Romana Extra Band 1
ihn zu. Endlich gelang es ihm, den Blick abzuwenden. Erst jetzt sah er die Decke mit dem flauschigen Badelaken darauf, die nur wenige Meter entfernt im Sand lag. Er ging hin, hob das Handtuch auf und drehte sich zu Beth um.
Ohne ein Wort trat sie auf ihn zu. Erst jetzt, als sie ihm dicht gegenüberstand, bemerkte er die Wassertropfen, die in ihren langen, dichten Wimpern hingen. Er schluckte. Gib ihr das Tuch und verschwinde, raunte ihm die Stimme seiner Vernunft zu. Geh, Luís, ehe es zu spät ist!
Doch die Stimme verklang einfach, übertönt vom heftigen Hämmern seines Herzens.
Beth nahm ihm das Badelaken aus der Hand. Dabei streiften ihre Finger seinen Arm. Es war wie ein Blitzschlag, der durch seinen Körper zuckte und sämtliche Nervenenden vibrieren ließ.
„Beth“, stieß er heiser hervor, unfähig, etwas anderes zu sagen als ihren Namen.
„Was willst du hier?“, fragte sie und begann völlig ungerührt, sich abzutrocknen.
Luís konnte nicht umhin, den weichen Stoff zu beneiden, der ihren Körper berühren durfte. Es kostete ihn schier unmenschliche Willenskraft, Beth nicht einfach in seine Arme zu ziehen und zu küssen. Und von Sekunde zu Sekunde wurde seine Abwehr schwächer.
Als er nicht antwortete, blickte sie zu ihm auf. Was er in ihren Augen sah, brachte sein Blut zum Kochen.
Sie wusste genau, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Sie spielte mit ihm, und ihm wurde klar, dass er überhaupt nicht gewinnen konnte .
Der Gedanke weckte seinen Widerstandsgeist. Glaubte sie wirklich, ihn dirigieren zu können wie ein Puppenspieler seine Marionette?
No! Er würde ihr zeigen, wer hier das Sagen hatte!
Unsanft griff er nach ihrem Arm und zog sie dicht zu sich heran. Mit trotzig gerecktem Kinn blickte sie zu ihm auf. Ihre Augen blitzten.
„Was soll das?“, fauchte sie. „Tagelang bekomme ich kein Lebenszeichen von dir. Glaubst du wirklich, du kannst einfach wieder auftauchen und alles ist gut?“
„Sí“ , antwortete er mit rauer Stimme. „Genau das denke ich.“
Und ehe sie auch nur ein weiteres Wort erwidern konnte, verschloss er ihr den Mund mit einem Kuss.
Im ersten Moment versteifte sie sich in seinen Armen, und er rechnete schon damit, dass sie versuchen würde, sich von ihm loszumachen. Doch dann erlahmte ihre Gegenwehr plötzlich, und sie erwiderte den Kuss mit einem Hunger, der für Luís vollkommen überraschend kam. Sie vergrub die Hände in seinem Haar und stieß kleine Laute des Entzückens aus, die ihn in Flammen setzten. Er spürte, dass, wenn er nicht unverzüglich die Notbremse zog, etwas in Bewegung kam, das sich nicht mehr aufhalten ließ.
Und war es das, was er wollte? War er bereit, sich mit Haut und Haar auf einen anderen Menschen einzulassen? Denn genau darauf lief es hinaus – nicht mehr und nicht weniger –, wenn er diese Sache nicht auf der Stelle beendete.
Doch Beth kam ihm zuvor. Sie legte ihm die Hände auf die Brust und schob ihn von sich. Obwohl sie sich abwandte, konnte er sehen, dass sie heftig atmete. Auch er selbst fühlte sich wie in Trance. Es kam ihm vor, als wäre er gerade eben aus einem sehr tiefen Schlaf erwacht. Fast glaubte er, alles nur geträumt zu haben. Dabei war sein Hemd dort, wo ihr Körper sich an seinen gepresst hatte, vollkommen durchnässt, und er schmeckte noch immer den bittersüßen Geschmack ihres Kusses auf der Zunge.
Sie wandte ihm den Rücken zu. Er sah, dass ihre Schultern bebten. Luís runzelte die Stirn. Weinte sie etwa?
Er trat dicht hinter sie. Sie weinte tatsächlich, er konnte ihr unterdrücktes Schluchzen deutlich hören. Wieder verspürte er den Drang, sie in seine Arme zu schließen. Dieses Mal jedoch, um sie zu trösten.
Nach kurzem Zögern legte er ihr eine Hand auf die Schulter. Erschrocken zuckte sie unter seiner Berührung zusammen.
„Was ist mit dir?“, fragte er sanft. „Wenn ich etwas falsch gemacht habe …“
„Nein“, unterbrach sie ihn. „Es hat nichts mit dir zu tun, Luís. Ich …“ Ein Laut, halb Lachen, halb Schluchzen, entrang sich ihrer Kehle. „Das letzte Mal, dass ich so etwas für einen Mann empfunden habe …“
„Ja?“, hakte er vorsichtig nach.
Sie drehte sich zu ihm um. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet. „Du willst das wirklich hören?“, fragte sie erstaunt.
Er nickte. „Komm“, sagte er und nahm ihre Hand. „Setzen wir uns.“
Nebeneinander ließen sie sich auf der Decke nieder. Eine Zeit lang schaute Beth gedankenverloren in den Sonnenuntergang, dann begann sie
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