ROMANA EXKLUSIV Band 0179
als alten Lüstling hingestellt? Was für einen Grund konnte sie sonst haben, sich so reserviert zu verhalten?
„Es hat mir auch … Spaß gemacht“, gab sie schließlich zu. „Aber ich glaube, nun sollten Sie sich um Ihre Schwester kümmern, bevor etwas Schlimmes geschieht“, fügte sie hinzu.
„Sie meinen, bevor noch mehr passiert?“, bemerkte Richard trocken und beobachtete, wie Helen erneut errötete. Was in aller Welt denkt sie nur? Er zuckte mit den Schultern. „Na schön“, erklärte er und blickte missmutig durch den Raum. „Vermutlich haben Sie recht. Ich möchte mich bei Ihnen für das Verhalten Victorias entschuldigen. Sie müssen eben akzeptieren, dass wir nicht gerade eine ganz normale Familie sind.“
Das ist wirklich die Untertreibung des Jahres, dachte Helen, als sie am nächsten Morgen unter der Dusche stand. Man konnte es wirklich nicht als normal bezeichnen, dass Richard ein Kind gezeugt hatte, von dessen Existenz er nicht einmal wusste. Merkwürdiger war jedoch, dass er sich gar nicht mehr an die junge Frau erinnerte, mit der er einst ein intimes Verhältnis gehabt hatte.
Helen seufzte. Die Erinnerungen kreisten in ihrem Kopf wie in einer nicht endenden Spirale. Natürlich hatte sie alle Möglichkeiten durchdacht, bevor sie sich entschlossen hatte, auf der Insel zu bleiben. Zunächst hatte sie erzählen wollen, dass Diana krank sei. Aber Jon hätte sie sicherlich nach England zurückbegleitet. Und was hätte sie ihm gesagt, wenn er herausgefunden hätte, dass alles eine Lüge war? Als Nächstes hatte sie überlegt, ihm vorzuschwindeln, Alan Wright habe ihr durch die Eltern ausrichten lassen, sie möge sofort zurückkehren. Nachdem sie ihre Eltern und Diana am Tag nach der Ankunft auf den Bermudas angerufen hatte, wäre dies durchaus glaubwürdig gewesen.
Der einzige Haken war nur, dass Jon Alan kannte. Also hätte sie ihrem Chef ebenfalls eine Reihe von Lügen auftischen müssen, um sich seiner Mithilfe zu versichern. Und dann war da natürlich auch Diana. Wie konnte sie ihrer Tochter erklären, warum sie nicht bei Jons Familie hatte bleiben wollen? Natürlich war ihre Tochter traurig gewesen, ihre Mutter längere Zeit nicht zu sehen. Dennoch hatte sie den Gedanken an die weite Reise sehr aufregend gefunden – besonders nachdem Jon ihr erzählt hatte, dass sie vielleicht eines Tages auf die Insel mitfliegen dürfe.
Und da bin ich nun, überlegte Helen bitter, und mache mich für meinen vierten Tag in Palmer’s Sund zurecht. Nach dem Zwischenfall am gestrigen Abend scheute sie heute vor allem das Wiedersehen mit Victoria. Trotz der Tatsache, dass sich Jons Besuch in der Galerie letztendlich als vorteilhaft erwiesen hatte, war Victoria mehr als feindselig gewesen. Anscheinend konnte sie ihrem Neffen dessen eigenmächtiges Handeln nicht verzeihen.
Helen wünschte sich, nie von der Ausstellung gehört zu haben. Auch wenn ihr klar war, dass Jon sie nur benutzt hatte, um seine Tante zu ärgern, war sie diejenige gewesen, die die Galerie hatte sehen wollen. Als sie dort jedoch Richard gegenüberstand, hatte sie plötzlich das Gefühl, als würde sich die Geschichte von vor zehn Jahren wiederholen. Dabei hatte sie gedacht, die Ausstellung sei eine Möglichkeit, Jons Vater zu entkommen. Sie hatte nicht gewusst, dass er ebenfalls dort sein würde.
Helen war froh gewesen, endlich einmal einen Abend mit Jon allein zu verbringen. Sie hatte sich darauf gefreut, die Bilder in der Galerie anzuschauen und anschließend in einem netten Restaurant in der Stadt zum Essen zu gehen. Vielleicht hätte ihr der Verdacht kommen müssen, dass Jon etwas im Schilde führte. Er war ungewöhnlich gut gelaunt gewesen, als sie mit dem Wagen in die Stadt fuhren. Aber wenn Helen ehrlich war, musste sie zugeben, dass es weder Jons noch Victorias Verhalten war, das ihr große Sorgen bereitete, sondern ihr eigenes. Richard in diesem Rahmen wiederzusehen und zuzulassen, dass sich die Geschichte zumindest teilweise wiederholte, hatte sie völlig durcheinandergebracht. Viel schlimmer war jedoch, dass sie seine Gesellschaft zeitweise sogar richtig genossen hatte.
5. KAPITEL
Helen drehte wütend den Wasserhahn zu und trocknete sich mit dem flauschigen Badehandtuch ab. Dabei versuchte sie, die Nervosität zu unterdrücken, die sie bei dem Gedanken an Richard gespürt hatte. Aber es war doch nicht schlimm zuzugeben, dass er noch immer ein attraktiver Mann war! Oberflächlich betrachtet, fügte sie schnell hinzu. Was
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