Romana Exklusiv 0187
ganz schön was abbekommen.“
„Du bist verletzt? Lass mich mal sehen.“ Helen richtete die Taschenlampe auf ihn. „Du blutest ja! Zieh dein T-Shirt aus, damit ich sehen kann, wie schlimm es ist.“
„Es ist okay. Kein Grund zur Panik.“
„Sei nicht albern“, beharrte sie. „Ich will es mir nur ansehen. Zieh also bitte dein T-Shirt aus.“
„Ja, Ma’am.“ Jacob lächelte über ihren gebieterischen Ton, doch als er die Arme hob, um das T-Shirt über den Kopf zu ziehen, konnte er ein Stöhnen nicht unterdrücken.
„Warte, ich helfe dir.“ Behutsam zog sie ihm das T-Shirt über den Kopf und richtete den Strahl der Taschenlampe auf seine Schulter. Sie war leicht geschwollen, und aus einer tiefen Wunde sickerte Blut.
„Wahrscheinlich sieht es viel schlimmer aus, als es ist.“
Sein zuversichtlicher Tonfall ärgerte Helen. Jacob brauchte nicht den Helden zu spielen, zumal sie beim Anblick seiner Verletzung nicht gleich in Ohnmacht fallen würde. Es musste höllisch wehtun. Ihr etwas anderes vormachen zu wollen war dumm.
„Das glaube ich nicht“, widersprach sie. „Versuch nicht, das einfach so abzutun. Die Wunde muss gereinigt und verbunden werden.“
Sie wollte unter dem Tisch hervorkriechen, doch er hielt sie am Arm fest. „Wo willst du hin?“
„Etwas zum Verbinden holen, natürlich.“
„Du gehst nirgendwohin, Helen. Das kann sehr gut bis morgen Früh warten.“
„So lange warte ich nicht. Die Wunde muss behandelt werden.“ Entschlossen befreite sie sich aus seinem Griff und eilte aus dem Zimmer. Jacob rief wütend hinter ihr her, sie solle sofort zurückkommen, aber sie achtete nicht darauf.
Mit Hilfe der Taschenlampe fand sie den Weg in sein Schlafzimmer, das noch einigermaßen heil geblieben war. Im angrenzenden Badezimmer ließ sie Wasser ins Waschbecken laufen, tauchte ein Handtuch hinein und wrang es aus. In einem kleinen Schrank fand sie nicht nur Verbandsmaterial, sondern auch eine Wundsalbe.
„Hat man dir schon mal gesagt, dass du die Geduld eines Heiligen auf die Probe stellen kannst?“ Jacob war in der Tür erschienen und schaute ihr zu. Im Licht der Taschenlampe, die er in der Hand hielt, wirkten seine markanten Gesichtszüge noch härter.
Helen warf ihm einen misstrauischen Blick zu und fuhr fort, weitere nützliche Dinge zusammenzusuchen und auf einen Haufen zu tun. Sie versuchte, sich ganz darauf zu konzentrieren und sich nicht von dem Anblick seines nackten Oberkörpers ablenken zu lassen. Mit einem Mal schien eine gefährliche Spannung zwischen ihnen zu entstehen. Helen hatte das Gefühl, als hätte der Sturm alle Schutzwälle hinweggefegt, die sie um sich errichtet hatte. Jetzt gab es nur noch sie und Jacob und diese eigentümlich knisternde Atmosphäre, die ihr Angst machte.
„Du bist weit entfernt davon, ein Heiliger zu sein.“ Sie wickelte alle Erste-Hilfe-Utensilien in ein zweites Handtuch, um sie ins Esszimmer zu bringen.
Jacob lachte auf. „Soll das heißen, dass du mich eher für einen Sünder hältst?“ Helen blickte ihn an. „Zumindest habe ich immer gedacht, du wärst einer.“
„Und was denkst du jetzt?“
Seine Stimme klang angespannt, und Helen fragte sich, ob es klug war, dieses beunruhigende Gespräch fortzusetzen. Wieso hatte sie auf einmal das Gefühl, dass ihm ihre Antwort wichtig war? Forschend blickte sie in sein Gesicht, aber im spärlichen Licht der Taschenlampe konnte sie seine Miene nicht deuten.
„Und jetzt denke ich, das Wichtigste ist, deine Wunde zu versorgen.“
Das Bündel in der Hand, wollte sie durch die Tür gehen, doch Jacob versperrte ihr den Weg und schaute sie unverwandt an. Sie spürte, wie sie errötete und ihr Herz heftig zu pochen begann. Offensichtlich versuchte er, die Antwort auf seine Frage selbst zu finden.
Vor Kurzem war alles noch ganz klar gewesen, und sie hatte genau gewusst, was sie von ihm zu halten hatte. Doch jetzt wurden ihre Zweifel immer stärker. Sie hatte Angst vor dem, was sich möglicherweise hinter seiner harten Fassade verbarg.
„Eines Tages wirst du mir eine klare Antwort geben müssen“, erwiderte er.
„Ich weiß nicht, wovon du redest. Findest du nicht, wir sollten jetzt besser ins Esszimmer zurückgehen? Man kann nie wissen, ob nicht jeden Moment mehr vom Dach einstürzt.“
Helen drängte sich an ihm vorbei und schritt schnell durch die Diele. Doch es war nicht die Angst vor herabfallenden Dach-teilen, die ihre Schritte beschleunigte, sondern der Wunsch, der beunruhigenden
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