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Roman mit Kokain (German Edition)

Roman mit Kokain (German Edition)

Titel: Roman mit Kokain (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Agejew
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Sie doch, Sie stören nur » , und dann wieder zu mir: «Ja, also verstehen Sie, sobald ich Ihnen die Prise unter die Nase halte, dürfen Sie nicht mehr aus atmen, sondern müssen einatmen. Jetzt haben Sie begriffen, nicht wahr ?» , sagte sie und portionierte das Kokain auf dem Zahnstocher.
    Gehorsam, so wie sie befohlen hatte, hielt ich den Atem an und atmete dann ein, sobald ich das Kitzeln des Zahnstochers am Nasenloch fühlte. «Sehr gut » , sagte Nelli, «jetzt noch einmal » , und sie tauchte den Zahnstocher wieder in das Pulver. Von der ersten Prise merkte ich in der Nase gar nichts; höchstens – und das auch nur kurz, als ich durch die Nase einatmete – einen eigenartigen, aber nicht unangenehmen Apothekengeruch, der sich verflüchtigt hatte, sobald ich ihn in mich eingesogen hatte. Wieder fühlte ich den Zahnstocher, nun beim anderen Nasenloch, wieder atmete ich tief ein, nur war ich dieses Mal mutiger und tat es kräftiger. Ich war offensichtlich aber zu eifrig, denn ich fühlte, wie das eingeatmete Pulver kitzelnd den Nasen-Rachen-Raum erreichte, und reflexhaft schluckend fühlte ich sogleich, wie sich vom Kehlkopf her mit der Spucke widerliche, starke Bitterkeit in meinem Mund ausbreitete.
    Als ich Nellis prüfendem Blick begegnete, bemühte ich mich, mir nichts anmerken zu lassen. Ihre sonst schmutzigblauen Augen waren jetzt ganz schwarz, und nur ein schmaler blauer Streifen umgab ihre schwarze, schrecklich geweitete, feurige Pupille. Ihre Lippen waren wie bei Mik ständig in Bewegung, sie befeuchtete sie immerzu, und ich wollte schon fragen, was sie denn da lutschen, aber genau in dem Moment ging Nelli, nachdem sie Mik den Zahnstocher zurückgegeben und mein Pulver aufgeräumt hatte, schnell zur Tür, drehte sich um, sagte: «Ich bin in einer Minute wieder da» – und ging hinaus.
    Die Bitterkeit in meinem Mund war fast ganz verschwunden, es blieb nur ein Gefühl von Kälte im Rachen und am Zahnfleisch, wie wenn man bei Frost lange mit weit geöffnetem Mund atmet, ihn dann schließt und er einem noch kälter vorkommt, weil die Spucke so warm ist. Auch die Zähne waren ganz eisig, und wenn ich einen Zahn drückte, konnte ich fühlen, wie der Druck sich schmerzlos auf alle anderen ausdehnte, als wären sie miteinander verklebt.
    «Sie dürfen jetzt nur durch die Nase atmen » , sagte Mik, und wirklich fiel das Atmen so leicht, als hätten sich meine Nasenlöcher ungewöhnlich geweitet und als wäre die Luft besonders leicht und frisch. «Na, na, na, na » , gebot Mik mir mit einer erschreckten Armbewegung Einhalt, als er sah, dass ich ein Taschentuch herausholte. «Das legen Sie besser wieder weg, das sollten Sie nicht tun » , sagte er streng. «Aber wenn ich mich doch schnäuzen muss » , beharrte ich. «Was reden Sie denn da ?» , sagte er, schob den Kopf vor und presste die Faust an die Stirn. «Welcher Idiot schnäuzt sich denn nach einer Prise Koks? Hat man so was schon mal gehört? Schlucken Sie. Dafür ist es doch Kokain und nicht irgendein Mittel gegen Schnupfen .»
    Sander setzte sich währenddessen, sein Briefchen in der Hand, auf den Stuhlrand, saß dort eine Weile schweigend, wackelte mit dem Kopf und lief dann, als hätte er einen Entschluss gefasst, zur Tür. «Hör mal, Sander » , hielt Mik ihn auf, «klopf mal Nelli heraus, die soll schneller machen. Und du beeil dich auch, ich bin schließlich auch noch nicht tot .»
    Nachdem Sander in merkwürdigen Bewegungen schreckhaft und vorsichtig die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte ich Mik, was los sei und wozu die alle hinausgingen. «Ach, nichts weiter » , antwortete er (er sprach auch schon merkwürdig, irgendwie durch die Zähne), «die ersten Prisen schlagen nur etwas auf den Magen, aber es geht ganz schnell wieder vorbei, und dann merkt man bis zum Ende nichts mehr. Bei Ihnen kann das aber noch nicht passieren » , fügte er beruhigend hinzu, während er an der Tür lauschte. «Ich glaube, bei mir wirkt das Kokain nicht » , sagte ich plötzlich, für mich selbst unerwartet, dabei empfand ich beim klaren Klang meiner Stimme ein solches Wohlgefallen, eine solche Begeisterung, als hätte ich etwas schrecklich Kluges von mir gegeben. Mik durchschritt eigens das ganze Zimmer, um mir herablassend auf die Schulter zu klopfen. «Das können Sie Ihrer Großmutter erzählen » , sagte er. Dann lächelte er mich mit einem unguten Lächeln an, trat wieder zur Tür, öffnete sie und ging hinaus.

4
    Jetzt ist niemand mehr im Zimmer,

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