ROMANA EXKLUSIV Band 0179
glücklich, und ihre Mutter überwindet ihre Probleme.“
„Sie sind eine mitfühlende Seele“, bemerkte Robert.
„Das hat man mir schon öfter gesagt.“ Gerry leerte ihr Glas und gab vor, ein Gähnen zu unterdrücken. „Entschuldigung, aber ich bin müde. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich jetzt gehe?“
„Bin ich so langweilig?“ Roberts Augen funkelten aufreizend.
Nur nicht wieder herausfordern lassen! Gerry hielt seinem Blick stand. „Ganz und gar nicht.“
„Es ist doch erst neun. Cara sagt, Sie würden öfters über Nacht fortbleiben.“
„Fortbleiben muss nicht heißen, dass man nicht ins Bett geht.“ Es ärgerte Gerry, dass Cara geredet hatte. Erst als Robert die Lippen leicht zusammenpresste, wurde ihr bewusst, was er jetzt annehmen musste.
„Natürlich nicht“, gab er ihr prompt recht.
Toll! Jetzt hielt er sie für leichtlebig. Doch Gerry dachte nicht daran, ihm zu sagen, dass sie zwar über Nacht blieb, wenn eine Party zu lange dauerte, aber dann stets allein schlief.
Sein forschender Blick störte sie, und sie stand auf. „Danke für das ausgezeichnete Essen.“
Robert erhob sich ebenfalls. „Ich bringe Sie zu Ihrer Tür.“
„Das ist nicht nötig“, wehrte Gerry ab. „Ich bin sicher, dass ich hier nichts zu befürchten habe.“
„Nein … außer fliegenden Füchsen vielleicht. Sie schießen gern tief über die Wege und jagen manchen Leuten Angst ein.“
„Mir nicht“, versicherte Gerry.
Doch Robert ließ sich nicht davon abbringen, sie zu begleiten.
Schweigend schlenderten sie den von Blütenduft erfüllten Weg entlang, der vom Mondschein und Fackellichtern erhellt wurde. Vor der Tür zu Gerrys Strandhaus blieb Robert stehen und wartete, bis sie aufgeschlossen hatte. „Gute Nacht, Geraldine“, sagte er leise.
„Gerry“, erwiderte sie rasch. „Niemand nennt mich Geraldine.“
Im sanften Mondlicht wirkte sein Gesicht markant, und in seinen grünen Augen lag ein seltsamer Glanz. „Wer hat Sie Geraldine getauft?“
Darauf war Gerry nicht gefasst. „Meine Mutter.“
„Ist sie jung gestorben?“
„Ja“, erwiderte Gerry gleichmütig. „Aber sie hatte mich schon lange vor ihrem Tod verlassen. Meine Mutter war ein rastloser Geist. Sie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als sie von ihrem dritten Mann zu ihrem Liebhaber unterwegs war.“
„Wie alt waren Sie, als sie wegging?“
Alte Wunden riss man besser nicht auf, doch nun konnte sie Robert auch den Rest erzählen. „Vier. Aber das war für meine Mutter bereits eine Leistung. Meine Halbbrüder hat sie schon viel früher verlassen.“
„Trotzdem empfinden Sie Mitgefühl mit einer Frau, die ihr Baby ausgesetzt hat?“
Gerry zuckte die Schultern. „Es ist immer leichter, zu vergeben, wenn man nicht persönlich betroffen ist. Außerdem hat meine Mutter ständig Menschen verlassen und Kummer verursacht. Sie hatte ein Talent dafür, das Leben anderer zu zerstören.“
„Hat sie Ihres auch zerstört?“, fragte Robert.
Die Antwort fiel Gerry leicht. „Nein. Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit. Mein Vater hat mich abgöttisch geliebt.“
„Möglicherweise war Ihre Mutter kein schlechter Mensch, sondern hatte nur eine schwierige Persönlichkeit.“ Robert schwieg, und seine Züge wurden starr, als hätte er bereits zu viel gesagt.
„Da mögen Sie recht haben“, bemerkte Gerry trocken. „Alles hat zwei Seiten. Aber wir werden wohl nie erfahren, was zu dem Zerstörungstrieb meiner Mutter geführt hat.“
Unvermittelt sagte Robert: „Danke, dass Sie mir beim Essen Gesellschaft geleistet haben. Wir sehen uns beim Frühstück.“
„Ich frühstücke immer auf dem Zimmer“, erwiderte Gerry ruhig. „So früh am Morgen bin ich nicht in Bestform.“
„Sie haben den unerwarteten Zwischenfall mit dem Baby gestern Morgen ausgezeichnet bewältigt. Da werden Sie ein Arbeitsfrühstück doch sicher auch schaffen.“
„In diesem Fall komme ich natürlich“, lenkte Gerry geschäftsmäßig ein. „Wann soll ich da sein?“
„Um acht.“
„Dann sage ich jetzt Gute Nacht.“ Sie rang sich ein Lächeln ab und betrat das Haus. Rasch schloss sie die Tür hinter sich, schaltete das Licht jedoch nicht ein.
Zwischen den Jalousielamellen hindurch sah sie Robert nach, der über den vom Mondlicht gesprenkelten, von Hibiskus- und Frangipanibüschen gesäumten Weg davonging.
Ein faszinierender Mann – der mit Cara schlief.
Das darf ich nicht vergessen, ermahnte Gerry sich. Außerdem würde
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