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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Nollau
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diesem Entschluss, verließ Kristina ihr Hotelzimmer und ging in die Lobby hinunter. Sie würde den beiden gestehen, dass sie die Hosen voll hatte und deshalb nicht springen würde. Und überhaupt, wer waren schon Sandra und Paul? Für zwei Fremde würde sie ihr Leben doch nicht riskieren. Sie musste niemandem mehr etwas beweisen.
    Kaum hatte Kristina die Lobby betreten, stürmte ihr auch schon Sandra entgegen. „Gut geschlafen? Paul wartet draußen im Wagen.“ Sie hakte sich bei Kristina unter und zog sie mit sich.
    „Ich kann das nicht machen“, setzte Kristina an. „Ich glaube, ich habe gestern Abend zu tief ins Glas geschaut. Aber jetzt, mit klarem Kopf …“
    „Papperlapapp“, würgte Sandra sie ab und begleitete sie zum Auto. „Da, wo die Angst ist, da ist der Weg.“
    „Morsche“, begrüßte Paul sie. „Na, aufgeregt? Das ist jeder, das bin sogar ich noch vor jedem Sprung. Denk einfach nicht daran.“
    „Quatsch. Das ist das Vorspiel“, erklärte Sandra. „Genieß das Kribbeln.“
    Kristina setzte sich auf den Rücksitz. Dann startete Paul den Wagen und fuhr los. Kristina hatte das Gefühl, auf direktem Weg zur Schlachtbank unterwegs zu sein. Während der Fahrt redeten Paul und Sandra ohne Punkt und Komma, als ginge es darum, einen Wettstreit im Dauerbabbeln zu gewinnen. Kristina hörte nur mit halbem Ohr zu. Schon jetzt pochte ihr Herz bedrohlich schnell in der Brust, und ihre Hände waren schweißnass. Vor ihrem geistigen Auge sah sie sich auf halbe Körperlänge zusammengestaucht im Boden stecken.
    Wie in Trance erreichte Kristina, eskortiert von Sandra und Paul, den kleinen Flugplatz, auf dem an diesem Morgen bereits geschäftiges Treiben herrschte. Springer bereiteten sich auf ihren Sprung vor. Fallschirme lagen auf dem Boden und wurden routiniert zusammengelegt. Es wurde geschäkert, gefachsimpelt und diskutiert.
    Ein Mann kam auf sie zu und hielt ihr einen Overall vor den Körper. „Der müsste passen“, sagte er und drückte ihr das Kleidungsstück mitsamt Helm in die Hand. „Ich heiße übrigens Serengeti und leite den Kurs.“
    „Serengeti?“ Kristina schüttelte den Kopf. Alles Verrückte hier. „Danke, aber den brauch ich nicht, ich werde nämlich nicht springen. Ich bin nur hier zum Zuschauen“, knurrte sie.
    Doch Serengeti nahm den Overall nicht zurück, sondern ging völlig unbeeindruckt weg, um die männlichen Kursteilnehmer mit Springeranzügen und Helmen auszustatten.
    Sandra legte einen Arm um Kristinas Schultern. „Jetzt kommt erst mal nur das Trockentraining auf dem Boden. Also kein Grund zur Panik. Serengeti ist der Beste. Der brieft dich wie kein anderer. Das machst du alles mit links, versprochen. Und danach traust du dich auch.“
    „Ich glaub dir kein Wort.“
    Sandra nahm sie in den Arm und drückte sie wie eine Mutter fest an ihren großen Busen. „Kristina, schau mich an. Ich bin über 60 und mache das noch.“
    „Alter schützt vor Torheit nicht.“
    Schließlich packte Sandra sie bei den Schultern. „Mädchen, du musst raus aus deinem engen Korsett und das Leben in vollen Zügen genießen.“
    Kristina löste sich von ihr und erklärte: „Dafür reichen mir ein gutes Essen und ein Glas Wein. Ich bin da ganz bescheiden.“
    „Nur weil du nicht weißt, was alles in dir steckt. Jetzt gehst du da rein.“ Sie deutete auf das Flughafengebäude. „Da findest du Umkleidekabinen. Danach kommst du wieder her und lernst erst mal die Theorie.“
    Kristina spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. „Ich will heim“, jammerte sie.
    Daraufhin schob Sandra sie sanft an. „Also ab mit dir. Erst umziehen, dann fangen wir an.“
    Als Kristina aus der Umkleidekabine herauskam, erfuhr sie, dass sie heute nicht die Einzige war, die springen würde. Abgesehen von ihr hatten sich sechs Männer eingefunden, um den Sprung ins Nichts zu wagen. Allerdings war sie definitiv die einzige Frau, die bescheuert genug war, um sich das hier anzutun.
    „Okay, Sportsfreunde und -freundinnen, legen wir los“, begrüßte Serengeti seine Truppe und zwinkerte Kristina aufmunternd zu.
    „Ich muss mal“, sagte Kristina und sauste davon. Ihre Blase arbeitete auf Hochtouren.
    Als sie sich wieder zu der Gruppe gesellte, erklärte der Lehrer gerade, worauf es beim Springen ankam. Bald schwirrte ihr der Kopf. Sie lernte alles über X-Lage, Reißleine, Höhenmesser, Hauptschirm, Windrichtung und Landung. Geplant war ein Automatiksprung aus einer Höhe von nur 800 Metern. Eine Reiß-

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