Romana Extra Band 1
durch die Wasseroberfläche. Gierig sog sie den Sauerstoff in ihre Lungen.
Sie schloss die Augen und wischte sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Mit kraftvollen Zügen schwamm sie zurück in Richtung Strand. Da bemerkte sie eine einsame Gestalt, die am Wasser stand und zu ihr herblickte.
Es handelte sich ohne jeden Zweifel um einen Mann. Im Licht der tief stehenden Sonne zeichnete sich deutlich seine große, athletische Statur vor dem Hintergrund der Klippe ab.
Sofort verspürte Beth ein nervöses Kribbeln in der Magengegend, das sie im ersten Augenblick selbst irritierte. Dann erkannte sie, dass der Mann am Strand niemand anderes war als Luís.
Sie stoppte abrupt.
Das Gefühl von Ruhe und Entspannung, das sie beim Schwimmen empfunden hatte, war schlagartig verschwunden. Sie zögerte. Was sollte sie jetzt tun?
Das fragst du noch? Seit Tagen wartest du auf diese Gelegenheit. Und nun steht Luís praktisch direkt vor dir, und du zögerst? Was ist bloß los mit dir?
Die einfache und doch unglaublich komplizierte Antwort auf diese letzte Frage lautete, dass sie sich schlichtweg davor fürchtete, ihm gegenüberzutreten. Weniger wegen seiner Reaktion als vielmehr wegen ihrer eigenen. Sie wusste ganz einfach nicht, ob sie sich selbst noch trauen konnte. Wenn es um Luís ging, schienen ihre Gefühle ein Eigenleben zu entwickeln. Auch jetzt verspürte sie schon wieder den unbändigen Drang, ihn zu küssen. Es hatte sich so unglaublich wunderbar angefühlt. Allein der Gedanke ließ sie vor Sehnsucht erschauern.
Reiß dich zusammen, Bethany Coldwell! Du bist diejenige, die hier die Fäden in der Hand hält. Wenn du es richtig anstellst, wird Luís dir nicht mehr aus dem Weg gehen können.
Sie atmete noch einmal tief durch und schwamm zügig ins seichte Wasser. Dort tauchte sie noch ein letztes Mal unter, ehe sie sich aufrichtete und in einem Regen aus funkelnden Tropfen ihr Haar zurückwarf.
Luís konnte den Blick nicht von Beth abwenden.
Wie eine Sirene aus den alten Seefahrersagen war sie aus dem Wasser aufgetaucht. Überirdisch schön, verlockend, gefährlich. Das Licht der sinkenden Sonne umstrahlte ihren perfekten Körper. Wassertropfen rollten schimmernd wie Perlen über ihre makellose Haut und versickerten im türkisfarbenen Stoff des knappen Bikinis.
Es schien unmöglich, sich an ihr sattzusehen.
Jetzt schob sie mit einer Hand ihr nasses Haar über die rechte Schulter nach vorn, um es auszuwringen. Noch nie hatte Luís erlebt, dass eine so alltägliche Bewegung sein Blut so sehr in Wallung versetzte.
Er erkannte sich selbst kaum wieder. Unverhohlen starrte er Beth an. Sein Blick folgte einem glitzernden Wassertropfen, der ihren schlanken Hals hinabperlte, bis die Vertiefung zwischen Schlüsselbein und Kehle ihn auffing. Unwillkürlich verspürte er den kaum zu bändigenden Drang, den Tropfen wegzuküssen.
Bist du verrückt? So etwas darfst du nicht einmal denken!
Doch er konnte nicht verhindern, dass seine Fantasie mit ihm durchging. Er glaubte den salzigen Geschmack ihrer Haut auf der Zunge zu schmecken, spürte ihre samtige Kühle. Was war bloß mit ihm los? Wo war der vorsichtige Mann geblieben, zu dem die Erfahrung mit Juana ihn hatte werden lassen?
Auch Juana hatte das Antlitz eines Engels – und eine Seele so schwarz wie die Nacht. Sie war Luís scheinbar ganz zufällig auf einer Cocktailparty begegnet, und obwohl alle Männer sie umschwärmten, hatte sie ihre Aufmerksamkeit allein ihm geschenkt. Sie fingen an, sich zu treffen, und er verfiel dieser umwerfend attraktiven, selbstbewussten und intelligenten jungen Frau.
Als sie zum ersten Mal miteinander schliefen, war er sicher, die Richtige gefunden zu haben. Er wollte ihr sogar einen Antrag machen – doch ehe es dazu kam, verkündete Juana, dass sie schwanger sei, und zeigte ihr wahres Gesicht.
Sie hatte sich nur mit ihm eingelassen, um ein Kind von ihm zu bekommen. Es war ihr von Anfang an ausschließlich darum gegangen, sich einen wohlhabenden Mann zu angeln und Unterhalt von ihm zu kassieren.
Von dem gemeinsamen Kind wusste er lediglich, dass es ein Mädchen mit Namen Maricruz war. Ansonsten schottete Juana sich und die Kleine konsequent von ihm ab.
Damals hatte er den Glauben an die Liebe verloren und sich geschworen, dass ihm so etwas niemals wieder passieren würde. Doch Beth hatte etwas an sich, das sämtliche Mauern, die er zu seinem Schutz um sich errichtet hatte, einfach so in sich zusammenstürzen ließ.
Langsam kam Beth auf
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