Roman
ablassen könne, bevor ich platze. Dann hakte sie sich bei mir ein und meinte nur, dass sie auf den Schreck erst mal einen Drink brauchte“, ergänzte Klaus.
„Das Leben ist viel zu kurz, um sich über solche Kinkerlitzchen aufzuregen, finde ich“, meinte Charlotte. „Jedenfalls, als wir wenig später hier in diesem Lokal an der Bar saßen und redeten, da habe ich schnell gemerkt, dass es Klaus gar nicht um diese lächerliche Delle ging. Es war vielmehr sein eigener Fahrfehler, der ihn so auf die Palme gebracht hat.“
„Typisch mein Papa. Immer korrekt, alles muss seine Ordnung haben und perfekt laufen“, zog Kristina ihn auf.
Er sah sie pikiert an. „Na ja. Seit diesem Zusammenstoß haben wir uns nicht mehr aus den Augen verloren.“ Erneut warf er Charlotte einen verliebten Blick zu. „Was so eine verfahrene Situation doch für wunderbare Folgen haben kann.“
Der Kellner tauchte auf, servierte die Getränke und deckte den Tisch für das Essen.
„Ja, es war wie ein Wink des Schicksals“, stimmte Charlotte ihm vergnügt zu. „Wir sollten wohl aufeinandertreffen – und da hat’s dann richtig gescheppert.“
Kristina erfuhr im Lauf des Abends mehr über Charlotte und deren bisheriges Leben. Sie konnte immer besser verstehen, warum ihr Vater sich noch einmal verliebt hatte. Charlotte arbeitete als Regisseurin fürs Fernsehen und war ziemlich viel auf Achse. Damals, als sie Klaus begegnet war, hatte sie gerade wegen Dreharbeiten in München geweilt. Eigentlich wohnte sie in Berlin. Wann immer Klaus in letzter Zeit verreist gewesen war, hatte er sie also in Berlin besucht. Charlotte hatte außerdem einen Sohn und eine Tochter aus zwei früheren Beziehungen. Der Sohn lebte in München, die Tochter in New York. Sie hatte nie geheiratet, aber mehr verriet sie über ihr Privatleben nicht. Dafür interessierte sie sich brennend für Klaus’ Vergangenheit.
Der Abend verging wie im Flug. Kristina suchte nach Gemeinsamkeiten zwischen ihrer Mutter und Charlotte, doch die beiden Frauen schienen völlig gegensätzlich zu sein. Charlotte tat ihrem Vater allerdings sichtlich gut. Und das allein sprach schon für sie.
„Übrigens verreise ich bald“, sagte Klaus zu seiner Tochter, als er am Ende des Abends die Rechnung bezahlte. „Ich werde Charlotte begleiten. Sie dreht in Kapstadt, und ich fliege mit.“
„Und wenn wir aus Kapstadt zurückkommen“, meinte Charlotte beim Abschied zu Kristina, „dann werden wir ein großes Essen geben und unsere Patchworkfamilien zusammenführen. Das wird bestimmt lustig.“
Und ich bringe Tom mit, dachte Kristina amüsiert bei sich. Mal sehen, ob du das dann auch noch lustig findest.
Die beiden begleiteten Kristina noch zum Taxi. Durchs Fenster konnte sie sehen, wie Klaus den Arm um Charlottes Schultern legte. Fröhlich winkten die zwei ihr zu.
19
Das Gemüse war klein geschnipselt, der Ingwer gehackt und das Huhn in mundgerechte Stücke zerteilt. Die Schüsseln mit allen Zutaten standen aufgereiht am Herd. Perfekt wie in einer Fernsehküche – es geht doch nichts über ein gutes Mise en Place, lobte Kristina sich selbst im Stillen. Sie holte noch den Wok aus dem Schrank, dann konnte es eigentlich losgehen. Als sie nun auf die Armbanduhr schaute, klingelte es an der Tür. Schnell sauste sie die Treppe hinunter und öffnete, ohne vorher durch den Spion zu sehen. Wie erwartet stand Tom draußen. Er hatte einen so großen Blumenstrauß in der Hand, dass sie sein Gesicht dahinter gar nicht erkennen konnte. Dafür hörte sie ihn jetzt niesen.
„Heuschnupfen?“, fragte sie ihn, als sie den Strauß und ein kleines Tütchen, das er ihr reichte, in Empfang nahm.
„Nein“, antwortete Tom, „ich glaube, ich werde krank. Diese elende Klimaanlage im Flugzeug! Und das vor meinem Geburtstag.“ Als Kristina ihn küssen wollte, zuckte er zurück und sagte: „Steck dich nicht an.“
„Da hilft nur ein heißes Bad, dann ab ins Bett und richtig schwitzen“, riet sie ihm und küsste ihn auf die Wange. „Danke für die schönen Blumen. Und was ist das Hübsches?“
„Ich hoffe, es gefällt dir“, sagte Tom und nieste kräftig.
Bevor sie nach oben ging, spähte Kristina in das Tütchen und entdeckte darin etwas Seidiges mit Spitzen. Tom folgte ihr hinauf. Rasch holte sie eine Vase aus der Küche und stellte den bunten Sommerstrauß hinein. Danach zog sie den Inhalt aus der Tüte. Es waren schwarze Dessous.
„Wow, sehr sexy“, staunte sie und strich mit den Fingern
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