ROMANA EXKLUSIV Band 0179
verstanden?“ Dann kam er noch einen Schritt näher und zischte ihr ins Ohr: „Das nächste Mal, wenn ich Clive sehe, werde ich mit ihm sprechen – minderjährige Mädchen einzustellen!“
„Ich glaube, Mr. Korda, Sie sind etwas voreilig“, mischte Richard sich ein. Helen wartete jedoch gar nicht ab, ob sein Einwand Wirkung zeigte. Sie war verletzt und beschämt. Hastig bahnte sie sich den Weg durch die wartenden Gäste, die ihren Weggang interessiert verfolgten, holte ihre schwarze Jacke aus dem Büro und rannte zur Tür hinaus.
Draußen putzte Helen sich erst einmal die Nase und versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen. In diesem Zustand konnte sie schlecht nach Hause gehen. Warum war Bryan nur so ungerecht gewesen? Er hatte doch gar nicht gesehen, wie es zu dem Zusammenstoß gekommen war. Vermutlich hatte er einfach Angst, Lady Benchley als Kundin zu verlieren, und sich deshalb so aufgeführt. Der einzige Lichtblick des Abends war Richard Savage. Er war so nett gewesen und ihr sofort zu Hilfe geeilt. Bei der Erinnerung an seine Berührung erschauerte sie. Natürlich wollte er nur höflich sein, hielt Helen sich dann schnell vor. Oder er empfand Mitleid.
Mit einem letzten Schniefen blickte sie sich um, um sicherzustellen, dass niemand den Anfall von Selbstmitleid beobachtet hatte. Dann ging sie in Richtung Hauptstraße. Es war noch hell, und der warme Sommerabend wich nur zögernd der Nacht. Ihre Armbanduhr zeigte neun. Helen hatte ihren Eltern erzählt, dass sie frühestens um elf Uhr zurück sein würde. Bryan hatte versprochen, ihr ein Taxi zu besorgen. Normalerweise brachte Clive sie nach Hause. Heute jedoch würde sie sich selbst um die Heimfahrt kümmern müssen.
Ein Taxi wollte sie jedenfalls nicht nehmen. Da sie ihren Job verloren hatte, konnte sie es sich nicht leisten, unnötig Geld zu verschwenden. Nein, sie würde zur nahe gelegenen U-Bahn-Station gehen. Entschlossen schob Helen die Hände in die Hosentaschen und machte sich auf den Weg. Ihr Vater würde zwar nicht erfreut sein, wenn er herausfand, dass sie so spät noch die U-Bahn benutzte, aber das ließ sich nun einmal nicht ändern. Sie war immerhin schon sechzehneinhalb Jahre alt, und Clive behauptete immer, sie sähe aus wie achtzehn.
Helen war nur wenige hundert Meter gegangen, als sie bemerkte, dass ein Wagen langsam neben ihr fuhr. Es waren jedoch noch so viele Menschen auf der Straße, dass sie sich nicht ängstigen musste. Dann stoppte das Auto, ein grüner Mercedes, und ein Mann stieg aus. „Kann ich Sie ein Stück mitnehmen?“, fragte er. Sofort erkannte Helen die Stimme wieder – es war Richard Savage.
„Mitnehmen?“, wiederholte sie. „Wohin denn?“
„Wohin Sie wollen“, antwortete Richard. „Nach Hause, in ein Restaurant …“
„In ein Restaurant?“ Verwirrt sah Helen ihn an.
„Ich dachte, Sie wären vielleicht hungrig. Vermutlich haben Sie in der Galerie nichts zu essen bekommen.“
Helen verzog den Mund, bevor sie antwortete. „Ich habe mich noch gar nicht für Ihren Beistand bedankt. Aber Sie hätten die Party nicht verlassen sollen. Ich finde allein nach Hause.“
Richard, der sich bislang gegen den Wagen gelehnt hatte, schlug nun die Tür zu und stellte sich zu Helen auf den Bürgersteig. „Ich tue das nicht aus Mitleid, ich würde Sie wirklich gern zum Essen ausführen. Darf ich das?“
Helen atmete tief durch. Die Luft zwischen ihnen schien elektrisch geladen zu sein. „Sie parken falsch“, wich sie ihm aus. „Auf dem gelben Streifen ist Parkverbot.“
„Ich weiß.“ Es schien ihn jedoch nicht weiter zu interessieren. „Nun, nehmen Sie meine Einladung an?“
„Wohin?“
„Wohin Sie wollen.“
Helen zögerte. „Ich habe aber Champagnerflecken auf meiner Hose.“
„Na und?“ Er schaute sie eindringlich aus seinen dunklen Augen an. Helen fühlte sich wie in einem Traum. Gleichzeitig wusste sie jedoch, dass es kein Traum war und dass sie unsicher war, wie sie mit der Situation zurechtkommen sollte. Ihre Erfahrung mit Männern war sehr begrenzt, und es war offensichtlich, dass Richard sie für älter hielt, als sie in Wirklichkeit war. Was würde er sagen, wenn sie ihm gestand, dass sie erst sechzehn war? Die Antwort konnte sie sich unschwer vorstellen.
„Fällt Ihnen die Entscheidung so schwer?“, fragte er nun und strich ihr mit dem Zeigefinger über die Wange. „Ich dachte, wir seien Freunde.“
Freunde! Helen zuckte zusammen. Was mochte er damit meinen?
„Sie können mir
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