Romana Exklusiv 0187
sondern als die Frau, die Leo alles bedeutete.
Wenn das Liebe war, dann war sie wohl in diesen miesen Kerl verliebt. Und den Schmerz würde sie nicht ertragen, deshalb musste sie zurück in Wellington sein, so weit weg von Leo wie möglich, bevor sie zusammenbrach.
Tansy ging in die Küche, um Tee für alle zu kochen. Während sie Wasser in die Kanne goss, hörte sie, wie Leo draußen Ordnung schaffte. Nein, natürlich bin ich nicht in ihn verliebt, dachte Tansy. Anziehungskraft war nicht Liebe. Sie, Tansy, hatte sich von Anfang an zu Leo hingezogen gefühlt, das war ein rein körperliches Verlangen und ihr Schmerz schlicht Frustration.
Als Tansy mit dem Tablett in Händen zurück auf die Terrasse kam, weinte Grace noch immer, Frankie tupfte sich die Augen ab, und der arme Rick sah noch immer furchtbar verlegen aus, machte aber trotzdem einen ruhigen, entschlossenen Eindruck, als wäre er in den vergangenen vier Monaten erwachsen geworden. Körperlich hatte er sich gut erholt, Sonnenbräune und Muskeln verrieten harte Arbeit im Freien.
Rick und Leo erhoben sich, Leo nahm Tansy das Tablett ab und stellte es auf den Tisch. „Danke.“
Sie wandte sich ab.
„Wohin willst du?“, fragte Leo.
„In mein Zimmer.“
Er runzelte die Stirn, dann nickte er. „Na schön.“
Tansy ließ die Familie allein und setzte sich mit dem Blatt, das sie am Vorabend mit Noten beschrieben hatte, auf ihr Bett. Aber sie betrachtete ihre Komposition gleichgültig und empfand nicht wie sonst Freude und Qual. Und das entsetzte sie. Hatte sie wegen Leo keinen Zugang mehr zum Einzigen, das ihr wirklich etwas bedeutete? Das würde sie ihm niemals verzeihen.
Hinterher hatte Tansy keine Ahnung, wie lange sie dort gesessen und darauf gewartet hatte, dass sie etwas fühlte. Sie war erleichtert, als Rick an die Terrassentür klopfte.
„Komm herein.“ Tansy sprang auf und umarmte ihn, denn obwohl er die Ursache all ihrer Probleme war, freute sie sich, ihn wiederzusehen. „Gut schaust du aus! Vier Monate haben viel ausgemacht.“
„Harte Arbeit und viel Essen.“ Rick erwiderte die Umarmung mehr als innig und hielt Tansy einen Moment lang fest in seinen starken Armen.
Sie trat zurück und betrachtete ihn forschend. Dies war ein Mann, kein drogensüchtiger, verängstigter Junge. „Und? Wie steht es?“
„Ziemlich gut. Ich werde klarkommen. Wir haben viel geredet, viel diskutiert, und ich weiß jetzt, was ich machen will.“
„Was?“
„Ich werde Pfarrer“, sagte Rick.
Tansy sank in den Rattansessel und schaute Rick entgeistert an. „Pfarrer?“
Er lachte. „Ja. Ich habe immer gefühlt, dass Gott mich ruft, war aber zu schwach. Ich wollte wie Leo sein, ein großer, starker Mann, zu dem alle aufblicken, den alle respektieren und beneiden. Nur bin ich nicht so. Und ein Internat ist kein guter Platz, um anders zu sein. Ich glaube, deshalb habe ich Drogen genommen. Zumindest eine Zeit lang habe ich mich dann gut gefühlt.“
Es schien zu einfach. Doch Rick war sich seiner Sache offen sichtlich völlig sicher. Tansy spürte eine innere Kraft, die er vorher nicht besessen hatte, und war erleichtert. „Das wäre dann also erledigt.“
„Ja.“ Er setzte sich auf die Bettkante und beugte sich vor. „Dir verdanke ich, dass ich es erkannt habe. Du hast nicht gepredigt, warst nicht schockiert oder überheblich. Und die Tatsache, dass jemand Drogen nahm, war für dich weder romantisch noch verwerflich, sondern nur dumm.“
„Habe ich das gesagt?“
„Nein, du hast mich überhaupt nicht beurteilt, aber ich habe es erraten. Du bist so geradlinig, dir so sicher, wie du leben willst, bereit, alles für dein Ziel aufzugeben. Und das hat mich erkennen lassen, wie schwach ich gewesen war. Ich hatte so viele Vorteile und habe sie nicht genutzt, weil ich mich nicht akzeptieren wollte, wie ich bin. Mir ist klargeworden, dass man arm glücklich sein kann, dass wir etwas aus dem Leben machen müssen, anstatt darüber zu klagen, was es uns antut. Ich verdanke dir viel, Tansy. Wenn du nicht gewesen wärst, wäre es mit mir wahrscheinlich weiter bergab gegangen.“
„Das glaube ich nicht“, widersprach Tansy. „Du wolltest in das Camp, du hast es durchgestanden. Nicht ich habe dich aus dem Sumpf gezogen, das hast du selbst getan.“
„Es war das Beste, was ich jemals gemacht habe“, sagte Rick ernst. „Junge, waren die hart! Sie haben uns auseinandergenommen, bis nichts mehr übrig war, und danach neu zusammengesetzt, jeden einzelnen
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