Roman
egal“, fiel Tom ihr ins Wort.
Abwehrend hob sie die Hand. „Nein, bitte, lass mich ausreden. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Das war eine ganz üble Show, die ich da abgezogen habe. Ich habe dir und Mama so extrem viel Stress gemacht. Das war echt mies. Und so fühle ich mich auch.“
„Hast du seitdem mit Kristina gesprochen?“, wollte Tom wissen.
Ein Schimmern trat in ihre Augen, und sie kämpfte mit den Tränen. „Nein.“ Sie kramte ein Taschentuch hervor und schneuzte sich geräuschvoll. „Ich kann manchmal nicht nur gemein sein, ich bin außerdem ziemlich feige.“ Erneut putzte sie sich die Nase.
„Scheint in der Familie zu liegen“, stellte er bitter fest. „Was wolltest du damit überhaupt erreichen?“
„Ich weiß es nicht … ich …“, stammelte sie. „Ich war so wütend, weil Mama alles hat und ich nichts.“
Tom runzelte die Stirn. „Verstehe ich nicht.“
„Meine Beziehung ist im Arsch, im Job hab ich auch nur Ärger … Nichts geht voran … Bei Mama, da läuft alles wie am Schnürchen. Und dann hat sie auch noch dich gekriegt. Ich fand das so ätzend.“
Tom schwieg. Ihm fiel dieser blöde Spruch ein: Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Leider traf dieser Satz genau ins Schwarze.
„Es tut mir leid, ganz ehrlich. Kannst du mir verzeihen?“, fragte Sophie und sah ihn an. Wieder kamen ihr die Tränen, doch diesmal hielt sie sie erfolgreich zurück. „Keine Angst. Ich fange nicht an zu heulen.“ Sie lächelte ihn an.
Er erwiderte ihr Lächeln. „Vergessen wir einfach, was war.“
„Danke.“
„Aber ich bin hier zweitrangig, Sophie. Du musst mit Kristina reden. Erklär ihr, warum du so wütend gewesen bist und wie du dich gefühlt hast. Sie wird es verstehen.“
„Meinst du?“
„Sie ist deine Mutter.“
„Mmmh.“ Sophie schien nicht überzeugt. „Könntest du vorfühlen? Ein gutes Wort für mich einlegen?“
Tom betrachtete sie lange. Dann schüttelte er langsam den Kopf. Sofort bemerkte er Sophies enttäuschte Miene.
„Du missverstehst das jetzt“, sagte er. „Ich würde dir helfen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Aber das geht leider nicht.“
Fragend blickte sie ihn an. „Warum nicht?“
„Weil sie mich nicht mehr sehen will. Deshalb geht es nicht.“
Sophie richtete sich auf. „Habt ihr euch gestritten?“
Wieder schüttelte er den Kopf. „Nein. Sie hat Schluss gemacht.“
„Daran bin ich schuld.“ Sie war sichtlich schockiert. „Nach dem ganzen Stress, den ich ihr gemacht habe. Das war zu viel für sie.“
„Kann sein. Trotzdem verstehe ich nicht, warum sie mir das nicht ins Gesicht sagt. Sie ist einfach abgetaucht. Und ich habe nicht den blassesten Schimmer, warum sie sich so verhält.“
„Hast du mit Rita gesprochen?“
Er lachte bitter auf. „Die behandelt mich wie einen Kindermörder.“
„Alles meine Schuld. Ich habe schon immer alles kaputt gemacht.“ Sophie sah ihn geknickt an.
„Das spielt keine Rolle mehr. Es ist vorbei. Damit muss ich mich abfinden.“ Tom stand auf und wollte gehen. „Ich muss wieder runter. Ich habe Besuch, meine Schwester ist ausnahmsweise mal in München und wohnt zurzeit bei mir.“
„Du hast eine Schwester?“
„Eine Halbschwester. Cinzia. Sie lebt in New York und ist ganz überraschend vor drei Tagen hier eingetroffen.“
Sophie begleitete ihn zum Ausgang. „Das mit Mama, das mach ich wieder gut, Tom.“
Tom öffnete die Wohnungstür und trat ins Treppenhaus. „Kläre erst mal deine Angelegenheiten mit ihr. Aber wenn sie dir irgendetwas darüber erzählt, was ich falsch gemacht habe, dann wäre ich froh, wenn du es mir sagst. Tschüss. Und viel Glück.“
24
Kristina lag in ihrem zerwühlten Bett und stöhnte auf. In ihrem Kopf arbeitete ein Presslufthammer. „Ich trinke nie wieder, nie mehr, ich versprech’s dir, Jopi“, murmelte sie und wälzte sich auf die andere Seite. Mühsam setzte sie sich schließlich auf und nahm einen großen Schluck aus dem Wasserglas, das auf dem Nachttisch stand. Dabei hielt sie das Kissen weiterhin fest an die Brust gedrückt. Dann stand sie auf und wankte mit geschlossenen Augen zum Fenster. Sie zog die Vorhänge beiseite, öffnete das Fenster und danach ganz vorsichtig ihre Augen. „Oje“, seufzte sie, ging rasch zu der kleinen Kommode, nahm ihre Sonnenbrille aus der Schublade und setzte sie auf.
Kristina stand eine Weile am Fenster, legte Kissen Jopi aufs Fensterbrett und strich zärtlich den
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