Romana Exklusiv 0225
um Tori – sie braucht Sie, Ben.“
Bens freudige Erregung erlebte einen so rasanten Niedergang wie der gefällte Baum, und ebenso schnell war sein Lächeln verflogen. Sarah war nicht gekommen, weil sie ihn sehen wollte. Sie wollte ihm offenbar immer noch Tori zuschustern.
„Oh?“ Seine Stimme klang unterkühlt. Er hätte Sarah vergeben, hätte sie sich aus Sehnsucht nach ihm einfach selbst bei ihm eingeladen. Doch so war ihr Betreten seines Privatgeländes nicht hinnehmbar.
„Tori ist verletzt. Schlimm …“
Ben sah die Angst in ihren dunklen Augen, aber es war ihre brüchige Stimme, die ihn anrührte. In den zurückliegenden Jahren war er gegen Jammern und Tränen von Frauen immun geworden, doch er hatte schon geahnt, dass Sarah eine Ausnahme war. Sie konnte er einfach nicht leiden sehen.
„Sagen Sie mir, was passiert ist.“ Er reagierte als Arzt und stellte die Frage nüchtern und sachlich. Ein Ton, der Verantwortungsbewusstsein vermittelte, war oft das Wichtigste für eine verängstigte Person in einer Notfallsituation.
„Tori ist auf einen Felsen gestürzt.“ Sarah atmete tief durch und informierte ihn dann so schnell sie konnte. „Sie hat einen Schienbeinbruch. Eventuell auch Verletzungen an Schultern und Rippen. Ich habe sie ein Stück weit vom Wasser entfernt halbwegs in Sicherheit bringen können, aber ich weiß nicht, wie weit hier die Flut vordringt und …“
„Wo genau ist sie?“ Ben stand nun ganz nah vor Sarah. Nah genug, um sie zu berühren, doch er beherrschte sich.
„Auf der anderen Seite der Insel. Wir waren dort an einem kleinen Strand.“
„Gut. Gehen wir.“ Ben gab großes Tempo vor. „Ich habe meinen Arztkoffer im Boot. Laufen Sie schon voraus.“ Er legte in Windeseile die Entfernung zu seinem Haus zurück. „Ich hole rasch mein Handy, damit wir notfalls zusätzliche Hilfe anfordern können.“
Sarah hätte zu gern einen kurzen Blick in sein Haus geworfen, um zu erfahren, wer sich noch darin aufhielt. Aber schon eine halbe Minute später kam Ben in ihre Richtung gerannt. Er erreichte noch vor ihr das Boot und hielt ihr eine Hand hin, um ihr beim Hineinklettern behilflich zu sein.
Sein Griff war fest und beruhigend. Keine Rede davon, dass Sarah seinen freien Tag unterbrach oder unerlaubt auf seinem privaten Grund gelandet war. Ben zeigte sich hilfsbereit. Nahm die Sache in die Hand. Gab Sarah neue Zuversicht. Sie klammerte sich an seine Finger wie an einen Strohhalm. Mit seiner Unterstützung sah sie sich der schwierigen Situation gewachsen.
Vielleicht hielt sie seine Hand eine Sekunde länger fest, als sie es hätte tun sollen. Der Angstknoten in ihrem Bauch löste sich plötzlich durch den leisen Anflug einer ganz gegensätzlichen Empfindung, der Tori wahrscheinlich applaudiert hätte, die Sarah aber zusammenzucken ließ. Wie sollte sie sich diesen Hauch von sinnlicher Begierde erklären? Es musste eine Art Überreaktion sein, auf ihre Sorge um Tori und die große Erleichterung, Ben gefunden zu haben.
Sie brausten los, und Sarah beobachtete eine Weile, wie hinter dem schäumenden Kielwasser des Bootes die Anlegestelle immer kleiner zu werden schien. Dann wagte sie einen kurzen Blick auf den Bootsführer. Und staunte über sich, dass sie ihn noch genauso bezaubernd fand wie beim gestrigen Kuss, obwohl er nun ganz anders wirkte.
Noch immer strahlte er Charme und Lässigkeit aus, allerdings waren ihm auch seine Konzentration und die hinter ihm liegende körperliche Anstrengung anzusehen. Seine sonst betont lockere Art war wie weggefegt gewesen, als Sarah zu sprechen angefangen hatte. Seit diesem Moment signalisierte er Sachverstand und eine Souveränität, die Sarah aufatmen ließ, bedeutete sie doch Hilfe für Tori.
Doch eine Sache machte Sarah stutzig. Ben war noch immer nur halb bekleidet, trotzdem wirkte er heute keineswegs wie ein lockerer Playboy. Vielleicht war dies der Grund, warum sie gerade eine für sie unerklärliche Gänsehaut bekam. Den ernsthaften Dr. Dawson fand sie weitaus anziehender als den umschwärmten Frauenheld. Natürlich würde sie ihm das nicht verraten. Doch als er den Kopf so rasch drehte, dass sie keine Zeit fand, wegzuschauen, verriet Sarah sich mit ihrer Mimik.
„Woher wussten Sie, wo ich zu finden bin?“
„Ich folgte dem Geräusch der Axt. Nachdem an Ihrer Haustür niemand auf mein Klopfen und Rufen reagiert hatte.“ Wegen Bens plötzlich grimmiger Miene traute Sarah sich nicht, ihn zu fragen, warum man sie an der Tür hatte
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