmel geschickt und mich für meine vergangenen Sünden entschuldigt habe, inklusive aller bösen Gedanken über Rachel und ihr Doppelkinn und ihre schlecht geschnittenen Jeans – öffne ich ein Auge. Ich hebe meinen Daumen vom Sichtfenster, danach öffne ich das andere.
»Nicht schwanger« steht da in grellen blauen Buchstaben.
Ich schüttele den Kopf.
»Du kleine Kröte!«
Lexi fängt an zu kichern, dann lacht sie, was mich auch lachen lässt. Bevor wir uns versehen – muss das Adrenalin sein, die überwältigende Erleichterung –, liegen wir beide auf dem Badezimmerboden und machen uns fast in die Hose vor Lachen über etwas, das – seien wir ehrlich – den Sommer völlig verändert hätte. Und nicht auf eine positive Art und Weise.
»Ich glaube, du kommst von jetzt an besser mit mir ins Büro, damit du etwas Arbeitspraxis bekommst. Ich organisiere das nächste Woche.«
Wir liegen beide auf dem Badezimmerboden und starren für ungefähr fünfzehn Minuten an die Decke.
»Alexis und Caroline liegen jetzt seit ungefähr fünfzehn Minuten auf dem Badezimmerboden«, sagt Lexi mit der Stimme des Kommentators von Big Brother .
»Ich meine es ernst!«, versichere
Weitere Kostenlose Bücher