Romana Exklusiv 0225
umdrehen und dann dein gebrochenes Bein anheben, während du rückwärts robbst.“
Es funktionierte. Gerade so. Bis die Drehung geschafft war und Tori sich halb aufgerichtet hatte, war sie leichenblass und schwitzte, und als Sarah ihr Bein anhob, wurde Tori vor Schmerzen fast ohnmächtig. Doch mit beeindruckender Disziplin schaffte sie es in eine Position, in der ihr Rücken von einem Felsvorsprung gestützt wurde.
„Mir ist ganz mulmig.“
„Vielleicht solltest du doch besser flach liegen.“
„Nein. Ich will den Wellengang im Auge behalten. Könnte nötig werden, dass ich noch ein Stück vom Wasser wegrücken muss, bevor du wieder hier bist.“
„Das wird hoffentlich nicht nötig sein. Ich komme so rasch wie möglich zurück.“
„Ich weiß.“ Toris Lippen zitterten, und sie bemühte sich, nicht länger zu lächeln. „Mach dich auf den Weg, Sarah. Und keine Angst. Ich passe auf mich auf.“
Für sie als Ortsfremde war es zu riskant, Ben Dawsons etwa zwanzig Quadratkilometer große private Insel zu Fuß zu überqueren.
Sarah nahm den Weg zurück, den sie gekommen war, rannte über den brennend heißen Sand der Bucht und schob ihr Kanu ins Wasser. Sie paddelte mit vollem Einsatz, ignorierte den beginnenden Muskelschmerz, die Atemlosigkeit und den Schweiß, der in Bächen an ihr hinabfloss. Binnen Minuten umrundete sie die aus dem Meer ragenden Felsen, die das Ende der Bucht markierten, in der Tori lag, und sah den feinen weißen Sand des langen Strandes nahe dem Wohnsitz, den sie vor einer Weile mit Tori erspäht hatte.
Alle Skrupel, als höchst unwillkommener Gast in Bens Privatsphäre einzudringen, noch dazu an seinem arbeitsfreien Tag, waren überlagert von der brennenden Hoffnung, dass dies wirklich Bens Insel und er zugegen war. Tori brauchte so schnell wie möglich die Hilfe eines Arztes.
Die Bucht, die Sarah nun betrat, war viel größer als die auf der anderen Seite der Insel. Ein Motorboot lag am Bootssteg, und ein schmaler Weg schlängelte sich unter Palmen bis zu dem im traditionellen Stil errichteten Haus. Als die Atemnot sie zwang, langsamer zu gehen, erkannte sie, wie modern der Bau in Wirklichkeit war. Vor einer hohen Fensterfront, die die gesamte Giebelseite des Hauses einnahm, erstreckte sich eine großzügige Veranda, auf der aparte, dabei sehr bequem aussehende Möbel aus Rohrgeflecht standen. Vom Giebel halb verdeckt war an der Stirnseite des Daches eine Satellitenschüssel angebracht.
Kurz vor dem Hauptgebäude kam Sarah an einer kleinen strohgedeckten Hütte vorbei und hörte von dort das Brummen eines mächtigen Generators. Doch ansonsten war alles still. Die Haustür stand offen, aber niemand war zu sehen. Sarah blieb unschlüssig stehen. Dann lief sie die Treppe zur Veranda hinauf. „Hallo! Ist da jemand?“
Von irgendwoher weiter entfernt hörte Sarah ein Geräusch. Sie drehte sich auf dem Absatz um. Aus einer Ecke hinter einem Beet mit seltenen Orchideen erklang ein wiederkehrendes dumpfes Geräusch. Hackte oder hämmerte da jemand?
Da hörte Sarah eine Zimmertür ins Schloss fallen. Blitzartig wandte sie sich wieder dem Haus zu und klopfte heftig gegen die Eingangstür.
„Hallo!“, rief sie laut. „Hilfe! Ich brauche Hilfe!“
Keine Antwort. War die Zimmertür von selbst zugefallen? Doch dann vernahm Sarah, wie im Haus eine andere Tür geschlossen wurde – ein eindeutiges Signal, dass mit weiterem Rufen nichts auszurichten und die Besucherin nicht willkommen war. Wer immer sich im Haus befand, stellte sich taub.
Sollte sie versuchen hineinzugelangen? Wenn aber Ben am Ende gar nicht dort wohnte? Sie wollte keine kostbare Zeit vergeuden. Eine Chance hatte sie noch. Sarah rannte los, in Richtung des hämmernden Geräusches.
Der Stamm des alten Bananenbaums bot sogar den Hieben einer frisch geschliffenen Axt hartnäckig Widerstand. Doch Ben hielt durch, auch wenn ihn bei jedem Ausholen ein stechendes Gefühl im rechten Arm bis hinauf zum Schulterblatt quälte. Anstrengende körperliche Betätigung war genau das, was er sich heute als Arzt verordnete.
Hau drauf!
Warum nur hatte er sich gestern Abend verleiten lassen, Sarah Mitchell zu küssen? Warum gegen seine eigene Regel verstoßen, nach einem langen Arbeitstag das Haus nicht mehr zu verlassen, außer für einen eventuellen ärztlichen Notfall?
Hau drauf!
Weil etwas ihn unausweichlich zu Sarah hingezogen hatte von dem Moment an, als er sie mit ihrem Buch am Strand sitzen sah. Das Interesse ihrer lebhaften
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