ROMANA EXKLUSIV Band 0179
sachlich.
„Wir gehen spazieren“, erklärte Robert.
Verwundert zog Gerry die Brauen hoch. „Spazieren?“
„Ja. Sie können doch gehen, oder?“
Sie überhörte den spöttischen Ton. „Natürlich.“
„Gut. Auf der Insel gibt’s nämlich nur drei Fahrzeuge.“ Robert lächelte. „Niemand weiß, wer Sie sind. Für die Einheimischen sind Sie nur ein Hotelgast, der sich für ihr Handwerk interessiert.“
„Soll mein Auftrag geheim bleiben?“, fragte Gerry direkt.
„Es wäre mir lieber, wenn niemand weiß, warum Sie hier sind.“
Gerry zuckte die Schultern. „Sie sind der Chef.“
In einem hatte Robert recht: Niemand wusste, wer sie war. Doch ihn kannten die Leute und hielten sie daher keineswegs für einen x-beliebigen Hotelgast, sondern für Roberts Freundin.
Und durch sein aufmerksames Verhalten ihr gegenüber lieferte er den Vermutungen zusätzlich Nahrung.
Eigentlich hätte Gerry das stören müssen, stattdessen fühlte sie sich beschwingt und genoss es, mit Robert zusammen zu sein.
Die freundliche Art der Inselbewohner und ihr Interesse zeigten Gerry, dass sie gemocht wurde.
Im Dorf saßen mehrere Frauen auf dem Boden vor einer Bambushütte und beschäftigten sich mit Flechtarbeiten. Eine blickte lächelnd zu Robert auf und machte eine Bemerkung in der Landessprache. Lachend erwiderte er etwas, worauf die Frau die Augen verdrehte, etwas sagte und dabei von Gerry zu Robert blickte.
Seine Antwort ließ die Frauen in schallendes Gelächter ausbrechen. Gerry fühlte sich ausgeschlossen und nahm sich vor, zu Hause endlich einen Abendkurs in Maori-Konversation zu belegen, wie sie sich seit Jahren vorgenommen hatte.
„Entschuldigung“, sagte Robert, machte jedoch keinen Versuch, Gerry die Unterhaltung zu übersetzen.
„Schon gut“, wehrte sie gespielt pikiert ab. „Ich bin ja nur eine kleine Angestellte.“
Roberts Augen funkelten. „Ich mag Frauen, die wissen, wo ihr Platz ist. Sehen wir uns mal an, wie sie die Hüte fertigen.“
Eine Weile beobachtete Gerry, wie die Frauen die feinen Faserstränge geduldig verflochten. „Sie müssten unbedingt modernere Methoden anwenden“, entschied sie. „Wollen sie wirklich größere Mengen ausführen?“
„Die Hüte sind alles, was sie haben“, erklärte Robert. „Mit dem Geld, das sie damit verdienen, schicken sie ihre Kinder auf die Oberschule und das College und sichern die medizinische Versorgung. Die Behörden in Fala’isi sorgen zwar für den Unterricht in der Grundschule, eine Krankenschwester und ein Krankenhaus, doch für alles Übrige müssen die Leute selbst aufkommen. Und etwas anderes, das sie ausführen könnten, haben sie nicht.“
„Ich dachte, sie hätten Perlen.“
Robert schüttelte den Kopf. „Nicht hier. Der Aufbau einer Perlenindustrie ist im Gespräch, aber das ist ein langfristiges Vorhaben. Im Moment sind die Hüte der einzige sichere Artikel – falls wir die Fertigung aufrechterhalten und steigern können.“
„Wenn ich ihnen eine Auswahl an Fotos schicken würde … könnten sie die Hüte dann nacharbeiten?“
Robert fragte die alte Frau, zu deren Füßen zwei kleine halb nackte Kinder spielten. Sie runzelte die Stirn und antwortete dann ausführlich.
„Ja“, übersetzte Robert. „Das wäre möglich.“
Nachdem Robert und Gerry sich verabschiedet hatten, schlenderten sie einen mit raschelnden Kokospalmenblättern übersäten Pfad entlang. Die Hitze wurde größer und drückender, und Gerry entledigte sich der Bluse.
„Sicher könnte ich Fotos von Hüten auftreiben, die sich sehr viel besser verkaufen würden als die jetzigen“, bemerkte Gerry. „Glücklicherweise schützt sich heutzutage jeder vor der Sonne. Um die Verkäufe wirksam anzukurbeln, müssten die Leute einen Agenten einschalten, der sie über die neuesten Modetrends auf dem Laufenden hält. Für die herkömmlichen Modelle wird es immer nur einen kleinen Markt geben. Wenn sie jedoch expandieren wollen, brauchen sie jemanden, der sich mit den jüngsten Trends auskennt.“
Robert scheuchte einen kleinen schwarz-weißen Hund auf. Weiße Muschelstücke stoben in alle Richtungen, als der Hund aufsprang und auf einen Busch zusteuerte. Im Schatten angekommen, kratzte er sich und gähnte träge, ehe er sich wieder schlafen legte. Drei Hennen und ein Hahn stolzierten gackernd vorbei, ohne sich um den Hund zu kümmern, der die Ohren spitzte, den Kopf jedoch nicht von den Pfoten nahm.
Gerry lachte leise. „Der würde bestimmt einen Zahn
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