Romana Exklusiv 0190
Zwinkern wandte sie sich ab und eilte aus dem Restaurant.
Flora hätte auch aufbrechen müssen, doch stattdessen schenkte sie sich Kaffee nach. Vielleicht sollte ich diesmal Zucker nehmen, überlegte sie. War dies nicht ein erprobtes Mittel gegen Schock? Es ließ sich nämlich nicht leugnen, dass Hesters unverblümte Äußerungen sie getroffen hatten.
Überrumpelt ist wohl der passendere Ausdruck, dachte sie.
Und alles hatte als harmloser Lunch zwischen Freundinnen begonnen, bei dem man sich endgültig darauf hatte einigen wollen, ob das Kleid der Brautjungfer altrosa oder hellblau sein sollte.
Unglaublich.
Am Alkohol konnte es nicht gelegen haben. Es hieß zwar, im Wein liege die Wahrheit, doch das galt kaum für ein Glas Chardonnay und einen Liter Mineralwasser.
Nein, Hester beschäftigte sich schon seit geraumer Zeit mit diesem Thema, und da es nur noch ein Monat bis zur Hochzeit war, hatte sie beschlossen, ihre Zweifel auszusprechen.
Ich wünschte, sie hätte geschwiegen, dachte Flora. Als ich mich an diesen Tisch setzte, ging es mir fabelhaft. Ich habe andere Dinge im Kopf als eine detaillierte Analyse meiner Gefühle für Chris und deren Einordnung auf einer emotionalen Richterskala, von deren Existenz ich bis heute nicht einmal etwas geahnt habe.
Ich liebe Chris, und wir werden eine gute Ehe führen – und zwar eine dauerhafte. Und das ist bestimmt wichtiger als ein flüchtiges sexuelles Feuerwerk.
Rasch verdrängte sie diesen Gedanken, bevor er allzu klare Konturen annehmen konnte. Auch in dieser Hinsicht wird sich alles einspielen, wenn wir erst verheiratet sind, tröstete sie sich, und das vorherige Fiasko wird in Vergessenheit geraten.
Flora blickte auf die Uhr und stand auf. Die Zeit drängte, sie würde ein Taxi rufen müssen, um pünktlich zu ihrer nächsten Verabredung zu erscheinen.
Beim Verlassen des Restaurants fielen ihr Hesters Abschiedsworte ein, und sie riskierte einen kurzen Blick in die angegebene Richtung – direkt in die Augen des Gastes.
Ein südländischer Typ, so viel erkannte sie noch, bevor sie sich errötend abwandte. Obwohl er das lockige Haar länger trug, als sie es bei Männern sonst billigte, fand sie ihn überraschend attraktiv. Die Erinnerung an eine schmale, gerade Nase, hohe Wangenknochen, ein markantes Kinn mit einem Grübchen und sinnliche, zu einem Lächeln verzogene Lippen verfolgte sie bis auf die sonnige Straße hinaus.
Gütiger Himmel, stellte sie halb amüsiert, halb erschrocken fest, ich könnte ihn aus dem Gedächtnis zeichnen.
Zum Teufel mit dir, Hester! Noch eine Komplikation mehr, die ich nicht brauche.
Flora trat an die Bordsteinkante und hielt nach einem Taxi Ausschau. Leider war weit und breit keines zu entdecken, und so machte sie sich zu Fuß auf den Weg, blieb jedoch gelegentlich stehen, um sich umzusehen.
Sie merkte nicht einmal, dass sich der Angreifer näherte. Das erste Anzeichen von Gefahr war die Hand auf ihrem Rücken, die sie grob nach vorn stieß, nach dem Riemen ihrer Tasche griff und sie ihr beinahe entriss. Flora stürzte zu Boden und begrub die Tasche unter sich. Noch im Fallen atmete sie tief ein und schrie um Hilfe. Dann bedeckte sie den Kopf mit den Händen, aus Furcht, der Räuber würde auf sie einschlagen oder nach ihr treten.
Gleich darauf hörte sie Männer rufen, Bremsen quietschen und Schritte. Sie rührte sich nicht von der Stelle.
Jemand stellte ihr Fragen. „Sind Sie verletzt, Signorina? Soll ich einen Krankenwagen rufen? Können Sie sprechen?“ Ein kaum hörbarer Akzent schwang in der Stimme mit.
„Sie kann vielleicht nicht reden, aber schreien kann sie auf jeden Fall. Mir sind fast die Trommelfelle geplatzt“, warf eine zweite, tiefere Männerstimme ein. „Wir sollten ihr zunächst aufhelfen.“
„Schon gut.“ Benommen hob Flora den Kopf und blickte sich um. „Ich komme zurecht.“
„Das glaube ich nicht“, entgegnete die erste Stimme. „Sie brauchen zumindest eine Stütze.“
Unwillig drehte sie sich in Richtung des Sprechenden und sah ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
Aus der Nähe betrachtet – er kniete direkt neben ihr – wirkte der Mann aus dem Restaurant noch atemberaubender. Er hatte die Lippen zusammengepresst, doch sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie weich sie sich anfühlen mochten. Seine grünen Augen waren mit goldenen Pünktchen gesprenkelt. Als ihr der verführerische Duft seines Rasierwassers in die Nase stieg, richtete sie sich auf.
„Autsch!“ Zu spät
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