Romana Exklusiv 0225
Frau hinter dem mit Papieren beladenen Schreibtisch überhaupt nicht. Sarah sah sie sprachlos an. Der geschlossene Ordner vor ihr trug Sarahs Namen und enthielt eine Sammlung Antragsformulare, die Sarah vor bald einem Monat sorgfältig ausgefüllt hatte.
Angesichts ihres stummen, ungläubigen Blicks schlug die Sachbearbeiterin noch einmal seufzend Sarahs Akte auf.
„Wenn Sie möchten, gehen wir den Antrag Stück für Stück gemeinsam durch, aber ich halte das für eine Verschwendung Ihrer und meiner Zeit. Sie erfüllen einfach nicht alle nötigen Kriterien, um ein Kind von uns zugesprochen zu bekommen.“
„Wieso nicht?“
Die Angestellte seufzte erneut. Anscheinend wusste sie vor lauter Argumenten nicht, mit welchem sie beginnen sollte.
„Sie sind zu jung.“
„Ich bin dreißig. Alt genug, meine Lebensziele zu kennen. Viele dreißigjährige Mütter ziehen sogar mehrere Kinder auf einmal groß.“
„Wären Sie eine von denen, hätten Sie eine viel größere Chance bei uns.“
„Vielleicht kann ich aber sogar besser für Pflegekinder sorgen, weil ich keine eigenen Kinder habe, die einen Teil meiner Aufmerksamkeit abziehen.“
„Sie können keine Erfahrung nachweisen.“
„Da bin ich anderer Auffassung. Ich bin Krankenschwester. War zwar zuerst in der Chirurgie tätig, bin aber schon seit vier Jahren in der Pädiatrie. Ich arbeite jeden Tag mit Kindern, versorge Neugeborene, Teenager und alle Altersstufen dazwischen.“
„Eine Elternrolle einzunehmen – auch nur für eine begrenzte Zeit – ist etwas ganz anderes.“
„So sehe ich das auch.“ Sarah war sehr um einen sachlichen Ton bemüht. „Und aus genau dem Grund will ich ja Pflegemutter werden.“
„Nun gut.“ Die Sachbearbeiterin schob ihre Brille die Nase hoch. „Da ist aber noch etwas. Sie geben an, Ihre Arbeit bei Bedarf aufgeben oder reduzieren zu wollen. Aber Sie haben sonst keine Einnahmequellen, ist das richtig?“
„Ich habe alles durchgerechnet. Ich müsste nicht weiterarbeiten wie bisher. Ich wohne mietfrei. Das Haus gehört zur Hälfte mir und ist abbezahlt. Das Honorar für ein Pflegekind ist ausreichend bemessen, und die Summe erhöht sich, wenn ich mehrere Pflegekinder annehme.“
„An wie viele Kinder hatten Sie denn gedacht?“, fragte die Frau leicht mürrisch.
„Am Anfang nur eins, höchstens zwei“, sagte Sarah ruhig.
„Und danach?“
„Das würde ich vom Alter der Kinder und deren Bedürfnissen abhängig machen.“ Sarah atmete tief durch und lockerte die Hände, die sie unbewusst zu Fäusten geballt hatte. Vielleicht wurde sie gerade einer Prüfung unterzogen, um herauszufinden, mit welchem Ernst sie an die Sache heranging. Verzagte sie schon bei geringen Widerständen, würde dies sicher als Zeichen von Schwäche gewertet, oder?
„Ich selbst kam mit vierzehn zu Carol Preston“, fuhr sie fort. „Von mir wurde erwartet, dass ich im Haus mithelfe, die kleineren Kinder mit betreue. In meiner Pflegefamilie wurde mir Verantwortung übertragen, und ich habe wichtige Kenntnisse und Voraussetzungen fürs Leben erworben. Wenn ich etwas davon weitergeben könnte, auch nur an ein Kind, hätte ich das Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles geleistet zu haben.“ Sarah verbuchte es als kleinen Sieg, während ihrer überzeugenden Argumentation durchgängig den Augenkontakt zu der Sachbearbeiterin gehalten zu haben.
„Ich bin überzeugt, den Kindern die Umgebung bieten und die Liebe schenken zu können, die sie brauchen. Vielleicht habe ich dafür sogar ein besseres Gefühl als Ihre ‚geeigneteren‘ Bewerber, weil ich als Heranwachsende selbst in einer Pflegefamilie lebte.“ Sarah räusperte sich. „Ich weiß, wie es ist, ein Pflegekind zu sein.“
Etwas hatte sich geändert. Die Frau lächelte jetzt. „Carol Preston – geradezu ein Idealfall“, schwärmte sie. „Ungemein engagiert. Immer bereit, in Ernstfällen noch ein zusätzliches Kind aufzunehmen. Wir vermissen sie.“
Sarah traten Tränen in die Augen. „Ich würde mir nie anmaßen zu behaupten, Carol ersetzen zu können. Ich bitte Sie lediglich, mir eine Chance zu geben, ihr nachzueifern.“
Erneutes Kopfschütteln, doch nun mitfühlender. „Das kann ich leider trotz allem nicht tun, Sarah. Noch nicht. Ich bedaure es ehrlich sehr.“
„Aber Sie haben mir noch keinen wirklich triftigen Hinderungsgrund genannt. Kein Kriterium, das ich nicht erfüllen könnte. Ich bin nicht vorbestraft, bei bester Gesundheit …“
„Sie sind
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