Romana Exklusiv 0190
sollte er sein Wort brechen, habe ich mein eigenes Schutzsystem. Manche würden es zwar als Enttäuschung und Versagen bezeichnen, aber es ist überaus wirkungsvoll. Es verleiht absolute Immunität gegen notorische Verführer wie Signor Valante.
Nachdem sie geduscht und sich das Haar gewaschen hatte, föhnte sie die Locken, bis sie ihr wie eine rote Mähne auf die Schultern fielen. Sie trug ein leichtes Make-up auf, einen Hauch Lidschatten und Wimperntusche sowie einen dezenten Lippenstift. Dann das Kleid, hochhackige Riemchensandaletten, und sie war fertig.
Ihr stockte der Atem, als sie einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel warf. Eine Fremde blickte ihr entgegen. Der schwarze Stoff ließ ihre helle Haut wie Alabaster schimmern, ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen glänzten vor Vorfreude.
Heute Abend lasse ich mich von dieser Fremden leiten, dachte Flora und sprühte ein wenig von ihrem Lieblingsparfüm auf die Handgelenke. Eine elegante Abendtasche und eine leichte Stola vervollständigten ihr Outfit.
„Du musst es nicht tun“, flüsterte ihr eine innere Stimme auf der Fahrt ins Restaurant zu. „Es ist noch nicht zu spät. Du kannst jederzeit das Taxi wenden lassen. Aber wenn du es wagst und es sich abzeichnen sollte, dass es unangenehm werden könnte, dann gehst du einfach. Es gibt nichts, absolut nichts, worüber du dich sorgen müsstest. Was immer passiert, du hast es unter Kontrolle.“
Das „Pietro’s“ war klein und ruhig, lediglich ein dezentes Schild mit dem Namenszug neben dem Eingang wies auf das Restaurant hin. Eine hübsche junge Empfangsdame begrüßte sie lächelnd.
Flora räusperte sich.„Ich bin mit Signor Valante verabredet.“
Das Lächeln vertiefte sich. „Gewiss, Signorina. Er ist in der Bar. Darf ich Ihre Stola weghängen?“
„Nein, danke.“ Flora zog das silbergraue Tuch enger um sich. „Ich behalte sie bei mir.“ Falls ich plötzlich den Rückzug antreten muss, fügte sie im Stillen hinzu.
Obwohl die Bar recht gut besucht war, entdeckte sie ihn sofort. Er saß auf einem Hocker am Tresen und wirkte wie ein Mann, der bereit war, notfalls die ganze Nacht zu warten.
Doch das musste er nicht.
Denn sie war hier und zitterte schon wieder. Sogar das inzwischen vertraute unbehagliche Gefühl in der Magengegend hatte sich prompt eingestellt.
Natürlich hatte er sie bereits gesehen, und es war zu spät, unbemerkt zu verschwinden. Flora ahnte, dass es von Anfang an zu spät gewesen war. Eine Macht, die stärker war als ihr Wille oder ihre Vernunft, hatte sie an diesem Abend zu ihm geführt.
Sie spürte seinen Blick. Erstaunen und unverhohlene Freude spiegelten sich auf seinen Zügen wider, als er sich an den lachenden und plaudernden Gästen vorbei einen Weg zu ihr bahnte. Voller Panik erkannte sie, dass es – entgegen ihren Erwartungen – nicht so leicht sein würde, ihm am Ende des Abends den Rücken zu kehren.
O Gott, dachte sie erschrocken, ich muss vorsichtig sein. Sehr vorsichtig …
3. KAPITEL
„Ciao.“ Lächelnd nahm Fabio Valante Floras Hand und hob sie galant an die Lippen. „Sie haben also entschieden, dass Sie doch ein paar Stunden für mich erübrigen können.“
Sie atmete tief durch. „Es scheint ganz so.“
„Ihr fidanzato muss ein sehr toleranter Mann sein.“ Er ließ seinen Blick so bedächtig über sie wandern, dass sie das Gefühl hatte, er wisse genau, was sie anhatte – und was nicht. „Meiner Meinung nach wäre es klüger von ihm, Sie mit Ketten an sich zu fesseln, insbesondere wenn Sie so aussehen wie heute Abend.“
Da er ihre Finger noch immer umschlossen hielt, befreite sie sich ruhig, aber nachdrücklich aus seinem Griff. „Sie haben mir Ihr Wort gegeben, dass ich in Ihrer Gesellschaft sicher sein würde, Signore“, erinnerte sie ihn so heiter wie möglich.
„Und deshalb sind Sie gekommen, mia cara? “, fragte er leise. „Weil Sie den Wunsch hatten, sich sicher zu fühlen?“ Sie lächelte. „Ich bin hier, weil die Küche im ‚Pietro’s‘ ausgezeichnet sein soll und ich hungrig bin.“ „So.“ Er gab dem Ober ein diskretes Zeichen. „Dann muss ich Sie füttern.“
Gleich darauf saß Flora an einem kleinen Ecktisch, der wundersamerweise frei war. Eilfertig servierte man ihr einen Campari Soda und reichte ihr die Karte. Durch den Türbogen konnte sie den Speiseraum sehen. Die Tische dort waren mit makellos weißem Leinen, glänzendem Silber und funkelndem Kristall gedeckt. Die köstlichsten Düfte drangen aus
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