Romana Exklusiv 0172
Jamie sei ein echter Silvadores“, erklärte Ruy. „Sie hat selbst sieben Kinder, drei davon leben mit ihren Eltern auf der Estancia, sodass Jamie Spielgefährten hat. Seit dem Tod meines Vaters arbeitet ihr Mann hier als Manager. Die Estancia ist ihr Zuhause, und Dolores hat sich bestimmt sehr angestrengt, es dir so angenehm wie möglich zu machen.“
Davina stieg aus und ging hinter Dolores her in den großen, aber trotzdem gemütlich wirkenden Salon. Sicher, so elegant wie im Palacio war es hier nicht, doch in dem Haus herrschte eine angenehme, familiäre Atmosphäre. Hier konnten sich Kinder frei bewegen und alles anfassen. Die Möbel waren nicht weniger gepflegt als die im Palacio, aber sie wirkten nicht so einschüchternd. Die bequemen Sessel und Sofas mit den vielen Kissen luden geradezu dazu ein, sich hineinsinken zu lassen. Hübsche Webteppiche bedeckten den gefliesten Fußboden. Auf dem niedrigen Tisch stand ein Krug mit einem bunten Blumenstrauß, und eine Wand war mit Bücherregalen bedeckt. Der Raum hätte eher zu einem wohlhabenden Farmer gepasst als zu einem spanischen Grafen. Davina gestand sich ein, dass ihr das Ambiente gefiel. Sie liebte den Duft nach Leder, Bienenwachs und staubigem, heißem Land.
„Ich habe für Sie das Schlafzimmer des Patróns vorgesehen“, erklärte die Frau, als sie Davina die gewundene Treppe hinauf ins Obergeschoss führte. Ruy hatte schon erwähnt, dass man auf der Estancia auf Titel verzichtete. Hier war er einfach nur der Patrón, der Chef.
Das Zimmer war sehr groß, und es duftete nach Lavendel. Sogleich entspannte Davina sich etwas. Die Vorhänge und die Tagesdecke wiesen dasselbe Blumenmuster auf wie die Tapete. Das Bett im spanischen Landhausstil war sehr breit. Das angrenzende Badezimmer und der Ankleideraum waren im selben Stil eingerichtet wie das Schlafzimmer.
„Gefällt es Ihnen?“ Dolores sah sie strahlend an. „Alles ist neu, extra für die Frau des Patróns …“
Davina verkrampfte sich der Magen. Man hatte das alles für Carmelita gemacht. Sie fuhr mit den Fingern über die Tapete. Es gefällt mir, aber es passt genauso wenig zu Carmelita wie der Lavendelduft, überlegte sie.
Rodriguez brachte das Gepäck herauf. Er stellte Davinas und Ruys Koffer in dem großen Schlafzimmer ab. Ich muss mit Ruy noch darüber reden, dass ich hier ein Schlafzimmer für mich allein haben will, überlegte sie.
Die Übelkeit, gegen die Davina während der Fahrt zu kämpfen gehabt hatte, kehrte beim Essen zurück. Dolores hatte ein köstliches Gericht mit gebratenem Hähnchen, Peperoni und Mais zubereitet. Jamie aß mit großem Appetit. Er war eigentlich nie wählerisch gewesen, was das Essen anging, nur als er krank gewesen war, war er schwierig geworden. Davina war froh, dass er sich mühelos umgestellt und offenbar schon an die spanische Küche gewöhnt hatte. Sie brachte jedoch kaum einen Bissen hinunter.
„Bist du mit dem Schlafzimmer zufrieden?“, fragte Ruy sie und schenkte ihr ein Glas Wein ein.
„Es ist sehr schön.“ Ihre Stimme klang gleichgültig und uninteressiert. „Dolores hat mir erzählt, es sei erst kürzlich für deine Frau modernisiert worden. Ich war überrascht, denn Carmelita hat doch sicher einen ganz anderen Geschmack.“
Ruy presste ärgerlich die Lippen zusammen. „Das Zimmer ist nicht für Carmelita renoviert worden, sondern für dich, du bist meine Frau“, entgegnete er mit finsterer Miene. „Ich habe es während deiner Schwangerschaft machen lassen, weil ich gedacht hatte, wir könnten nach Jamies Geburt öfter hier sein. Die Atmosphäre in diesem Haus ist freundlicher und intimer als im Palacio.“
Davina war verblüfft, dass Ruy sich ihretwegen so viel Mühe gegeben hatte. Sie erinnerte sich an den Lavendelduft und die Möbel, die, wie sie sich eingestand, auch in jedes englische Landhaus gepasst hätten. Kein Wunder, dass sie das Gefühl gehabt hatte, nach Hause zu kommen.
„Ruy, ich bin sprachlos …“, begann sie hilflos.
„Vergiss es, es ist vorbei“, unterbrach er sie und zuckte die Schultern, als fände er das Thema langweilig. „Als das Zimmer renoviert wurde, war unsere Situation noch eine ganz andere.“ Er ließ sie allein, ehe sie ihm erklären konnte, sie wolle nicht mehr in einem Zimmer mit ihm schlafen.
Nachdem sie Jamie gebadet und ins Bett gelegt und seine aufgeregten Fragen beantwortet hatte, wurden die Kopfschmerzen wieder stärker. Am liebsten hätte sie sich auch hingelegt, doch sie musste noch
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