Romana Exklusiv 0190
würde. Wir haben uns beide geirrt, Signorina. Mamma ist schließlich Fabios madrina. In Italien bedeutet das sehr viel. Sie hat ihm erklärt, dass es seine Pflicht sei, mich zu rächen und seine Ehre wiederherzustellen. Und Cristoforo sollte erfahren, was passiert ist und warum.“ Sie zuckte die Schultern. „Also hat Fabio Sie gesucht, Flora Graham. Den Rest kennen Sie.“
Flora zitterten die Knie so stark, dass sie befürchtete, vor Ottavia zu Boden zu sinken. „Sie hatten Ihre Rache, Signorina Baressi. Fabio hat Ihnen sicher alles berichtet. War es wirklich nötig, mir all das zu erzählen?“
„Ja. Fabio sollte Sie nämlich in London zurücklassen, damit Sie für Ihre Lust und Dummheit büßen. Stattdessen brachte er Sie hierher in sein Heim. Und im Gegensatz zu seinen anderen Flittchen wurden Sie nicht in einer Gästesuite einquartiert, sondern durften in seinem Zimmer schlafen – in dem Bett, in dem er geboren wurde, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Das Bett, in dem ich als seine Frau hätte liegen sollen. Ninetta, die früher für Mamma gearbeitet hat, hat uns darüber informiert. In San Silvestro sind alle fassungslos über Fabios Verhalten.
Und nun, da er weg ist, erteilen Sie Befehle, als wären Sie die Hausherrin und nicht eine seiner Gespielinnen – für die sein Interesse mittlerweile zu erlöschen scheint. Falls es je existiert hat“, fügte sie verächtlich hinzu.
Flora musste ihre gesamte Selbstbeherrschung aufbieten, um ruhig zu bleiben. „Warum sonst sollte ich hier sein?“
„Vielleicht empfindet er Mitleid für Sie. Oder er ist dankbar für Ihre uneingeschränkte Mitarbeit“, erwiderte die Contessa. „Ihre Bereitschaft, das Bett mit ihm zu teilen, dürfte ihn amüsiert haben, und mein Patensohn schätzt gute Unterhaltung. Sie haben Ihren Zweck jedoch schon in England erfüllt. Er hätte Sie nicht herbringen dürfen.“
„Das sollten Sie ihm selbst sagen.“
„Wir haben ihm sogar ziemlich viel zu sagen“, beteuerte die Contessa. „Geben Sie sich darüber keinen Illusionen hin, Miss Graham.“ Sie wandte sich an Tonio. „Unser Gast ist schockiert. Reich ihr bitte einen Brandy.“
„Ich möchte nichts“, lehnte Flora ab. „Ich will nur hier raus.“
„Sie brennen offenbar darauf, ins Castello zu kommen, um Fabio bei seiner Ankunft zur Rede zu stellen, damit er Ihnen versichert, dass nichts davon wahr ist. In diesem Fall dürften Sie enttäuscht und noch mehr gedemütigt werden, als Sie es jetzt schon sind. Es gibt allerdings eine Alternative.“ Die Contessa schnippte mit den Fingern, und Tonio reichte ihr ein schmales Dokument. „Dies ist ein Flugticket nach England für eine Maschine, die heute Abend startet. Wenn Sie es in Anspruch nehmen wollen, wird mein Neffe Sie zum Flughafen fahren. Ich werde Fabio persönlich informieren, dass Sie die Wahrheit herausgefunden haben und nach London zurückgekehrt sind. Sobald Sie fort sind, kann die leidige Angelegenheit endlich zu den Akten gelegt werden.“ Sie deutete auf das Ticket. „Greifen Sie zu, Signorina. Werden Sie endlich vernünftig. Sie haben hier nichts verloren.“
Floras erster Impuls war es, das Papier in winzige Stücke zu reißen und der Contessa ins Gesicht zu werfen. Doch das konnte sie sich nicht leisten. Man bot ihr eine Fluchtmöglichkeit, und die musste sie nutzen, gleichgültig, wie sehr ihr Stolz darunter leiden mochte.
Abgesehen davon, war ihr Stolz ohnehin gebrochen. Sie war rücksichtslos und grausam manipuliert worden. Und nun fehlte ihr sogar die Kraft zum Weinen. „Meine Sachen sind noch im Castello“, flüsterte sie.
„Nein, sie sind hier“, erklärte die Contessa. „Ich dachte mir, dass Sie zur Besinnung kommen würden. Deshalb habe ich Ninetta gebeten, Ihre Sachen zu packen und herzuschaffen. Sie können also sofort aufbrechen.“
Flora straffte die Schultern. „Je früher, desto besser.“
„Addio, Signorina.“ Die schmalen Lippen umspielte ein Lächeln. „Ich denke nicht, dass wir uns je wiedersehen werden. Ihre Rolle in dieser Affäre war eine bedauerliche Notwendigkeit, die nun erledigt ist.“
„Signorina Flora.“ Tonio hielt die Tür für sie auf.
Auf der Schwelle blieb Flora stehen und wandte sich noch einmal zu Ottavia um. „Was ist aus dem Baby geworden?“, fragte sie unumwunden.
Ein Schatten huschte über Ottavias Gesicht. „Ich habe mich entschieden, es nicht zur Welt zu bringen. Glauben Sie, eine Baressi würde ein uneheliches Kind
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