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Roman mit Kokain (German Edition)

Roman mit Kokain (German Edition)

Titel: Roman mit Kokain (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Agejew
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des blau-weißen Kachelbodens an. Das letzte Fenster streift mit einem Stück Sonne die Augen, dann folgt die dunkle Feuchtigkeit der Garderobe, auf deren Asphaltboden die Schuhsohlen kleben bleiben, als wären sie festgeschraubt. Und da wieder eine Treppe, nach oben. Den Anfang weiß ich schon: «Als wahrer Christ möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen …» , weiter ist unwichtig, weiter wird es ganz von alleine gehen, ganz von alleine – dabei setzte ich den Fuß drei Stufen weiter oben auf und ächzte, während ich mich abdrückte, «ganz von alleine » .
    Um drei Stufen auf einmal zu nehmen, noch dazu, wenn sie so hoch waren wie in unserer Schule, musste man sich fast auf die Treppe legen und den Kopf dabei tief geneigt halten. Und so bemerkte ich nicht, dass mich am oberen Treppenabsatz schon lange, in seinem schwarzen Gehrock und mit Schlangenaugen, der Direktor unseres Gymnasiums, Richard Sebastianowitsch Kejman, erwartete. Erst wenige Stufen unter ihm hatte ich plötzlich die immer größer werdenden Säulen seiner Beine vor Augen, die mich zurückwarfen, als hätten sie auf mich geschossen, ohne mich zu treffen.
    Schweigend sah er mich mit seinem himbeerfarbenen Gesicht mit dem schwarzen, keilförmigen Bart an. «Wos ist los mit Ihnen ?» , fragte er schließlich. Sein verächtliches und feindseliges «Wos » statt «Was » und die Art, wie er dazu die Lippen unter dem Bart gleichsam zu einem Kuss hervorspitzte, waren der Schalter, mit dem er seit acht Jahren unsere Herzen stillstehen ließ.
    Ich schwieg beschämt.
    «Wos mit Ihnen los ist » , wiederholte Kejman, seine Stimme schwang sich vom verächtlichen Bariton empor in die Höhen eines aufgeregten und beunruhigenden Tenors.
    Ich zitterte an Armen und Beinen. Im Magen lag mir der wohlbekannte Eisblock. Ich schwieg.
    «Äch wäll wässen, wäs däs äst mät Ähnen !», schrie Kejman in schrillem Falsett, dabei ersetzte er alle Vokale durch ein «ä » , damit ihm die Stimme nicht versagte. Sein aufschreiendes Gezeter hallte von den steinernen Decken zurück und schraubte sich über die marmorne Paradetreppe hoch.
    Während ich in den Schreipausen des Direktors ergebnislos versuchte, das Mitleid mit Burkewitz in mir wiederzuerwecken – das mir jetzt weniger nachvollziehbar schien und schon wie versiegt war, mich aber hierher getrieben hatte – , fühlte ich gleichzeitig eine Kraft in mir wachsen: die Kraft eines gewaltigen Grolls gegen den roten Kejman, der mich gerade anbrüllte.
    Mit Freude registrierte ich, dass dieser Groll mich in einen Taumel versetzte, der nötig war, um mich nicht zu blamieren und die Worte sagen zu können, die ich vorhin hatte sagen wollen; ich erfasste indes auch vage, dass diese Worte zwar dieselben sein würden, ich sie unter dem Einfluss meines Gefühlswandels aber aus einem anderen Grund sagen würde. Eben noch wollte ich sie aus dem Wunsch heraus sagen, mir selbst Schmerzen zuzufügen, jetzt einzig, um Kejman Schmerzen zuzufügen und ihn zu beleidigen. Mit meinem Gesichtsausdruck und dem Klang meiner Stimme würzte ich jedes Wort, sodass sie wie bittere Schläge in die rote Direktorenvisage waren – ich sagte: «Als wahrer Christ bin ich ganz und gar imstande …» ,aber gerade als ich schon völlig außer Atem war vor grollendem Hass, unterbrach mich das heiße Gewicht einer Hand, die sich mir auf den Nacken gelegt hatte. Mit einem Auge erspähte ich eine violette Brust und auf ihr das heftige Auf und Nieder eines goldenen hammerartigen Kreuzes.
    «Sie, Richard Sebastianowitsch, mögen mir bitte verzeihen, dass ich mich einmische » , sagte der Vater, dessen stupsnasiges, altes Gesicht sich doppelte und vor meinem verdrehten Blick verschwamm. «Er befindet sich auf dem Weg zu mir. »
    Nachdem er das gesagt hatte, legte er einen Arm um meine Schulter, wandte den Blick in meine Richtung, schaute dann wieder zum Direktor und kniff vielsagend die Augen zusammen. «Wir haben etwas zu klären, etwas ganz und gar Außerschulisches. Er ist auf dem Weg zu mir .»
    Aus Direktor Kejman wurde plötzlich ein Bonvivant: «Du liebe Güte, mein Vater, das konnte ich nicht wissen. Sie entschuldigen mich bitte .» Kejman machte eine weite, einladende Geste in meine Richtung, so wie auf der Bühne der Gastgeber an einen Tisch voller Speisen bittet, dann drehte er uns den Rücken zu, knöpfte seinen Gehrock auf, legte die Hände in die Taschen, ging wankend und schlurfend zur marmornen Treppe, wie zu einer Dame, die er zum Tanz

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