Romana Exklusiv 0225
stehen lassen.
„Waren Sie denn auf gezielter Suche nach mir …?“
„Ich …“ Sarah überlegte, wie sie sich geschickt ausdrücken konnte. „Ich hoffte , irgendwie das ganz große Glück zu haben, Sie hier anzutreffen.“
„Wie kamen Sie überhaupt bis zu dieser Insel?“
„Mit zwei Kanus. Ich habe meines an Ihrem Strand zurückgelassen. Haben Sie es nicht gesehen?“
„Nein.“
Sarah musste sich an der Reling festhalten, da Bens Boot in rasantem Tempo in eine scharfe Kurve ging.
„Man hat Sie doch bestimmt vorher informiert, welche der Inseln Ausflugsorte sind und dass diese hier Privatbesitz ist.“
Sarah schüttelte den Kopf. Davon war ihr persönlich nichts gesagt worden. „Entschuldigung, wenn Tori und ich widerrechtlich an Land gegangen sind“, sagte sie. „Aber es sind so irritierend viele kleine Inseln.“
„Meine unterscheidet sich in ihrer hügeligen Silhouette deutlich von den anderen.“ Ben drosselte den Motor und lenkte das Boot in Richtung Ufer. „Im Übrigen nehme ich Ihnen nicht wirklich ab, dass Sie rein zufällig hier aufgetaucht sind.“
Er musterte Sarah kritisch von Kopf bis Fuß, und erst da fiel ihr wieder ein, wo ihr Sarong geblieben war. Ihr Trikothemd reichte ihr nur bis oberhalb des Bauchnabels, darunter war nur das Bikiniunterteil, aus dem die langen nackten Beine ragten. Sarah hätte es demütigend gefunden, falls Ben dachte, sie wollte durch ihre Aufmachung etwas bei ihm erreichen oder sich ihm gar an den Hals werfen. Mit glühenden Wangen sprang sie, sobald der Bootsrumpf auf Sand lief, vom Boot. Sie half Ben dabei, es ein Stück weiter den Strand hinaufzuziehen, dann eilte sie los, um ihr und Toris Handtuch unter der Palme einzusammeln und danach schleunigst zum Unfallort zu laufen.
Falls Tori einen Schock erlitten hatte, musste sie mit irgendetwas zugedeckt werden. Wie lange war Sarah mit Ben unterwegs gewesen? Sie hatte Angst, dass Tori inzwischen ohnmächtig geworden war. Ein Blutverlust aufgrund einer nicht erkannten inneren Verletzung war nicht auszuschließen. Doch die Furcht erwies sich zu Sarahs Erleichterung als überflüssig, als sie sich als Erste der Felsbank näherte.
Tori sah blass und elend aus, aber sie war bei Bewusstsein und atmete so gut, dass sie sprechen konnte.
„He, du hast es geschafft! Oh …“ Nun erblickte Tori auch Ben. „Du hast ihn gefunden.“
„Und sie schien ganz gut gewusst zu haben, wo sie mich suchen musste.“ Ben fasste Toris Handgelenk und fühlte ihr den Puls. „Wie ist das passiert?“
„Bei einem kleinen Erkundungsspaziergang rutschte ich auf dem Felsen aus.“
„Wo haben Sie gerade die größten Beschwerden?“
„In meinem Bein.“
Ben hob das Stück Stoff, mit dem die Wunde bedeckt war, ab und pfiff leise. „Da haben Sie sich wirklich etwas geleistet. Sarah, nehmen Sie bitte aus dem Koffer einen Verband. Sie finden dort auch eine Schiene und elastische Binden.“ Er betastete Toris Fußrücken und fühlte den Fußpuls. „Können Sie die Zehen bewegen?“
„Nein.“
„Sind die Zehen ganz ohne Gefühl?“
„Ja. Mein gesamter Fuß fühlt sich irgendwie taub an.“
„Er muss rasch gestreckt werden.“ Ben blickte zu Sarah hoch. Als er ihr sorgenvolles Gesicht sah, schaute er sie zum ersten Mal freundlich und mitfühlend an. „Keine Sorge. Ich habe etwas Morphium dabei. Haben Sie irgendeine Allergie?“
„Nein.“
„Gut. Dann gehen wir die Sache jetzt richtig an, ja?“ Ben stand auf und zog sein Handy hervor. „Ich bestelle ein zweites Boot, dazu Hilfe, um Sie von hier wegzutransportieren, und ich melde Sie in der Klinik an. Mit etwas Glück brauchen Sie nicht lange auf eine Operation zu warten. Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen?“
„Was?“ Tori war den Tränen nahe. „Ich möchte nicht operiert werden.“
„Sie haben einen offenen Bruch, der ziemlich kompliziert aussieht. Als Erstes muss unter Narkose die Wunde richtig gesäubert werden.“
„Nein!“
„Was meinen Sie mit ‚Nein‘?“
Sarah antwortete für Tori und legte ihr zur Beruhigung eine Hand auf die Schulter. „Hier auf den Fidschi-Inseln operiert zu werden bereitet ihr Unbehagen.“
„Ich kann Ihnen versichern, die hiesigen Krankenhäuser sind nicht primitiv ausgestattet. Das fachliche Können ist gut. Man kann hier sogar Medizin studieren.“
„Fein, aber trotzdem ist die Versorgung eines komplizierten Bruches in meinem Heimatland sicher die angemessenere Lösung, oder? Bei uns in der Großstadt sind die
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