Romana Exklusiv 0225
Stimmchen.
„Hübsche Muschel, Nanny. Genau wie Phoebe.“
Als Antwort kam etwas für Sarah Unverständliches in der Sprache der Fidschi. Sie konnte nur hoffen, dass das kleine bisschen Selbstwertgefühl, das sie Phoebe zu geben versucht hatte, von der Betreuerin weiter verstärkt werden würde. Mehr konnte Sarah für das kleine Mädchen nicht tun.
Vielleicht ist dies der erinnerungswürdigste Moment dieser Reise, dachte Sarah – etwas, das nichts mit Toris Unfall oder mit Dr. Dawson zu tun hatte.
Plötzlich erschien die Schwester von vorhin mit einem Sanitätsunteroffizier. Sarah war über die Ablenkung froh.
„Der Krankenwagen zum Flughafen steht bereit“, sagte der junge Mann. „Ich bin hier, um Ihnen beim Gepäcktragen zu helfen.“
„Hallo, Sarah – willkommen zurück!“
„Danke, Cathy.“ Mit einem erleichterten Blick zur Wanduhr setzte Sarah sich an den großen Tisch im Schwesternzimmer der Kinderstation und lächelte die befreundete Kollegin an. „Halb sieben. Gott sei Dank. Ich dachte schon, ich bin zu spät dran.“
„Zeitumstellungsprobleme, nicht wahr?“
„Wohl kaum. Ich bin schon seit fünf Tagen wieder hier.“
„Wie das?“
„Hast du noch nicht von unserem großen Pech gehört? Tori brach sich das Bein. Heute ist sie von Station sechzehn entlassen worden. Ich dachte, es hätte sich mittlerweile herumgesprochen.“
Cathy schüttelte den Kopf. „Hier war keine Zeit zum Plaudern – es ging die letzten Tage wie im Tollhaus zu. Davor hatte ich drei Tage frei. Wie ist das mit Tori passiert?“
Eben betrat die leitende Stationsschwester den Raum und steuerte die weiße Tafel mit den Patientennamen und Krankendaten an.
„Eine längere leidige Geschichte“, flüsterte Sarah eilig Cathy zu. „Ich erzähle sie dir nach der Übergabe.“
Sarah hatte einen anstrengenden ersten Schichtdienst hinter sich, als sie mit Einkaufstaschen beladen zu Hause ankam.
„Endlich bist du wieder hier!“ Tori lag auf der Couch. „Ich habe mich schon gelangweilt.“
„Was macht dein Bein?“
„Tut noch weh.“
„Bist du ein wenig auf Krücken umhergelaufen?“
„Ja. Ich komme aber noch nicht allein die Treppe hinauf.“
„Das solltest du auch gar nicht probieren.“ Sarah stellte die Plastiktüten auf dem Küchentisch ab und fragte sich, ob sie nicht besser zum Aufpassen bei Tori zu Hause bliebe. „War Besuch da?“
„Nein.“ Tori seufzte tief. „Im Krankenhaus hatte ich mehr Abwechslung.“
„Wie hast du dir die Zeit vertrieben?“ Sarah legte die Zutaten für das Abendessen bereit, um alles rasch in der Pfanne zu garen.
„Im Internet. Ich habe eine dieser Partnerschaftsbörsen besucht. Es hat mir Spaß gemacht, mir für uns beide Profile auszudenken und sie ins Netz zu stellen.“
„Tori!“ Sarah sah sie kopfschüttelnd an.
„Keine Bange. Ich habe dich als eine große blonde Zweiundzwanzigjährige ausgegeben, die im Nebenjob als Model arbeitet. Du hattest binnen einer Stunde fünfzehn Interessenten.“
„Und dich hast du als was vorgestellt?“
„Als mich selbst.“ Tori seufzte wieder. „Ich wollte sehen, ob auch dann jemand anbeißt. Leider nur ein einziger Typ, ein blonder Holländer mit dreijährigem Sohn. Das kann man wohl vergessen.“
„Ein Kind wäre für mich kein Hinderungsgrund.“ Sarah wendete Hähnchenfleischstücke und Gemüse in der Pfanne, stellte die Flamme klein und gesellte sich dann mit einer Tasse Tee zu Tori.
„Dann trete ich den Holländer gern an dich ab.“
„Nein, besten Dank.“ Von Flirts im Internet hielt Sarah gar nichts, und ein Mann, der nicht groß und braun gebrannt war und keine wunderbaren dunklen Augen und schwarze Haare hatte, konnte sie derzeit sowieso nicht locken.
Am besten gab sie die Hoffnung auf, je dem Mann zu begegnen, der ihr wirklich in jeder Hinsicht gefiel und der auch mit ihr eine dauerhafte Verbindung würde eingehen wollen, und wandte sich einem Lebensziel zu, das sich eher verwirklichen ließ.
Seit ihrer Rückkehr hatte Sarah immer wieder an das kleine Mädchen mit den Brandverletzungen denken müssen.
Und seither wuchs in ihr der Wunsch, nicht nur vorübergehend, wie auf der Kinderstation, sondern dauerhaft für ein Kind mit einem wie auch immer gearteten Problem zu sorgen. Sie war selber als Pflegetochter herangewachsen, und Sarah spürte, wie sich in ihr von Tag zu Tag deutlicher das Bedürfnis zu Wort meldete, Pflegemutter zu sein.
5. KAPITEL
„Es tut mir leid.“
Den Eindruck machte die
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