ROMANA EXKLUSIV Band 0178
achtundvierzig Stunden“, sagte Francisco mit belegter Stimme. Er blickte auf ihr Haar, das in silberblonden Wellen auf ihre Schultern fiel. „Ich hoffe, das ist akzeptabel?“
„Danke, ja.“ Sie konzentrierte sich mit all ihrer Willenskraft darauf, dass ihr Körper gerade und ihr Gesicht ruhig blieben. „Danke.“
„Das Ticket liegt am Abflugschalter bereit“, fuhr er förmlich fort. „Aber Alfonso wird dir alle Einzelheiten morgen erklären.“
Sie nickte und biss sich auf die Unterlippe, um nicht die Beherrschung zu verlieren. „Ich werde dir das Geld ersetzen, sobald ich daheim bin“, sagte sie leise, ohne eine Emotion in ihrer Stimme.
„Das wird nicht nötig sein.“
„Ob nötig oder nicht, es ist mir lieber so“, sagte sie starrsinnig. Ihre Lippen zitterten, bevor sie ihr Gesicht unter seinem scharfen Blick abwenden konnte.
„Laura …“ Sein Gesicht war weiß geworden. Er machte einen Schritt auf sie zu, streckte für einen winzigen Moment die Arme nach ihr aus, ließ sie dann aber fallen, machte abrupt kehrt und ging.
Als die Tür hinter ihm zufiel, schlang sie von sengendem Schmerz erfüllt ihre Arme um sich und ging mit geschlossenen Augen im Zimmer auf und ab. Warum quälte er sie so? Warum schrie er sie nicht an, wütete oder tobte? Alles andere, nur nicht diese schreckliche Förmlichkeit, die wie eine Felswand zwischen ihnen stand.
Sie dürfen sich nicht von ihm fortschicken lassen. Rosas Worte gingen ihr durch den Kopf, drangen durch die Finsternis, die ihre Seele umhüllte. Wie sollte sie ihn daran hindern? Sie setzte sich vorsichtig auf das Bett. Wie konnte ihn überhaupt jemand an irgendetwas hindern? Sie war noch nie jemandem begegnet, gleich ob Mann oder Frau, dessen Wille so unbeugsam, der so entschlossen war. Sie kam nicht an ihn heran.
Die Nacht war endlos. Schließlich stand Laura auf und trat auf den Balkon, setzte sich in die samtene Dunkelheit. Sie konnte nicht mehr weinen, denn das Gefühl des Verlustes war zu groß. Und es hilft ja auch nichts, sagte sie sich immer wieder. Wie kann man etwas vermissen, das man nie besessen hat?
Sie wusste nicht, wann sie bemerkte, dass auf der Veranda unter ihr jemand war. Sie ahnte, dass es Francisco war. Der Gedanke hätte sie ein wenig trösten, ihren Kummer stillen sollen. Doch stattdessen merkte sie, dass sie um sein Elend ebenso litt wie unter ihrem eigenen. Wenn sie sich sagte, dass er herzlos, rücksichtslos und kalt war, dann half das ein wenig, ihr Leid zu verdrängen. Fühlte sie aber wie jetzt den zerreißenden Schmerz, den sie immer wieder intuitiv bei ihm wahrgenommen hatte, wurde ihre eigene Qual noch größer.
Er war wie ein einsamer Panther, der allein durch ein freudloses Leben schritt, der kein Pardon verlangte und keines gab, isoliert und fern von den üblichen Höhen und Tiefen des normalen Menschenlebens. Etwas quälte ihn, fraß ihn jeden Tag mehr und mehr auf. Doch statt Trost und einen Weg zu suchen, seine Pein zu mildern, trug er sie allein, nach außen hin stolz, distanziert und kalt.
Die Stunden zogen dahin. Sie konnte erst schlafen, als das erste Licht der Morgendämmerung den Himmel zu röten begann. Müde kroch sie ins Bett.
Ein leises Klopfen weckte sie. Mit einem Ruck richtete sie sich auf. Ihr Herz schlug heftig. Das Geräusch schien vom Balkon gekommen zu sein.
Wie spät war es? Im Halbdunkel schaute sie auf ihre Armbanduhr. Fünf Uhr früh. Sie hatte nur eine halbe Stunde im Bett gelegen.
Wie gerädert ging sie zu den offenen Balkontüren und zog die Vorhänge beiseite. Sie spähte in die warme Morgenluft, die schon von dem Versprechen eines neuen sengendheißen Tages erfüllt war. Zuerst sah sie nichts, nahm dann aber eine feine Bewegung in einer Ecke wahr und entdeckte einen kleinen Vogel auf dem Boden.
„Oh, nein, du armes Ding.“ Der winzige Ball aus Flaum und Federn war gegen die Scheibe des Balkonfensters geflogen und durch den Aufprall betäubt. Jetzt saß er hilflos da und schaute mit seinen winzigen schwarzen Augen starr auf ihr Gesicht, als sie zu ihm ging und sich neben ihn hockte. Der Vogel versuchte nicht wegzufliegen. Als sie ihn behutsam in ihre Hände nahm, fiel er um und schaute sie verwirrt hat. „Was hast du denn gemacht?“, flüsterte sie weich. „Du bist doch viel zu klein, um von deiner Mutter wegzufliegen.“
Und dann kamen heiße Tränen, und die letzten Reste des Schutzschildes schmolzen, den sie so lange zu halten versucht hatte. Ich liebe ihn!, war das
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