Roman
Lächeln.
„Machst du dir denn große Sorgen um Sophie?“
„Nein, aber ich bin traurig und verletzt.“
„Ich hoffe, Sophie sieht bald ein, wie unmöglich ihr Verhalten uns gegenüber gewesen ist.“
„Ich weiß nicht mehr, wer meine Tochter eigentlich ist. Das hätte ich nie von ihr erwartet.“
Tom zuckte mit den Schultern. „Sie muss nur erwachsen werden.“
„Erwachsen werden“, wiederholte Kristina. „Sie benimmt sich wie die kleine verzogene Prinzessin, die immer genau das haben will, was anderen gehört. So war es früher auch schon.“
„Irgendwie pubertär. Wo hat sie das nur her?“
„Ich habe keine Ahnung. Ich frag mich bloß, was ich bei ihrer Erziehung falsch gemacht habe.“
Tom ignorierte ihre Selbstvorwürfe und fragte: „Glaubst du, dass sie mit ihrem Bruder darüber sprechen wird?“
„Ich hoffe es.“
Wenig später musste Tom sie allein lassen. Am Abend sollte ja seine Geburtstagsparty stattfinden, und er hatte noch einiges vorzubereiten. Kaum war er verschwunden, rief Kristina Rita an.
„Können wir uns sehen?“, fragte Kristina ohne Umschweife.
„Komm vorbei“, lud ihre Freundin sie ein.
Kurz darauf stand Kristina bereits vor Ritas Tür.
„Shrrrek is bäck“, begrüßte Rita sie lapidar, als sie Kristinas Leichenbittermiene erblickte. „Na dann komm mal rein.“
Die beiden setzten sich auf den Balkon, und Kristina berichtete ausführlich, was sich gestern ereignet hatte. Außer einem gelegentlichen „Oh, God“, „Wärggli?“ und „So a Deifi!“ hielt Rita den Mund und ließ sie ungestört erzählen. Als Kristina geendet hatte, meinte ihre Freundin voller Empörung: „Dera Gla muss oner ma des Ärschla versohln!“
„Ich schlage meine Kinder nicht.“
„A bar hinder die Läffl, sag i“, beharrte Rita entrüstet.
„Was?“, fragte Kristina leicht genervt.
„A mordsdrumm Schelln! So a bimberlaswichdi, hinderfodzigs“, regte sie sich auf.
„Rita. Sprich deutsch!“
Ihre Freundin schnaubte verächtlich. „Eine Tracht Prügel, das bräuchte sie mal. So ein verwöhntes Gör. Wo kommen wir denn da hin, wenn Töchter ihrer Mutter Konkurrenz machen wollen? Was für ein Gworschdl … äh … Durcheinander, meine ich.“
„Wahrscheinlich ist das alles mein Fehler“, meinte Kristina und fing sich damit einen bitterbösen Blick ein.
„Bass amol auf, Schäffin, des glabbst obber a blos du.“ Dabei schüttelte Rita heftig den Kopf.
Irgendwie fühlte Kristina sich mit jeder Minute besser, was auch dem Kommentar ihrer Freundin zu verdanken war. In Ritas Dialekt klang alles halb so schlimm.
„Ach Rita“, seufzte sie. „Was soll ich denn bloß machen?“
„Hart bleiben“, antwortete Rita wie aus der Pistole geschossen. „Du darfst jetzt keinen Millimeter nachgeben. Es ist höchste Zeit, dass Sophie die Kurve kriegt, bevor es zu spät ist.“
„Und ich soll nicht den ersten Schritt machen, meinst du?“
„Nein.“
„Und wie lange soll ich warten? Wochen, Monate?“
„Wenn es sein muss, dein ganzes Leben lang.“
„Das könnte ich nicht.“
„Hör auf zu jammern.“
„Du hast leicht reden“, verteidigte Kristina sich.
„Des is mia worschd.“ Rita schaute sie grimmig an. „Da musst du durch. Die kommt schon irgendwann angekrochen.“
„Aber wann?“
Allmählich verlor Rita die Geduld. „Heid nimmä.“
„Und dann hat Tom auch noch Geburtstag. Mir ist überhaupt nicht nach Feiern zumute“, meinte Kristina schließlich. „Ich sage ab.“
„Das kannst du ihm nicht antun“, erwiderte Rita. „Du vergisst jetzt mal deine undankbare Tochter und gehst nach Hause. Und da machst du dich so hübsch wie möglich, damit Tom heute Abend mit dir angeben kann. Zieh dir was Erodisches an.“
„Wenn schon, dann bitte erotisch.“
Rita grinste. „Brudal erodisch!“
Auch Kristina musste lachen. „Okay, dann eben dodal erodisch. Soll ich dich abholen?“
„Nein, wir treffen uns dort. Ich komme etwas später. Das solltest du im Übrigen auch tun.“ Rita blinzelte sie verschwörerisch an.
„Warum?“
„Eine Diva kommt für den perfekten Auftritt erst dann, wenn alle anderen schon da sind. Dann übersieht sie keiner, und alle schauen hin!“
„Des glabbst obber a blos du“, äffte Kristina ihre Freundin amüsiert nach.
„Wennst di ned glei schleichst …!“, drohte Rita gespielt beleidigt.
Als sie die Wohnung ihrer Freundin eine Weile später verließ, war Kristina in weitaus besserer Stimmung als am Morgen. Sie
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