Romana Exklusiv 0187
und schon zum Mittagessen kommen sollen.“ Edward Sinclair legte das Buch beiseite und erhob sich, um sie zu begrüßen.
Helen bemerkte, dass er keinen Stock mehr benutzte. Die Ruhe und Fürsorge taten ihm sichtlich gut. Bei dem Gedanken, was sie ihm jetzt erzählen musste, traten ihr die Tränen in die Augen. Schnell wandte sie sich ab.
„Liebling, was hast du? Was ist passiert?“ Ihr Vater nahm sie in die Arme und hielt sie fest, wie er es oft getan hatte, wenn sie als Kind über kleine Verletzungen und Ungerechtigkeiten geweint hatte. Damals hatte sie geglaubt, ihr Vater könnte jeden Kummer heilen. Doch jetzt würde er ihr nicht helfen können. Niemand würde ihren Schmerz lindern können. Bei der Vorstellung weinte sie noch heftiger.
Behutsam führte Edward Sinclair sie zu dem bequemen Chesterfieldsofa, ließ sie dort Platz nehmen und bat sie, ihm zu erzählen, was geschehen war. Schluchzend berichtete sie ihrem Vater die ganze Geschichte. Er hörte schweigend zu. Nachdem Helen geendet hatte, erhob er sich, ging langsam zum Fenster und blickte auf den Rasen hinaus.
„Und du glaubst wirklich, Jacob hätte dich geheiratet, um es dir heimzuzahlen? Du meinst, es sei alles nur ein Racheakt gewesen?“
„Ja. Das hat er mir klar und deutlich gesagt.“ Wieder kamen ihr die Tränen.
„Keiner ist so blind wie der, der nicht sehen will“, bemerkte ihr Vater und drehte sich zu ihr um. „Helen, du siehst nicht, was offensichtlich ist. Du hast es nie gesehen.“
„Vater, ich verstehe …“
„Du verstehst nicht?“ Er setzte sich neben sie, nahm ihre Hand und lächelte sie an. „Jacob ist seit Jahren in dich verliebt, Liebling. Jeder wusste das. Was glaubst du, warum deine Mutter sich so viel Mühe gegeben hat, ihn von dir fernzuhalten? Warum sie Baxter angewiesen hat, keine Nachrichten an dich weiterzugeben und nichts von seinen Telefonanrufen zu erzählen? Deine Mutter und ich wussten, dass er ganz vernarrt in dich war, und … Nun, wir beide fanden, dass er nicht gut genug für dich war.“
„Vater!“
„Oh, ich weiß. Ich bin nicht stolz darauf, vor allem, wenn ich sehe, was für ein feiner Mensch Jacob geworden ist. Doch damals hatte er etwas Wildes an sich, das uns beiden, deiner Mutter und mir, Sorgen gemacht hat. Vielleicht hatten wir auch nur Angst, weil du so jung warst und Jacob Hunt viel erfahrener war als du. Doch er hat dich damals geliebt, so wie er dich auch heute noch liebt.“
„Ich … Nein! Du täuschst dich. Er liebt mich nicht, er hasst mich.“
„Nein, du täuschst dich, Helen. In gewisser Hinsicht ist es meine Schuld. Ich hätte dir erzählen sollen, dass es nicht Jacob war, der unsere Firma ruiniert und uns dieses Haus und alles andere weggenommen hat. Ich habe es selbst verschuldet, weil ich unfähig war. Jacob hat nur versucht, mir zu helfen.“
„Er hat mir erzählt, du hättest ihn darum gebeten“, flüsterte Helen.
„Das ist wahr. Ich bin zu ihm gegangen und habe ihn gebeten, der Firma und mir aus der Patsche zu helfen. Weißt du auch, warum ich zu ihm gegangen bin?“
„Weil er in der Lage war, dir zu helfen?“
Edward lächelte. „Jacob ist Geschäftsmann. Ein krankes Unternehmen mitsamt seinen Schulden zu übernehmen macht kaum Sinn. Doch Jacob war meine einzige Hoffnung, denn ich wusste, was er für dich empfand. Ist das nicht beschämend? Ich habe geschickt seine Gefühle für dich ausgenutzt, um uns vor dem Bankrott zu bewahren.“
Helen schwindelte der Kopf. Das alles hörte sich an, als würde ihr Vater glauben, Jacob wäre immer noch in sie verliebt. Liebe konnte vergehen. Aus Jacobs Liebe für sie konnte längst Hass geworden sein.
„Das alles erklärt aber nicht, warum Jacob mir vorhin genau das Gegenteil erzählt hat. Er … er hat seine Anwälte angewiesen, das Scheidungsverfahren einzuleiten.“
„Tatsächlich? Dann solltest du dich vielleicht einmal fragen, warum. Jacob liebt dich, Helen. Das weiß ich genau. Wenn er dir etwas anderes gesagt hat, muss er einen Grund dafür haben. Vielleicht ist der Grund nicht sofort erkennbar.“ Ihr Vater betrachtete sie ernst. „Liebst du ihn, Helen? Wirklich und wahrhaftig?“
Helen schloss für einen Moment die Augen. „Ja, das tue ich!“
„Dann lass dich nicht anlügen. Ich weiß nicht, warum Jacob es tut, doch wenn du ihn wirklich liebst, solltest du nicht kampflos aufgeben.“
Nachdenklich blickte sie ihren Vater an. Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie machte ihr Angst, erfüllte sie aber auch
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